Wieder ein Alarmruf

Pflegekräfte brauchen endlich echte Entlastung!

Politik & Wirtschaft
22.05.2023 11:22

„Obwohl die Hochphase der Corona-Pandemie mittlerweile vorbei ist, arbeiten die Beschäftigten in den Betreuungs-, Pflege- und Gesundheitsberufen nach wie vor am Limit“, schlagen die zuständigen Gewerkschaften in Oberösterreich Alarm. Was muss passieren? Die Arbeitnehmervertreter sind sich einig: „Personalmangel kann nur durch bessere Arbeitsbedingungen beseitigt werden!“

„Ob in den Spitälern, Pflegeheimen, der mobilen Pflege oder in den Behinderteneinrichtungen: die Lage ist ernst und es muss alles daran gesetzt werden, die Kollegen und Kolleginnen einerseits in der Branche zu halten und andererseits mehr Menschen für diese Berufe begeistern zu können“, bekräftigen die vier Gewerkschafter Gottfried Lichtenberger (GPA OÖ), Martina Reischenböck (vida OÖ), Alfred Mayr (GÖD) und Christian Jedinger (younion).

Die Kollegen und Kolleginnen brennen aus!
„Die Arbeitsbelastungen sind zu hoch, nicht erst seit der Pandemie. Mit den aktuellen Personalberechnungsmodellen brennen die Kolleg:innen aus und das müssen wir mit allen Mitteln verhindern“, sagt die stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft vida, Martina Reischenböck, die als Konzernbetriebsratsvorsitzende der Vinzenz-Gruppe selbst im Spitalsbereich arbeitet.

Dann müssen eben Betten gesperrt werden
Der Personalschlüssel müsse österreichweit verbindlich, transparent und bedarfsorientiert gestaltet werden und es müsse auch Konsequenzen geben, sollte er nicht eingehalten werden. „Dann müssen eben Betten oder ganze Stationen gesperrt werden", so Reischenböck. Und sie betont: „Um erträgliche Personalschlüssel auch umsetzen zu können, wird künftig mehr Personal benötigt!“

Schluss mit ungleicher Behandlung!
Für den Vorsitzenden der Gesundheitsgewerkschaft in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) in Oberösterreich, Alfred Mayr, gilt es, bei künftigen Maßnahmen sehr darauf zu achten, dass wirklich alle Berufe im Spital mitbedacht werden. „In der letzten Zeit war es oft so, dass Verbesserungen nicht für alle gegolten haben. Das hat dann regelmäßig zu Unzufriedenheit geführt und die Kolleg:innen auseinanderdividiert.“ Mayr denkt da insbesondere an den Pflegebonus.

Dienstplansicherheit muss besser werden
Unbedingt verbessern müsse sich die Dienstplansicherheit. „Die Berufe werden nicht attraktiver, wenn man ständig einspringen muss. Das führt zu Ärger bei den Beschäftigten“, stellt Mayr klar. Ein ordentliches Ersatzpersonalmanagement und mehr Erholung seien Gebote der Stunde.

Am Belastungslimit auch in den Heimen
Neben den Spitälern sind auch die Mitarbeiter:innen in den oberösterreichischen Alten- und Pflegeheimen am Belastungslimit. „Sie leiden darunter, nicht genügend Zeit für die soziale und pflegende Betreuung der Heimbewohner:innen aufwenden zu können und denken oft an einen Berufswechsel. Eine erste Entlastung kann geschaffen werden, wenn auch hier durch den Personalschlüssel mehr Zeit für die persönliche Betreuung bleibt - angefangen von Aktivitäten mit den Bewohner:innen, Zeit für Gespräche zur emotionalen Stärkung bis hin zur Begleitung von versterbenden Heimbewohner:innen“, sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft younion, Christian Jedinger.

Absage an die Pflegelehre
Den Versuch, die Personalnot mit einer Pflegelehre in den Griff zu bekommen, lehnt Jedinger ab. „Wir sprechen uns gegen eine Pflegelehre aus, vor allem weil sie zu einer zu großen physischen und psychischen Belastung für Jugendliche führt. Immerhin werden Akutpatienten, Demenzkranke und Palliativpatienten gepflegt. Um junge Menschen für die Ausbildung in einem Pflegeberuf zu gewinnen, wird die Einführung einer Pflegelehre nicht helfen.“ Vielmehr müsse der Pflegeberuf, parallel zum Angebot von hochwertigen und durchlässigen Ausbildungsmöglichkeiten, durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen attraktiver gestaltet werden.

Mobile Pflege zahlt bei Fahrten drauf
Schwierig ist die Situation auch in der mobilen Pflege und der Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Einer der Gründe in der mobilen Pflege sind die Fahrtkosten, da das Kilometergeld nach wie vor nicht an die hohen Preise angepasst wurde. „Mittlerweile sind die Fahrten teurer als die Refundierung dafür. Es kann nicht sein, dass Beschäftigte privat draufzahlen, damit sie ihrer Arbeit überhaupt erst nachgehen können“, sieht Gottfried Lichtenberger, stv. Landesgeschäftsführer der zuständigen Gewerkschaft GPA, eine gewaltige Schieflage. Auch die zu knapp bemessene Zeit, die pro Klient:in zur Verfügung stehe, verursache großen Stress und Unbehagen bei den Angestellten, da sie oft nur das Nötigste erledigen könnten und die zu pflegenden Menschen die Leidtragenden seien.

Reine Aufbewahrungsanstalten?
In der Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigung sei der Betreuungsschlüssel viel zu niedrig, was die Einrichtungen zu reinen Aufbewahrungsstätten machte. „Es geht so weit, dass Beschäftigte, die nicht die entsprechende Ausbildung haben, Dienste an den Klient:innen versehen, die für beide Seiten nicht zumutbar sind“, sagt Lichtenberger. 

Unbefugte Medikamentenausgabe
Da könne es dann schon mal vorkommen, dass jemand, der nicht dazu befugt sei, Medikamente ausgebe, weil einfach niemand da sei, der das übernehmen könnte, ist Lichtenberger entsetzt, wie fahrlässig vieles mittlerweile gehandhabt werde. „Solche Vorgehensweisen werfen nicht nur Haftungsfragen auf, sondern sind einfach für beide Seiten absolut unzumutbar.“

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