„Kaputtes System“

GB: Schärferes Asylrecht soll Migranten stoppen

Ausland
06.07.2021 16:46

Angesichts einer Rekordzahl illegal eingereister Migranten will die konservative britische Regierung das Asylrecht deutlich verschärfen. Innenministerin Priti Patel kündigte am Dienstag „die radikalsten Änderungen des kaputten Asylsystems seit Jahrzehnten“ an. Es ist nach dem Brexit und dem damit einher gehenden Ende der Freizügigkeit der nächste Schritt, um das Vereinigte Königreich abzuschotten. Hilfsorganisationen sind alarmiert.

Lebenslange Haftstrafen für Schleuser, Anklagen gegen diejenigen, die „wissentlich“ illegal eingereist sind, und Auffangzentren in Übersee: Patels Gesetz soll es Migranten erheblich erschweren, ins Land zu gelangen - und dort zu bleiben.

„Zu lange hat unser kaputtes Asylsystem die Taschen der abscheulichen kriminellen Banden gefüllt, die das System betrügen“, sagte Patel. „Dies ist nicht fair gegenüber den verletzbaren Menschen, die Schutz benötigen, oder der britischen Öffentlichkeit, die dafür bezahlt. Es ist Zeit zu handeln.“

Dänemark will Asylzentren in Drittstaaten bauen
In der benachbarten EU dürften vor allem die Pläne für die Einrichtung von Asylzentren in Drittstaaten für Diskussionen sorgen. Entsprechende Vorbereitungen Dänemarks waren jüngst von der EU-Kommission und vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) scharf kritisiert worden.

„Hart, aber fair“
Patel verteidigt ihr Gesetz als „hart, aber fair“. Doch die Kritik ist scharf. Der Gesetzentwurf werde das Recht auf Asyl weltweit untergraben, warnte Steve Valdez-Symonds von Amnesty International. London breche mit dem Vorhaben zentrale Vereinbarungen wie die Flüchtlingskonvention. „Dieses rücksichtslose und zutiefst ungerechte Gesetz wird Großbritanniens internationales Ansehen beschämen.“

Der Flüchtlingsrat schätzt, dass 9000 Menschen, die derzeit als Flüchtlinge akzeptiert würden, unter den neuen Regeln keine Chance hätten - weil sie „illegal“ eingereist sind. Enver Solomon, der Chef der Organisation, warnte, das „Anti-Flüchtlings-Gesetz“ mache zahlreiche Migranten zu Kriminellen, denen jahrelange Haft drohe.

Migranten versuchen Überfahrt über Ärmelkanal
Augenscheinlicher Anlass der Radikalreform sind die stetig steigenden Zahlen illegal über den Ärmelkanal eintreffender Menschen. Im Juni waren es mehr als 2000 - laut BBC ein Monatsrekord. Oft nutzen sie Gummiboote und müssen von Rettungskräften aus Seenot gerettet werden.

Andere riskieren die Überfahrt in Lkw-Anhängern. Eine lebensgefährliche Route: Im Oktober 2019 fand die Polizei 49 Vietnamesen zusammengepfercht auf engstem Raum - sie waren erstickt. In der Hafenstadt Dover, in der die Luftkissenboote aus Calais landen, protestieren regelmäßig Nationalisten gegen Migration.

Experten kritisieren: „Johnson-Regierung will Grenzen dichtmachen“
Doch Experten weisen darauf hin, dass das Problem tiefer liegt. Der Regierung von Premierminister Boris Johnson liege daran, die Grenzen dichtzumachen. Das bekommen auch EU-Bürger seit dem Brexit zu spüren - sie brauchen nun ein Visum, um in Großbritannien leben oder arbeiten zu können. Allein im ersten Quartal 2021 wurden 3.294 EU-Bürger davon abgehalten, ins Vereinigte Königreich einzureisen - sechs Mal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Innenministerin Patel betont stets, die neuen Migrationsregeln setzten Talent vor Herkunft. Doch Wirtschaftsverbände warnen vor erheblichem Fachkräftemangel.

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