Angst vorm Versagen

“Habemus Papam”: Ein Papst bekommt kalte Füße

Kino
07.12.2011 16:45
Ein neuer Papst muss gewählt werden. Die Kardinäle murmeln leise vor sich hin. Doch es ist nicht das Vaterunser, das sie beten, sondern ein "Bitte nicht ich, bitte nicht ich". Als dann schließlich der Weiße Rauch aus dem Petersdom steigt, atmen die meisten Kardinäle auf: Die Wahl hat den französischen Kardinal Melville (Michel Piccoli) getroffen. In Nanni Morettis neuem Film "Habemus Papam" zeigt der Papst eine sehr menschliche Seite: nämlich die Angst vor dem Versagen.

Nanni Moretti ist für seine scharfsinnigen Gesellschaftsanalysen bekannt. Nach "Il Caimano", in dem er den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi aufs Korn nimmt, widmet sich der Filmemacher nun der Kirche. Die zeigt er allerdings von einer sehr menschlichen Seite. Der Ruf "Habemus Papam" versetzt den ernannten Kardinal Melville (Michel Piccoli) in Panik. Tausende Fans warten, dass sich der neue Papst ihnen, den Gläubigen, zeigt. Was soll er bloß tun? Er kann sich nicht der Welt zeigen, wenn er selbst so starke Zweifel hegt, denkt sich Melville - und tut es nicht. Besorgt ob dieser Entwicklung rufen seine nächsten Berater einen Psychoanalytiker, den Nanni Moretti selbst spielt, in den Vatikan.

Doch der Papst dankt es nicht - und läuft davon. "Es ist die Geschichte eines Mannes, der einfach Nein sagt. Es ist außerdem etwas ganz Normales, Versagensängste zu haben", sagt Moretti. Michel Piccoli verleiht dem zögernden Papst, der keiner sein will, eine sanfte Verletzlichkeit. Der 85-jährige französische Schauspielstar zeigt in seiner Rolle aber zugleich auch Stärke und den Mut, sich gegen die Erwartungen aller anderen zu stellen.

Melville flüchtet lieber in ein Theater, wo er hingebungsvoll den Proben zu Anton Tschechows "Die Möwe" lauscht. Die Worte kann er auswendig, wäre er doch viel lieber Schauspieler geworden. Indes wird der Psychoanalytiker immer mehr zum Gefangenen des Vatikans, denn bis der designierte Papst nicht gefunden ist, muss er die Inszenierung mitspielen. So verschmelzen die Grenzen zwischen Theater und den Regeln des Mini-Universums Vatikan.

Das sagt "Krone"-Kinoexpertin Christina Krisch zum Film:
Nanni Morettis – er fungiert hier auch als Regisseur – sanft-ironischer Blick auf das Innenleben des vatikanischen Gottesstaates und jenes des höchsten katholischen Würdenträgers, zeigt augenzwinkernd ein ziemlich indigniertes Konklave und berührt mit einem wunderlich-sympathischen Michel Piccoli, dessen souveräne altersmilde Präsenz diese klerikale Komödie Szene für Szenen adelt. Selbst Radio Vaticana zeigte sich nachsichtig. Mit diesem Papst fühlt man mit!

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