Enormer Stromhunger

So heizt die Digitalisierung die Klimakrise an

Web
23.05.2021 09:00

Tesla-Chef Elon Musk stoppte die Bitcoin-Zahlung wegen des enormen Stromverbrauchs. Die gesamte Digitalisierung heizt durch ihren Energiebedarf die Klimakrise an.

Während der Lockdownzeit haben viele von uns die sozialen Medien oder Netflix genutzt, um die Zeit rüberzubringen oder mit der Familie Kontakt zu halten oder um Unmut oder Zustimmung über diverse Maßnahmen zur Äußerung zu bringen. Google, Facebook, Twitter oder YouTube wurden massiv genutzt. Das Ganze hat viel Strom verbraucht, sehr viel Strom. Jetzt wird man natürlich an den Stromverbrauch des Computers, des Tablets oder Handys denken. Stimmt, aber auch nicht.

Natürlich verbrauchen unsere Geräte Strom, aber es gibt noch die andere Seite: die Server. Schicken wir eine Anfrage über Google oder sehen wir uns ein Video an, so kommen die Daten über das Internet zu unserem Gerät. Dieses Internet besteht aus vielen Computern, den Servern, welche diese Daten zur Verfügung stellen. Die Kabel oder das WLAN dienen dann nur noch der Verteilung. Im Prinzip ist Google eine gigantische Datenbank, die nach diversen Webpages (die Daten) sucht. Bei Twitter oder Facebook ist die Sache schon etwas komplexer, denn man stellt einen Inhalt ins Netz, der dann wieder von anderen angesehen, gelikt oder gehatet wird.

Stromfresser Social Media
Hier steigt der Stromverbrauch dann schon massiv an, denn die Daten werden nicht nur zur Verfügung gestellt bzw. gelesen, sondern auch noch bewertet oder kommentiert. Wird ein Facebook-Post kommentiert, dann werden diese Kommentare ebenfalls wieder bewertet oder zumindest von vielen gelesen. Der Datentransfer steigt massiv an. Aber nicht nur der Datentransfer, sondern auch die Rechner am anderen Ende des Internets werden gefordert. Sie müssen die einzelnen Likes den Posts richtig zuordnen. Wo genau liegt nun das Problem?

Es ist die Wärme. Mehr als die Hälfte des Stromverbrauches eines Computers wird in Wärme umgesetzt. Es ist wie bei einer klassischen Glühbirne. Nur ein kleiner Teil des Stroms wird in Licht umgewandelt, der Rest wird thermisch umgesetzt. Deshalb benötigen schnelle Rechner auch Lüfter, damit die Geräte nicht überhitzen.

Natürlich kann man auch Waren im Internet kaufen. Man bezahlt meist mit seiner Kreditkarte und freut sich, wenn das Packerl auch vor der Haustüre abgelegt wird. Leider gibt es immer wieder Betrug bei Internetbanking oder beim Geldtransfer. Seit 2009 gibt es die Möglichkeit, auch mit Bitcoins zu zahlen. Es war die erste Kryptowährung, die bedeutend mehr ist als Geld – allerdings auch ohne materiellen Gegenwert.

Also: Im klassischen Handel kaufe ich ein Produkt und gebe dem Händler Geld dafür. Der Händler kann – wenn er will – das Geld gegen die Ware auch wieder zurückgeben. Der Staat garantiert dem Händler, dass das Geld einen Wert hat. Im Detail wird der Wert durch die Notenbank bzw. das Finanzministerium gewährleistet. Nun gibt es aber Staaten, die einfach Geld nachdrucken und damit die Inflation massiv ankurbeln, oder sie können den Wert nicht sicherstellen. Ebenso kann es bei Geldtransfer zu Betrug kommen (Kreditkartenbetrug).

Dafür wurde der Bitcoin erfunden. Man kann damit Waren- oder Dienstleistungen sicher bezahlen, und alle (wirklich alle!) Mitbenutzer wachen darüber. Damit ist eine Manipulation praktisch auszuschließen. Man verwendet eine Blockchain. In einem Block stehen die Transferdaten – wer wem wie viel zahlt. Die einzelnen Blöcke werden aneinandergereiht, so entsteht dann eine Kette (chain).

Macht man eine sichere Transaktion mit einem Block, muss man eine geringe Gebühr in Bitcoins zahlen. Wodurch kommt es zu der extremen Sicherheit der Daten? Ein Block baut auf den nächsten auf, und die einzelnen Blöcke sind durch kryptografische Schlüssel miteinander verkettet. Dabei handelt es sich um ganz besondere Zahlen, die man einzeln berechnen muss.

Der Stromverbrauch der Rechenleistungen hat sich in nur einem Jahr verdoppelt
Die Berechnung der kryptografischen Schlüssel ist sehr aufwendig. Für die Berechnung eines Blockes bekommt man Bitcoins bezahlt. Also kann man mit Rechenleistung Geld verdienen. Lasst uns die Computer hochfahren und Bitcoins schürfen. Dies war nur für die ersten Blöcke möglich. Heute rechnen gigantische Spezialcomputer in großen Rechnerfarmen an diesen kryptografischen Schlüsseln. So steigt der Stromverbrauch mit der Zahl der Blöcke in der Kette massiv an.

Im Jahr 2017 benötigte man 6,6 TWh, im Oktober 2020 waren es 67 TWh, und aktuell werden 121 TWh pro Jahr für die kryptografischen Schlüssel benötigt (TWh = 1 Terrawattstunde. Entspricht Milliarde Kilowattstunden). Im Vergleich benötigt Österreich 66,8 TWh an elektrischem Strom pro Jahr. Also: Für diese Kryptowährung wird doppelt so viel Strom verbraucht, wie in Österreich pro Jahr umgesetzt wird. Und es wird mehr - viel mehr.

Der ständig steigende Datenverkehr im Netz sorgt bereits jetzt für mehr Treibhausgas-Emissionen als der gesamte Flugverkehr. Jedes Mail, jeder Tweet, jedes Facebook-Posting. Das muss uns bewusst sein.

Werner Gruber, Kronen Zeitung

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