Thrombosegefahr?

„Bei Covid-19 100.000-mal höher als bei Impfung“

Coronavirus
19.03.2021 18:00

Anfang des Jahres stand der Impfstoff von AstraZeneca hoch im Kurs: er ist günstig, einfacher zu handhaben, das größte Problem waren die Lieferschwierigkeiten. Nach Berichten über seltene Thromboseerkrankungen pausierten allerdings 13 Länder das Impfen mit dem Vakzin, Österreich zog eine Charge aus dem Verkehr. Die Europäische Arzneimittelbehörde und das Nationale Impfgremium haben diese Woche erneut Entwarnung gegeben: Der Stoff ist sicher. Ist es damit getan und können sich die Menschen in Österreich ohne Bedenken mit AstraZeneca impfen lassen? Das hat Damita Pressl diese Woche bei „Moment Mal“ den Facharzt für Gefäßmedizin Prof. Thomas Gary von der Medizinischen Universität Graz und den Tropenmediziner Prof. Peter Kremsner von der Universitätsklinik Tübingen gefragt.

Die Auffälligkeit bei den zeitnah zur Impfung aufgetretenen Fällen, so Gary, seien die ausgeprägten Thrombosen in Kombination mit Blutplättchenarmut. „Das ist eine undankbare Kombination“, erklärt er, denn Blutplättchenarmut führe auch zu einem höheren Blutungsrisiko: „Man will also blutverdünnen, es sind einem aber die Hände gebunden. Diese Mischung ist herausfordernd.“ Allerdings stellt Gary auch klar: Weitere Forschungsarbeit ist vonnöten, der Zusammenhang zur Impfung ist hier nicht belegt. Auch zeitnah zur Biontech/Pfizer-Impfung seien Thromboseerkrankungen aufgetreten, allerdings ohne die begleitende Blutplättchenarmut.

Docken gebildete Antikörper an Blutplättchen an?
Eine mögliche Erklärung, so Gary: nach der Impfung könnten die entstandenen Antikörper an die Blutplättchen andocken und diese aktivieren. Die Blutplättchen würden dann in Gerinnsel gebunden und dies erkläre die Kombination aus Blutplättchenarmut und Gerinnsel. Bei schwerkranken Covid-Intensivpatienten trete manchmal ein ähnliches Phänomen auf, und dieses sei durchaus in seltenen Fällen auch nach einer Impfung denkbar. 

So häufig wie ein Flugzeugabsturz
Kremsner ist allerdings skeptisch, ob dieses Phänomen wirklich durch die Impfung ausgelöst wird. Die Häufigkeit liege jedenfalls bei einem Fall pro Million Impfungen, betont der Tropenmediziner: „Das geht in Richtung Flugzeugabsturz“. Dahingegen würden bei Covid-19 in fünf Prozent oder mehr der Fälle Gerinnungsstörungen auftreten: „Je nachdem wie genau man misst, sieht man das fast bei jedem hospitalisierten Patienten. Das gehört bei Covid-19 fast schon zur Erkrankung. Die Thrombose-Chance ist also bei Covid-19 hunderttausendmal höher als nach der Impfung.“

Bei Beschwerden achtsam sein
Auch Menschen mit Vorerkrankungen und Thromboserisikofaktoren müssen sich keine Sorgen machen, erklärt Gary, da die Körpervorgänge hier ganz andere seien. „Da gibt es immer wieder Anrufe in der Gerinnungsambulanz, bei uns laufen jetzt die Drähte heiß, aber eine klassische Thrombophilie scheint für dieses Phänomen kein Risikofaktor zu sein.“ Achten können Patienten auf ungewöhnliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Beinschmerzen, Schwellungen oder Atemnot im Zeitraum von etwa fünf bis 14 Tagen nach der Impfung: dann ist eine ärztliche Abklärung samt Blutbild empfehlenswert.

„Würde auch Papa impfen lassen“
Der einzig wirkliche Unterschied zwischen den Impfstoffen, so Kremsner: die mRNA-Impfstoffe, also jene von Biontech/Pfizer und Moderna, seien deutlich wirksamer als die virusvektorbasierten von AstraZeneca und Johnson & Johnson. Alle vier würden aber schwere Verläufe verhindern. Was die Mediziner selbst tun würden, wenn sie vor der Wahl stünden? „Hätte ich keinen anderen als AstraZeneca“, sagt Kremsner, „würde ich mich sofort impfen lassen, auch meinen Papa. Aber wenn man es sich aussuchen kann: Die mRNA-Impfstoffe sind besser.“ Ähnlich sieht das Gary: „Ich würde auch den Impfstoff von Pfizer vorziehen, mich aber auch mit jedem anderen impfen lassen“.

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