Nach dem Messerattentat in Villach und dem Amoklauf in Graz wird nach einer Reglementierung der sozialen Medien für Jugendliche gebastelt. Zwar gibt es einen rechtlichen Rahmen. Nur wird das Gesetz von TikTok & Co. ignoriert. Österreich fordert von der EU-Kommission strenge Gesetze.
Es ist ein kurzer Absatz im Ministerratsvortrag zu den „Maßnahmen in Folge des Attentats von Graz“, der leicht zu übersehen ist. Darin bekennt sich die Regierung zu einer „transparenten und funktionalen Beschränkung von Social Media zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“. Im Klartext bedeutet das: Die Dreierkoalition arbeitet an einer Maßnahme, um den Zugang zu den sozialen Medien erst ab einem bestimmten Alter zu ermöglichen.
Verpflichtendes Altersverifikationssystem für TikTok & Co.
In Österreich gibt es genau genommen bereits einen rechtlichen Rahmen. Laut Datenschutzgesetz dürfen Jugendliche erst ab 14 Jahren eigenständig Social-Media-Plattformen nutzen. Die Krux an der Sache: Das Gesetz ist zahnlos und wird de facto von den Plattformen ignoriert.
Wie kann dieses Manko behoben werden? Die Social Media-Konzerne sollen durch strenge EU-Gesetze zur Alterskontrolle gezwungen werden. „Plattformen müssen endlich dazu verpflichtet werden, das Alter ihrer User zuverlässig zu überprüfen. Ähnlich wie Banken ihre Kunden identifizieren, braucht es auch bei der Nutzung von Social-Media-Plattformen verpflichtende Altersverifikationssysteme“, so Alexander Pröll, Staatssekretär für Digitalisierung. Auch er befürwortet das Social-Media-Verbot bis 14 Jahre.
Zahl der Online-Radikalisierung hat sich seit 2022 verdoppelt
Ins Rollen gebracht hat SPÖ-Staatssekretär Jörg Leichtfried die Initiative der Bundesregierung. In seinen Zuständigkeitsbereich fallen die Nachrichtendienste, die vor allem die zunehmende Radikalisierung durch die sozialen Medien im Visier haben. „Alleine im Jahr haben sich die Fälle der Online-Radikalisierung verdoppelt. Es ist unsere Aufgabe zu verhindern, dass Kinder in digitalen Echokammern mit Hass und Verschwörungstheorien alleine gelassen werden“, so Leichtfried.
Es braucht strenge EU-weite Gesetze
Ein starker Hebel dafür wäre der Digital Services Act der EU – insbesondere Artikel 28, der die Verantwortung der Plattformen in puncto Kinderschutz klar regelt. Österreich hat sich gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedsstaaten wie Frankreich, Kroatien oder Dänemark in einem Brief an EU-Kommissarin für Digitalisierung und die Kommissarin für Bildung gewandt, um den Druck zu erhöhen.
Auch in Frankreich wird diese Frage, nach einem Mord an einer Schulaufseherin durch einen 14-Jährigen, heftig diskutiert. Präsident Emmanuel Macron stellte ein Ultimatum an die EU. „Wir müssen den Zugang zu den sozialen Medien für Kinder unter 15 Jahren verbieten“, sagte der Staatschef. „Ich gebe uns ein paar Monate Zeit, um ein europäisches Vorgehen in Gang zu bringen. Andernfalls beginnen wir damit in Frankreich.“
16 Jahre wäre das ideale Einstiegsalter
Medienpädagogen würden strenge Kontrollen begrüßen. „Wir brauchen eine Regulierung. Der Konsum von sozialen Medien macht Kinder süchtig. Soziale Medien lösen Depressionen, Essstörungen und andere gesundheitliche Probleme aus“, warnt der Medienpädagoge Lukas Wagner.
Der Experte sieht 16 Jahre als richtiges Einstiegsalter. Auch für die Eltern würde ein entsprechendes Gesetz eine Erleichterung in der Erziehungsarbeit bringen, ist Wagner überzeugt. „Die Spannungen im Kinderzimmer würden abnehmen.“ Wenn alle Kinder keine sozialen Medien konsumieren dürfen, fällt der Gruppendruck weg. „Die sozialen Medien setzen die besten Entwickler der Welt ein. Die Kinder treten quasi gegen Weltkonzerne an. Wie sollen sie im Kinderzimmer gegen diese Übermacht bestehen?“, fragt Experte Wagner.
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