Taxi-Geschichten

Keine Geduld auf beiden Seiten: das Storno-Problem

Wien
04.09.2022 13:00

Wir fahren mit und hören zu. „Krone“-Reporter Robert Fröwein setzt sich auf die Taxi- oder Uber-Rückbank und spricht mit den Fahrern über ihre Erlebnisse, ihre Sorgen, ihre Ängste. Menschliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.

Wer viel in der Stadt unterwegs ist und oft ein Uber oder Bolt bestellt, der kennt die Problematik schon länger - will man nur eine kurze Fahrtstrecke zurücklegen, dann stornieren die Fahrer förmlich im Sekundentakt und man wird stets weitergeleitet und auf das nächste Fahrzeug vertröstet. So wird die als Vorteil geltende Transparenz bei den Fahrtkosten plötzlich zum großen Malus für den Fahrgast. Während mich Albin von Hernals zum Wiener Hauptbahnhof bringt, bestätigt er mir, dass sich dahingehend in den letzten Monaten sehr viel zum Schlechten verändert hat. „Für viele Fahrer lohnen sich die kurzen Fahrten nicht mehr. Eine Bestellung kommt rein, du siehst, dass sie nur sechs oder acht Euro wert ist, weil die Strecke extrem kurz ist, und dann stornierst du, weil es sich nicht rentiert.“ Der Gast wird in der App von Fahrer zu Fahrer vermittelt und die Zeit verrinnt.

„Das ist natürlich eine blöde Sache, aber es hat sich bei manchen Fahrern so eingebürgert“, erzählt mir Albin, „durch den angegebenen Fixbetrag meinen viele, dass sich eine kürzere Strecke nicht lohnt, also stornieren sie von sich aus den Auftrag und warten darauf, dass vielleicht eine längere Fahrt eintrudelt.“ Für den Fahrgast ist diese Verhaltensweise fatal, denn meist steckt er bei einer Mietwagenbestellung in einem engen Zeitkorsett, wird aber durch die fehlende Fahrbereitschaft für Kurzstrecken ungewohnt lange vertröstet. „Damit schneiden wir uns dann bei Uber selbst ins Fleisch“, führt Albin aus, „denn vielleicht lässt sich ein Fahrgast das einmal, möglicherweise sogar zweimal gefallen. Aber irgendwann wird ihm die Warterei zu blöd und er findet andere Wege, um von A nach B zu kommen.“

Freilich sind auch die Uber-Fahrer in dem angebotenen Preissegment am Limit unterwegs und sondieren sehr genau, ob sich der Aufwand lohnt oder nicht. Doch sollten sich die Probleme dahingehend nicht auf ein gesünderes Maß einpendeln, drohen weitere Diskussionen über die Vorgangsweise der Mietwagenanbieter. Es gibt aber auch das umgekehrte Phänomen zu beobachten, das wiederum die Fahrer zur Verzweiflung bringt. „Auch die Stornierungen seitens der Fahrgäste häufen sich. Manchmal habe ich das Gefühl, das alles ist einfach nur ein blödes Spiel.“ Racheaktionen durch viel zu oft stehen gelassene Kunden seien möglich, meint Albin, er zeigt dafür auch ein gewisses Maß an Verständnis. „Es gibt welche in der Datenbank, die stornieren Bestellungen, als wäre das ihr Hobby. Bei einigen wissen wir Fahrer es und nehmen auch kaum noch was an. Aber wenn man selbst oft stehengelassen wurde, dann will man sich vielleicht so dagegen auflehnen - ich weiß es auch nicht.“

Dem Verfasser dieser Zeilen ist erst unlängst bei einem Transport mit einer Uber-Fahrerin Seltsames passiert. Ich wurde kurz vor ihrem Eintreffen extra angerufen, ob ich noch am vereinbarten Zielort sei. Nachdem alles passte und ich auf der Rückbank saß, bedankte sich besagte Dame dafür, dass alles korrekt abgelaufen sei. Sie hätte allein an diesem Tag kurz vor ihrem Eintreffen bereits fünf Stornierungen erdulden müssen, erzählte sie mir damals, und die vielen Leerkilometer würden ihr auch nicht mehr monetär ersetzt. „Einige von uns Fahrern rufen die Gäste mittlerweile wirklich immer kurz an, weil es einfach nicht mehr so reibungslos über die Bühne geht wie früher. Und niemand hat groß Lust, umsonst durch die Gegend zu fahren. Wir verlieren nicht nur Zeit, sondern bei den Benzinpreisen auch sehr viel Geld, wenn wir umsonst im Kreis fahren.“

Über die letzten Monate und Jahre haben sich laut Albin auch die Stornogebühren für die Gäste verändert. Prinzipiell zu ihrem Vorteil, wenn alles nach Plan verläuft. „Früher gab es die Regel, dass wir Fahrer am Ziel zwei Minuten warten. Alles was darüber hinausging, wurde mit vier Euro sanktioniert. Jetzt hat sich die Wartezeit auf sechs Minuten erhöht, wird aber dann überzogen, dann fallen sechs Euro an Gebühr an. Ich finde das gut, denn viele Menschen kommen nicht mutwillig zu spät. Zum Beispiel Ältere, die oft mit Gepäck ein paar Stockwerke nach unten gehen müssen - die kamen früher unfreiwillig zum Handkuss. Mit der neuen Regelung bleibt doch mehr Zeit, um auch in Ruhe eine Fahrt antreten zu können.“ Gegen das halblustige Stornieren auf beiden Seiten hilft das freilich nur wenig…

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