Strafzahlungen

Benko: Wie bei Signa Gesetze gebrochen werden

Wirtschaft
07.09.2023 13:40

Wer sich auf die Website der „Signa Unternehmensgruppe“ verirrt, der stößt auf der Startseite, gleich unter den Fotos des „Group Executive Boards“ und des Beirates, auf die schönen Überschriften „Signa Compliance“ und „Wertemanagement“ ...

Dort heißt es etwa: „Die Werte Integrität, Verantwortungsbewusstsein, Fairness, Compliance und Transparenz bilden den Maßstab des Handelns für Signa. Sie sind die Basis des langfristigen Unternehmenserfolgs sowie unabdingbarer Kompass für den Umgang miteinander.“ Im darunter liegenden „Code of Conduct for Business Partners“, also einem Verhaltenskodex, werden Geschäftspartner der Signa verpflichtet, ein „Bekenntnis zu einem fairen Wettbewerb“, zu einer „strikten Antikorruption“ und zu einer „Befolgung der anwendbaren Rechtsvorschriften“ abzugeben.

Gezeichnet: René Benko, Vorsitzender des Beirats der Signa Holding GmbH, sowie Christoph Stadlhuber und Marcus Mühlberger, offizielle Geschäftsführer der Signa Holding GmbH.

Verstoß gegen das Unternehmensgesetzbuch
„Transparenz“ und die „Befolgung der anwendbaren Rechtsvorschriften“ sind also Werte, die Signa im Außenauftritt wie eine Monstranz vor sich herträgt, im Inneren aber offensichtlich nicht in allen Bereichen mit Leben erfüllt. Wie sonst wäre es zu erklären, dass ausgerechnet die Signa Holding GmbH mit Sitz in Innsbruck, in der Stadlhuber und Mühlberger als Manager fungieren, seit Oktober 2019 keine Bilanzen beim Firmenbuchgericht eingereicht haben?

Das zeigt ein Blick in den „Wirtschaftscompass“ (Stand: 6. September 2023) - und offenbart einen klaren Verstoß gegen das österreichische Unternehmensgesetzbuch, das Kapitalgesellschaften dazu verpflichtet, Jahresabschlüsse spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag ans Firmenbuchgericht zu schicken und somit öffentlich zu machen. Andernfalls wird gestraft. Vom Gericht. Per Zwangsstrafverfügung. Ohne vorausgehendes Verfahren.

Tausende Euro Strafzahlungen pro Jahr
Jeder Geschäftsführer muss nach dem Gesetz - je nach Unternehmensgröße - 700 bis 3600 Euro berappen, wenn gegen diese Vorschrift verstoßen wird, und zwar alle zwei Monate. Darüber hinaus ist laut Auskunft des Landesgerichts Innsbruck auch gegen die Gesellschaft selbst vorzugehen, wenn die Organe ihrer Pflicht nicht nachkommen. Das bedeutet: Die Signa Holding GmbH, an der neben Kaufhausjongleur Benko auch die Haselsteiner Privatstiftung (15 Prozent), Fressnapf-Gründer Torsten Toeller (4,46 Prozent) oder Lindt&Sprüngli-Chef Ernst Tanner (3 Prozent) Anteile halten, müsste so lange belangt werden, bis die Bilanzen im öffentlichen Firmenbuch aufscheinen.

Das bedeutet aber auch: Bei Signa werden Gesetze gebrochen, Geschäftsführer bzw. Gesellschaften leisten sich offenbar Tausende Euro Strafzahlungen pro Jahr, wenn sie keine Bilanz-Transparenz herstellen.

Kein vollständiges Gruppenbild
Nur zur Verdeutlichung: Die Veröffentlichungspflicht von Jahresabschlüssen besitzt insofern Relevanz, da in den Bilanzen wesentliche Kennzahlen von Kapitalgesellschafen (Bilanzgewinn, -verlust, Vermögen, Verbindlichkeiten) aufscheinen, die der Öffentlichkeit bzw. Geschäftspartnern oder Kreditgebern ein Gefühl dafür geben können, wie es um den finanziellen Gesundheitszustand des Unternehmens bestellt ist. Dem Jahresabschluss kommt im Fall der Signa Holding noch ein Deut mehr Bedeutung zu, wenn eine verschachtelte Unternehmensgruppe mit weltweit Hunderten Gesellschaften keine konsolidierte Bilanz, also kein vollständiges Gruppenbild erstellt.

Anfang Juli hatte der „Standard“ von einer ungewöhnlichen, nicht alltäglichen millionenschweren Korrektur in Bilanzen der Signa-Gruppe berichtet, die das Jahr 2020 betrafen. Ende August wollte „Bloomberg“ nun in Erfahrung gebracht haben, dass die Europäische Zentralbank (EZB) gewisse Banken mit bestehenden Krediten gegenüber der Signa-Gruppe dazu gedrängt habe, diese Darlehen entweder zum Teil abzuschreiben oder weitere Vorsorgen für potenzielle Verluste zu treffen.

Steuerzahler zahlen mit
Hohe Reputationsverluste hatte Benkos Signa zuletzt aufgrund der Ausflüge in den Handel in Kauf zu nehmen. In Deutschland schlitterte Galeria Karstadt Kaufhof zum zweiten Mal binnen dreier Jahre in die Insolvenz, in Österreich beantragte Kika/Leiner - wenige Tage nach dem Verkauf durch Signa - ein Sanierungsverfahren. Da wie dort gehen die Pleiten am Ende auch auf Kosten der Steuerzahler, die mit dreistelligen Millionenbeträgen zur Kasse gebeten werden.

Die Handelssparte der Signa ist in der in Wien ansässigen Signa Retail GmbH gebündelt: Darin finden sich spannende Beteiligungen wie die Karstadt Warenhaus GmbH, die Signa International Sports Holding oder The KaDeWe Group Holding, jeweils mit Sitz in Deutschland. Wie es um die Bilanzen der Signa Retail steht, ist leider nicht zu erfahren. Der letzte Jahresabschluss wurde dem Firmenbuchgericht im Juni 2017 vorgelegt.

Übrigens: Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer nimmt sowohl bei Signa als auch bei der Strabag als Präsident wesentliche Aufsichtsratsfunktionen wahr. Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner ist maßgeblicher Signa-Investor.

Als entscheidender Signa-Geldgeber gilt in Österreich die Raiffeisen-Bankengruppe, die der Signa-Gruppe laut „Spiegel“ in Spitzenzeiten in Summe etwa zwei Milliarden Euro geborgt haben soll. Zum Raiffeisen-Reich gehören auch Medienbeteiligungen, wie etwa der „Kurier“.

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