Hotspot wird gesperrt

Instagram-Wahnsinn in den Alpen: Betretungsverbot!

Digital
12.08.2020 08:57

Im Zeitalter idyllischer Instagram-Schnappschüsse fahren vor allem junge Menschen nicht mehr nur zum Ausspannen in den Urlaub. Die Jagd nach dem perfekten Schnappschuss ist vielen mindestens ebenso wichtig. Mit problematischen Folgen für die Erholungsparadiese in den Alpen: Am bayerischen Königssee wird nun wegen des großen Andrangs sogenannter „Influencer“ ein besonders beliebter Foto-Hotspot gesperrt und auch in Tirol wird es stellenweise schon zu viel ...

Kristallklares und dieser Tage zweifellos höchst erfrischendes Quellwasser rinnt im bayerischen Nationalpark Berchtesgaden durch ein von der Natur ausgeschwemmtes Steinbassin nahe dem Aussichtspunkt Rabenwand direkt in den darunterliegenden Königssee. Es ist ein Anblick für die Götter: Unten der prächtige Bergsee, oben der Natur-Pool und ein kleiner Wasserfall.

Es ist kein Wunder, dass dieses herrliche Plätzchen die Instagram-Motivjäger anlockt wie nur was. Zumal Instagram und andere soziale Medien die Anziehungskraft solcher Plätze noch einmal erheblich verstärken, wenn nur die richtigen Internet-Promis Schnappschüsse von dort teilen.

Viele Influencer pfeifen auf die Sicherheit
Das Problem: Viele von ihnen ignorieren auf der Jagd nach dem perfekten Foto sämtliche Sicherheits-Tipps, bewegen sich mit schlechtem Schuhwerk viel zu nah an den 200 Meter tiefen Abgrund, manch einer schlägt am Aussichtspunkt gar sein Zelt auf oder lässt seine Drohne steigen. Müll, Lagerfeuer und zertrampelte Vegetation tun ihr Übriges, nun will die Nationalparkverwaltung ein Betretungsverbot aussprechen.

„Es sind wenige Ausnahmen, aber das ist nicht mehr vertretbar“, sagt Nationalpark-Sprecherin Carolin Scheiter im Gespräch mit der Tageszeitung „Der Standard“. Zuvor habe man versucht, die Instagram-Jünger mit Social-Media-Botschaften zur Räson zu bringen - allerdings mit wenig Erfolg. 2019 gab es zwei Tote, die Bergrettung musste zuletzt ausrücken, um bei der Fotojagd verirrte Bikini-Girls zu bergen.

Auch in Tirol hat man Probleme mit Influencern
Auch bei uns ist der Instagram-Wahnsinn vielerorts touristischer Alltag - etwa in Tirol. Wie Lokalmedien berichten, hat man am Schlegeisstausee im hinteren Zillertal ebenfalls mit einem hohen Influencer-Aufkommen zu kämpfen. Dort lockt eine von herrlichem Bergpanorama flankierte Brücke über einen Bach, der in den Stausee fließt, die Instagram-Fans an - so viele, dass es sich auf der Zufahrtsstraße schon am Morgen staut und der Parkplatz am Speichersee aus allen Nähten platzt.

Willi Seifert, Geschäftsführer des Naturgebirgsparks Zillertal, ist im Gespräch mit einer Lokalzeitung erstaunt über den Willen und die Leidensfähigkeit mancher Instagram-Touristen: „Manche schleppen sogar ihr Brautkleid dafür mit hinauf.“ Beobachtete man in den letzten Jahren Touristen aus aller Welt, die für ein Foto auf der Brücke zu dem Stausee wanderten, sind es heuer die Tagesausflügler, die den Nationalpark überlaufen.

Sperren sind in Tirol noch kein Thema, die lokalen Verantwortlichen sind aber bemüht, den Ansturm in geordnete Bahnen zu lenken - etwa mit Infotafeln zur Zahl der freien Parkplätze am See, außerdem will man mit billigeren Bustickets zum See die Zahl der mit dem Auto anreisenden Touristen reduzieren. Zeitweise habe man auch geduldet, dass viele Besucher auf einer nahen Weidefläche parken, wenn der Parkplatz voll war.

Zitat Icon

Es hat sich ein neuer, junger Massentourismus entwickelt. Junge Leute reisen, um Fotos für die sozialen Medien zu machen. Nur um zu zeigen: Ich war hier.

Sara Melotti, Fotografin und Reisebloggerin

Fotografin klagt: „Instagram ruiniert diese Orte!“
Der Schlegeisstausee in Tirol und das Naturbassin am Königssee in Bayern sind zwei Beispiele für ein weltweites Problem: Orte mit hoher „Instagramability“ locken, erst recht, wenn sie von Social-Media-Promis besucht wurden, immer mehr Fotojäger an, bis ob der vielen Touristen vom einstigen Idyll kaum noch etwas übrig ist. So traf es auch schon Bergseen in Italien, Tempel auf Bali, Aussichtspunkte in Norwegen - und einen giftigen See in Russland. Die italienische Fotografin und Reise-Bloggerin Sara Melotti nutzt für ihre Fotos zwar selber Instagram, geht aber kritisch mit dem Netzwerk um. „Instagram ruiniert diese Orte komplett“, sagt sie. „Es hat sich ein neuer, junger Massentourismus entwickelt. Junge Leute reisen, um Fotos für die sozialen Medien zu machen. Nur um zu zeigen: Ich war hier.“

Dass die ach so idyllischen Fotomotive längst dem Massentourismus anheimgefallen sind, erkennen Fotojäger oft erst, wenn sie dort sind - und die Schlangen junger Frauen und ihrer Anhängsel mit Kamera erblicken, die sich für ein Foto anstellen. Die Jagd nach dem perfekten Instagram-Bild weicht in so einem Fall schnell der großen Ernüchterung, wie krone.at-Reporterin Charlotte Sequard-Base vor einigen Monaten aus Norwegen berichtete.

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