In Zusammenarbeit mit mehreren wichtigen internationalen Festivals zeigten die Bregenzer Festspiele die queere Oper „The Faggots and their Friends between Revolutions“. Der Applaus war groß, der Erkenntnisgewinn nicht.
Die Weltgeschichte wird von Männern erzählt. Das ursprünglich für Kinder konzipierte Buch von Larry Mitchell aus dem Jahr 1977 wird die Geschichte jedoch aus dem Blickwinkel von Randgruppen gesehen, das sind Menschen anderer Hautfarbe, Transmenschen, Schwule und Lesben und - wir befinden uns in den 1970ern - sicher auch Aussteiger und Hippies. Die Opernfassung des 1979 geborenen Komponisten Philipp Venables blendet die beiden letztgenannten Gruppen aus, und weiters sei die Bemerkung erlaubt, dass in Englischen das Wort „Men“ nicht nur Männer bedeutet, sondern Menschen.
Würde man „Men“ also nicht mit „Männern“, wie es im Programmheft und bei den deutschen Untertiteln geschehen ist, sondern mit „Menschen“ übersetzen, so erhielte die Geschichte eine völlig andere Richtung. Bei der Aufführung auf der Werkstattbühne im Rahmen der Bregenzer Festspiele lief es darauf hinaus, dass die heterosexuellen Männer für alles Schlimme in der Geschichte verantwortlich gemacht wurden: für Krieg, Zerstörung der Natur, Korruption und interessanterweise auch für die Einführung des Papiers - heute würden dafür wohl die digitalen Medien genannt werden.
Die Faggots, die „Schwulen“ also und ihre Freude und Freundinnen, leben friedlich und zurückgezogen. Doch sie revoltierten und verbreiteten ihren Geist. Diese soziale Utopie, die etwas schwammig bleibt, steht am Ende. Überhaupt ist das Geschehen schwer zu greifen. Dass das Publikum am Ende der pausenlosen eindreiviertel Stunden dennoch jubelt, ist der großartigen Performance zuzuschreiben. Unter der Regie von Ted Huffman singen, musizieren, sprechen und tanzen fünfzehn fabelhafte Multitalente verschiedener Hautfarbe und Geschlechtszugehörigkeit inklusive Trans.
Theo Clinkard hat sie in tolle, immer neue Kostüme gehüllt, und auch die Choreografie hat er geschaffen. Que(e)rbeet zeigt sich auch die Musik, die den Klang eines Cembalos oder einer Gambe mit dem eines Akkordeons oder eines Saxophons koppelt und die ein gesummtes barockes Lied in einen Bossa Nova fließen lässt. Das ist recht hübsch und bleibt stets fein, auch wenn der Krieg der „Men“ mit Trommelschlägen angekündigt wird, doch auch irgendwie eklektisch. So sind die Bregenzer Festspiele mit einer queeren Oper auf der Höhe der Zeit, aber bleiben dabei doch an der Oberfläche.
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