Gastro-Öffnung

Das erste Schnitzel schmeckt auch bei Regenwetter

Vorarlberg
15.03.2021 15:57

Regennasse Pflichtübung statt rauschhaftem „Grand Opening“: Die Gastronomieöffnung ließ sich am Montag recht bescheiden an. Aufgrund der Rahmenbedingungen - negativer Corona-Test als Zutrittsbedingung, kein Abendbetrieb, großer Tischabstand - sperrte laut einer Befragung der Wirtschaftskammer nur jeder dritte Gastronomiebetrieb auf. Dennoch war die Freude bei den Gästen über den lang erwarteten Lokalbesuch zu spüren.

Wettertechnisch stand die Wiedereröffnung der Gastronomie in der Testregion Vorarlberg nicht gerade unter dem besten Stern: Schnee in höheren Lagen, Regen im Tal und dazwischen Schneeregen. Jene, die in den vergangenen 14 Tagen dem „Grand Opening“ entgegenfieberten und sich ihren ersten Besuch im Schanigarten schon in den wärmsten Farben ausgemalt hatten, erlitten beim morgendlichen Blick aus dem Fenster eine akute Abkühlung. Trotzdem: Die Testtermine für Montagmorgen wurden zum Großteil wahrgenommen - wenn schon keine Kür möglich war, so wollte man wenigstens aus Pflichtgefühl zur Tat schreiten.

Und tatsächlich: Wer mit Mütze, Maske und Regenschirm bei knapp über 0 Grad Celsius durch die verregnete Landeshauptstadt schritt, konnte in einigen Lokalen - bei weitem nicht in allen - Kaffe und Kuchen zu sich nehmen. Auch Bier und Prosecco soll vormittags bereits geflossen sein.

Scharfe Kalkulation
Im historischen Wirtshaus „Zum Goldenen Hirschen“ begrüßte Gastgeberin Andrea Kinz jeden Gast persönlich und kontrollierte dabei die Testformulare. Der „Hirschen“, wegen der Abstandsregeln nur mit halben Platzangebot, war schon am ersten Tag mittags und abends ausgebucht. Aufmachen könne man nur, wenn man „ein beinharter Betriebswirt ist und eine leidenschaftliche Gastgeberin“, sagte Kinz. Man müsse scharf kalkulieren, sagte die „Hirschen“-Chefin. Konkret heißt das: Vier-Tage-Woche mit kleinem Team und eingeschränkte Speisekarte. 
„Wir machen auf, weil wir wieder für unsere vielen Stammgäste da sein wollen“, sagte Theresia Zwerger vom Restaurant Kornmesser. Am Hauseingang stand eine Mitarbeiterin, die Registrierungen entgegennahm und die Tests kontrollierte. Wer diese Hürde bewältigt hatte, durfte ins Traditionsgasthaus. 

Gute Stimmung
Relativ ruhig ging es am Montagvormittag auch in der Dornbirner Innenstadt zu. Die Gastgärten am Marktplatz waren aber hergerichtet, das legendäre Café Steinhauser hatte seinen auch bereits geöffnet. Wenige Gäste saßen an den Tischen, die Stimmung war fröhlich: „Wir haben uns einen Testtermin ausgemacht, sobald die Öffnung bekannt wurde, und werden das auch sicher wieder tun, wenn wir einen ergattern können“, so ein Paar, das nach eigenen Angaben normalerweise Montag früh nicht einkehren geht, am Montag zur Feier des Tages aber schon. 
Überrannt wurden die Gastrobetriebe zwar nicht, aber allein schon das Gefühl, jederzeit wieder einkehren zu können, ist schon viel wert. „Ich lebe allein, ich war jetzt ein Jahr lang praktisch eingesperrt - heute könnte ich die ganze Welt umarmen. Man braucht einfach Menschen“, schwärmte eine 77-jährige Pensionistin, die sich extra für den Kaffee im Gasthaus testen ließ. 

Ganz unterschiedlich handelten die Wirte die Kontrollen der Zugangstests und die Registrierung. Und während die einen sich das negative Testergebnis zeigen ließen, verzichteten andere nahezu demonstrativ darauf. Im „Cuenstler“, einem Tagescafé, hielten die Gäste Wirt Stephen Bolter bereitwillig ihre ausgedruckten Testergebnisse oder Handys hin, füllten Formulare aus oder scannten den QR-Code, der an jedem Tisch angebracht ist. Bolter wollte nach vier Monaten Durststrecke keinen Tag länger tatenlos zu Hause sitzen: „Vier Monate ohne Arbeit ist nicht auszuhalten.“ Wegen des Umsatzes hätte er auch nicht aufmachen müssen, sagte der Wirt: „Mir geht‘s um die Freude der Gäste und die Freude an der Arbeit.“

Gastro-Touristen
Echtes Engagement bewies übrigens ein junges Pärchen aus Oberösterreich. Das Duo stand besonders früh auf, setzte sich ins Auto und schlürfte um 10 Uhr vormittags bereits den ersten Kaffee in der Bregenzer Quellenstraße. Geplant war noch ein Mittagessen und einige Drinks - nach der Ländle-Tingeltour geht es für die Corona-Weltenbummler abends dann wieder heim. Heimwärts geht es auch für alle Vorarlberger Gäste um spätestens 20 Uhr - und so verwundert es wenig, dass auffällig viele Arbeitstage bereits früher endeten. 

Kein Signal Richtung Öffnung
Die Wirte hinter dem Arlberg haben das Ostergeschäft hingegen bereits abgehakt. Eine österreichweite Öffnung der Gastgärten noch vor Ostern ist sozusagen vom Tisch. Man sei mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) so verblieben, dass man 14 Tage vorher Bescheid bekomme. Bisher gebe es noch kein Signal in Richtung Öffnung, sagte Gastronomie-Obmann Mario Pulker am Montag zur APA. Die Regierung hatte die für geplanten Beratungen über Lockerungen wegen der steigenden Infektionszahlen verschoben.

Während in Vorarlberg die Gasthäuser nach 19 Wochen aufsperren durften, bleiben sie im Rest Österreichs weiter geschlossen. Und Hotels dürfen weiter nur Gäste beherbergen, die sich aus beruflichen Gründen dort aufhalten. Auch für weite Teile der Kultur und den Sportbereich gelten seit Anfang November Einschränkungen. Die Hoteliers rechnen ebenso wenig wie die Wirte außerhalb Vorarlbergs damit, dass das Betretungsverbot noch vor Ostern Anfang April fällt.

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