Daniel Groß und Andrea Heuberger erzählen, sie beim Sozialunternehmen „Aqua Mühle“ neuen Lebensmut gewonnen haben. Das zeigt, was auf dem Spiel steht, wenn soziale Einrichtungen durch Sparvorgaben finanziell unter Druck geraten.
„Wir spüren die Sparmaßnahmen“, sagt Max Krieger-Alfons, Geschäftsführer der „Aqua Mühle“. Nicht vollständig aufgefangene Indexpassungen bei Personalkosten kämen einer indirekten Kürzung gleich. Besonders im Bereich ambulanter Beratungsangebote sei das bereits jetzt deutlich zu spüren. Gleichzeitig verunsichere die Diskussion über Kürzungen im Bildungsbereich viele Mitarbeitende. „Aber ich bin zuversichtlich, dass es im Sinne unserer Klienten gelingt, gute Angebote weiterhin zu finanzieren“, meint Krieger-Alfons. Ob diese Zuversicht trägt, ist offen – was auf dem Spiel steht, zeigen die Geschichten der Menschen, die von der „Aqua Mühle“ aufgefangen wurden.
„Der Moment, wieder aufzustehen“
Daniel Groß hat schon zwei Leben gelebt – mindestens. In den 1990er Jahren begann er als Koch, brachte es bis zum Küchenleiter. Dann kam die Diagnose: eine berufsbedingte Feuchtigkeitsallergie. Der Traum vom Kochen war vorbei. Er sattelte um, machte eine zweite Lehre im Einzelhandel und arbeitete sich bis zum stellvertretenden Abteilungsleiter hoch. Doch der nächste Einschnitt folgte: ein schweres Burnout. „Ich war buchstäblich am Boden“, sagt er heute.
2022 vermittelte ihn das AMS zur „Aqua Mühle“. Die ersten Wochen seien herausfordernd gewesen, voller neuer Eindrücke, manchmal überfordernd. Doch was er dort fand, war mehr als nur Beschäftigung. „Die Möglichkeit, sich jederzeit auf Augenhöhe auszutauschen, hat vieles erleichtert.“
Besonders ein Mentor im Bereich Mikroverfilmung prägte ihn: „Manfred weckte mein Interesse und gab mir das Gefühl, gebraucht zu werden.“ Heute arbeitet Daniel Groß wieder – mit Freude. „Ich habe gelernt, dass Arbeit bei einem guten Arbeitgeber etwas sehr Erfüllendes sein kann.“ Für ihn ist die „Aqua Mühle“ nicht nur ein Ort der Beschäftigung, sondern auch einer der persönlichen Entwicklung. „Dass ich wieder aufgestanden bin, darauf bin ich stolz.“
Was Zukunft für ihn bedeutet? „Sie ist untrennbar mit der Vergangenheit verbunden. Und jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“ Eines der Lieblingszitate des Philosophieinteressierten ist: „Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“
„Und plötzlich wirst du wieder gebraucht“
Andrea Heuberger war ausgebildete Hotelfachassistentin. Sie lernte und arbeitete im Fünf-Sterne-Hotel, bis sie viermal kurz hintereinander Mutter wurde. Ihr Ziel war klar: „Ich wollte danach wieder normal arbeiten.“ Doch am Arbeitsmarkt war für sie kein Platz mehr. Für manche Stellen galt sie als überqualifiziert. Aufgrund ihrer langen Abwesenheit vom Beruf, war sie auch für das gehobene Tourismussegment kein Thema. Die Absagen setzten ihr zu.
Über das AMS kam sie schließlich zur „Aqua Mühle“ – und fand etwas, das sie lange vermisst hatte: Wertschätzung. Zuerst im „Aqua-Café“, dann im Holzbau, später in der Reinigung, der Wäscherei und schließlich im Gartenbau – überall konnte sie sich einbringen. Besonders im Gastro-, Holz- und Gartenbereich spürte sie neuen Ehrgeiz und Freude. „Beim Gartenbau war toll, dass wenn man etwas pflanzt, man auch ein Ergebnis sieht. Das macht etwas mit dir.“
Heute ist Andrea Heuberger in Pension, nutzt aber regelmäßig die Tagesstruktur der „Aqua Mühle“ – ein Angebot für Menschen mit psychischen Erkrankungen. „Das Wichtigste war für mich, zu akzeptieren, dass ich nicht mehr die Kraft für einen normalen Job habe. Bei ,Aqua Mühle’ wurde ich angenommen, wie ich bin.“ Sie bekam neuen Mut.
Was auf dem Spiel steht
Die Geschichten von Daniel Groß und Andrea Heuberger zeigen, was hinter Begriffen wie „Tagesstruktur“ oder „arbeitsmarktnahe Qualifizierung“ steht: echte Lebenswege, gelebte Kämpfe, wiedergefundene Perspektiven. Sie zeigen, dass soziale Einrichtungen wie die „Aqua Mühle“ mehr sind als Dienstleister – sie sind Orte der Menschlichkeit.
Wenn jetzt gespart wird – wie es die Vorarlberger Landesregierung in mehreren Bereichen plant (siehe Seite 14) – trifft das nicht nur Organisationen, sondern vor allem Menschen. Menschen, die kämpfen, die sich aufraffen, die Mut fassen. Was sie brauchen, ist nicht nur Unterstützung, sondern auch das Gefühl: Du bist nicht allein.
„Es braucht viel Mut, sich beruflich zu verändern“, sagt Daniel Groß. „Oft scheitert das nicht an der Idee, sondern an der Realität.“ Er wünscht sich für die Arbeit von „Aqua Mühle“, dass der erfolgreiche Weg fortgesetzt werden kann und, „dass so vielen Menschen wie möglich, eine neue berufliche Perspektive vermittelt werden kann.“
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