Nicht einmal ein Jahr hat es Wolfgang Mückstein (47) in der Spitzenpolitik gehalten. Am Donnerstag verkündete der Gesundheitsminister seinen Auszug aus dem Ressort. Er könne nicht mehr 100 Prozent geben, so der Minister, die letzten Monate hätten auch bei ihm und seiner Familie Spuren hinterlassen. Insider ließen allerdings durchblicken, Mücksteins Rückzug hänge auch mit seinem durch Koalitionspartner, Wirtschaft, eigene Partei und Landeshauptleute eingeschränkten Spielraum zusammen.
„Wir haben jetzt ziemlich exakt zwei Jahre Pandemie hinter uns, seit einem Jahr liegt das Management in meinen Händen. Ein Jahr, in dem wir viel weitergebracht haben, aber auch auf die Probe gestellt wurden. Mein oberstes Ziel war es immer, Menschenleben zu schützen und das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu bewahren, das ist gelungen“, bilanzierte Mückstein. Die Pandemie sei zwar noch nicht überwunden, aber man habe bereits „wichtige Meilensteine für eine gute Pandemiebekämpfung“ erreicht. Aber auch die Langzeitfolgen müsse man im Blick behalten, so Mückstein und betonte, dass etwa der Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein wichtiger Schritt sei.
„Ich kann nicht mehr 100 Prozent geben“
Er persönlich blicke auf ein erfüllendes Jahr zurück, dennoch sei die persönliche Belastung nicht zu unterschätzen: „Es nagt an einem, wenn man aufgrund von Drohungen die eigene Wohnung nur mehr mit Personenschutz verlassen kann.“ Er könne „nicht mehr 100 Prozent geben“, so der scheidende Minister, „daher bin ich an meiner persönlichen Grenze angelangt und gebe hiermit meinen Rücktritt bekannt“.
Es nagt an einem, wenn man aufgrund von Drohungen die eigene Wohnung nur mehr mit Personenschutz verlassen kann.
Wolfgang Mückstein tritt als Gesundheitsminister ab.
Er werde noch bis zur Angelobung seines Nachfolgers - zu dem sich Mückstein nicht äußerte - im Amt bleiben, so der Gesundheitsminister. Anschließend dankte er der grünen Führungsspitze, dem Regierungsteam, „und natürlich auch meiner Familie“.
Nicht für die ganz große Bühne
Der Rücktritt Mücksteins kam trotz aller Widrigkeiten doch etwas überraschend. Dass er des Öfteren Öffnungsschritte verantworten musste, die ihm zu früh erschienen, ist allerdings kein Geheimnis. Auch die am Samstag anstehende Aufhebung fast aller Corona-Maßnahmen war nicht die Idee des Mediziners gewesen. Experten, denen der studierte Allgemeinmediziner gerne sein Ohr lieh, zeigten sich bezüglich des Zeitpunkts bis zuletzt skeptisch.
Ohnehin schien der bis dahin nur in der Standespolitik tätige Neo-Minister Mückstein stets auf der großen Bühne zu fremdeln. Seine öffentlichen Auftritte wirkten oft hölzern, rhetorisch gab es schon brillantere Ressortchefs. Auch dass anderes als Sachpolitik - etwa seine Turnschuhe bei der Angelobung oder ein weggeworfener Zigarettenstummel - plötzlich zur großen Sache wurde, schien den stets freundlichen 47-Jährigen immer wieder zu verwundern.
Allzu große Pflöcke hat er in seiner nicht einmal einjährigen Amtszeit nicht eingeschlagen. Corona-geschuldet ging bei anderen Themen wie der Pflege nicht wirklich etwas weiter. Stets Anliegen war Mückstein, dass sozial Schwache nicht durch die Pandemie zu kurz kommen sollten. Diverse Hilfspakete trugen da mit seine Handschrift, was durchaus auch seiner Vita geschuldet ist.
Polit-Profi soll es richten
Als Nachfolger Mücksteins wird nun ein Polit-Profi gehandelt, der auch schon bei den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP maßgebend war: Johannes Rauch (62), derzeit Vorarlberger Landesrat für Umwelt und Verkehr. Auch er soll vom Ruf aus Wien nicht sonderlich begeistert gewesen sein, aber nach einer Bedenkzeit doch zugesagt haben - als Freundschaftsdienst für Grünen-Chef Werner Kogler.
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