Über Gustibus, sprich Geschmäcker, lässt sich nicht streiten. Das weiß der Lateiner. Wohl aber über den „Gust“, besser bekannt als August Wöginger. Jener ÖVP-Klubchef, der Angst hat, dass g’standene Oberösterreicher nach Wien gehen und dann als Grüne zurückkehren. Die Originalaussage „ De gustibus non est disputandum“ drückt noch näher betrachtet aus, dass niemand rational beweisen kann, dass ein bestimmtes Geschmacksempfinden das richtige sei. Oder besser formuliert: In Geschmacksfragen kann es kein „richtig“ oder „falsch“ geben - denn Achtung: sie liegen jenseits aller Beweisbarkeit. Da ist aber die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den Lateinern schon ein Stück voraus, denn in diesem Fall geht es nur um die Beweisbarkeit. Und wieder einmal ist es das Handy von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, das die ÖVP in Schwierigkeiten bringt. Die Chats, um die es geht, stammen aus den Jahren 2016 und 2017. Wöginger war damals stellvertretender Klubobmann, eines Tages soll ein Parteikollege und Bürgermeister einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde bei Wögingers Sprechstunde vorbei geschaut und erklärt haben, er würde gern Vorstand des Finanzamts Braunau-Ried-Schärding werden. Wöginger - so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft - habe daraufhin bei Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, interveniert und „seinem parteipolitisch motivierten Besetzungswunsch Nachdruck“ verliehen. Und schau: tatsächlich erhielt der Bürgermeister den Posten.
Allerdings gab es ganz offensichtlich eine besser geeignete Bewerberin - die Stellvertreterin des bisherigen Chefs. Sie zog, nachdem sie von der Bewerbungskommission zurückgereiht worden war, vor Gericht. Das Bundesverwaltungsgericht prüfte den Bestellungsprozess - und gab der Frau schließlich im vergangenen April recht. Die Betroffene war zu dem Zeitpunkt aber bereits in Pension. Für „Gust“ hat die Staatsanwaltschaft nun einen Auslieferungsantrag beantragt, der Vorwurf lautet auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Für Wöginger, der die Vorwürfe bestreitet, gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
Wie hieß es doch eingangs: In Geschmacksfragen kann es kein „richtig“ oder „falsch“ geben. In der Beweisbarkeit schon.
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