Grüne Mission

Gewessler auf Tour: USA helfen EU weiter mit Gas

Politik
23.09.2022 06:00

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf US-Tournee: Im Zentrum der Reise steht der Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien. Die Industrie erhält 250 Millionen Euro für Dekarbonisierung. Amerika liefert Gas für Europa.

Ausgerechnet die Sachertorte hätte es fast nicht zu Bernie Sanders, der US-Politiklegende, geschafft. Die Holzbox, gehüllt in Geschenkpapier, war den Securitys vor dem Senatorenbürogebäude in Washington ein verdächtiges Objekt - obwohl sie ein Mitbringsel der Umweltministerin war. Sämtliche Erklärungsversuche scheiterten. Kurzum - es gab keine Ausnahme. Die Torte musste zumindest den optischen Test bestehen.

Rasch wurde das Präsent ausgepackt. Der bloße Anblick der Schokoglasur reichte, um die Securitys zu überzeugen - es war tatsächlich eine Torte und keine österreichische Spezialmischung für ein Attentat. So weit der ironische Moment der Reise.

Klima-Talks in den USA statt Klimabonus-Kritik
In den USA nahm sich die grüne Umweltministerin eine einwöchige Pause von der heimischen Debatte über Klimabonus und Gasdepots. Doch diese Themen liegen auch in Washington auf dem Tisch.

Dort traf Gewessler den Vize-Energieminister David Turk, die Regulierungsbehörde, Weltbank-Chef Axel von Trostenburg - und den Linkspolitiker und Ex-Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders. „Die gute Nachricht war, dass die US-Regierung bei jedem Gespräch ein klares Signal gesendet hat, dass es weiterhin Unterstützung in Form von LNG für Europa geben wird“, berichtet Gewessler. Drei Flüssiggas-Terminals werden in den USA bis 2024 in Betrieb gehen, um Europa zu beliefern. Die Abhängigkeit bleibt - dieses Mal von einer anderen Supermacht.

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Die USA haben bei allen Gesprächen zugesichert, dass sie Europa mit Gaslieferungen weiter unterstützen werden.

Leonore Gewessler, Energieministerin

Um das Gas mit erneuerbaren Energien zu ersetzen, war Gewesslers nächste Station Pittsburgh. Die ehemalige Stahlmetropole setzt nun statt fossiler Stahlwerke auf Start-ups und eine grüne Politik. Ein Grund, warum hier die Klimakonferenz „Global Clean Energy Action Forum“ stattfand.

Bill Gates sowie John Kerry, Ex-Außenminister und jetzt Klimasonderbeauftragter der US-Regierung, nahmen an der Konferenz teil. Auch Kerry traf Gewessler. Als eine der wenigen Grünen in Regierungsverantwortung hat die Klimaministerin einen Seltenheitsfaktor, der die US-Schwergewichte neugierig macht. Direkt vom 20-minütigen Gespräch mit Kerry ging es weiter in eine Diskussion mit US-Energieministerin Jennifer Granholm.

Es ist eine Reise mit einer Mission, die aber mit vielen Widrigkeiten für eine Grüne verbunden ist. Ohne Flugzeug geht gar nichts. Selbst der Weg von Washington nach Pittsburgh. Die Bahn fährt acht Stunden in die ehemalige Stahl-Stadt. Das lässt der Zeitplan nicht zu. CO2-Ausstoß rund zwei Tonnen.

Es gibt aber auch handfeste Ergebnisse: Gewessler hat in Pittsburgh gemeinsam mit dem australischen Energieminister Chris Bowen den Startschuss zur Mission „Net-Zero Industries“ gegeben. In den nächsten Jahren wollen beide Länder gemeinsam mit internationalen Partnern die Entwicklung von Technologien für klimaneutrale Industrie vorantreiben.

Österreich wird bis 2026 mehr als 250 Millionen Euro investieren. „Wir werden hier viel Geld in die Hand nehmen. Und in Österreich Technologien entwickeln, die die Dekarbonisierung der Industrie ermöglichen“, so Gewessler.

Doch zurück zu Sanders. Zweimal hatte seine Kandidatur für den Präsidentschaftswahlkampf mit einer Niederlage geendet. Das politische Projekt Sanders - er ist mittlerweile 81 Jahre - hat in den USA trotzdem seine Spuren hinterlassen. Seit Jahrzehnten kämpft der linke Senator für Umweltschutz. Vor wenigen Wochen wurde der „Inflation Reduction Act“ mit 750 Milliarden Dollar beschlossen. Rund die Hälfte davon soll in den Klimaschutz fließen. Eine Zeitenwende auch in den USA.

Sanders interessierte sich für das Klimaticket
Zwei Umweltschützer, die aber trotzdem unterschiedlich ticken. Sanders sagte, dass der Klimaschutz kein „Krieg gegen die Arbeiter in fossilen Industrien“ sein sollte. „Sie sind nicht unsere Feinde“, betonte er. Es brauche Umschulungen. Nur mit neuen „Jobs, Jobs, Jobs“ kann der Ausstieg aus der fossilen Energie gelingen. In den USA spricht man nicht von Verzicht oder Energiesparen wie die Grünen - hier spricht man von einem Umstieg und nicht vom Ausstieg. Der „American way of life“ ist die rote Grenze. Daran darf nicht gerüttelt werden.

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Wir dürfen keinen Krieg gegen Arbeiter in fossilen Industrien führen. Sie sind nicht unsere Feinde. Es braucht Umschulungen.

Bernie Sanders, US-Senator

Sanders macht sich auch Gedanken, wie man Länder wie China, Taiwan, Russland oder Indien auf ein Ziel einschwören kann - trotz der Zerwürfnisse.

Großes Interesse zeigte der 81-jährige Sanders für das Klimaticket, Gewesslers Erfindung. Warum sie das nicht gleich für ganz Europa umgesetzt habe, wollte Sanders wissen. Gewessler lachte und sagte: „Diese Idee hatten andere auch, aber neun Bundesländer zu überzeugen war schon schwierig. Gar nicht zu denken an 27 Mitgliedsländer.“

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