Kanzler legt nach

Kurz: „Türkei versucht, Unfrieden zu säen“

Politik
30.06.2020 12:18

Nach den Ausschreitungen in Wien-Favoriten bei Demonstrationen bleibt die Stimmung zwischen Österreich und der Türkei alles andere als entspannt. Nachdem Wien und Ankara den Botschafter des jeweils anderen Landes ins Außenministerium zitiert hatten, fand nun Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) scharfe Worte Richtung Bosporus. Kurz warf der Türkei am Dienstag vor, „Unfrieden zu säen“ und in Österreich für ihre eigenen Interessen „Stimmung zu machen“. Aus Sicht des Kanzlers ist das ein „Missbrauch der Menschen mit türkischen Wurzeln, die in Europa leben“. Weiters ortete Kurz einmal mehr Versäumnisse in der Integrationspolitik und kündigte an, „ungesteuerte Zuwanderung“ künftig verhindern zu wollen.

Der türkische Botschafter hatte am Montag im Wiener Außenministerium erscheinen müssen. Man habe den Botschafter einbestellt, um klarzumachen, „dass es ein Ende haben muss, dass die Türkei versucht, auf die Menschen hier in Österreich Einfluss zu nehmen und diese auch für ihre Konflikte instrumentalisiert“, erklärte Kurz am Dienstag vor Journalisten. Dass die Türkei davon spreche, dass es Polizeigewalt gegen Austro-Türken gegeben habe, findet Kurz „unerträglich“, er könne dies nur „auf das Schärfste zurückweisen“.

„Ich erwarte mir nicht sonderlich viel Unterstützung“
Mit deeskalierenden Worten aus der Türkei rechnet Kurz nicht: „Ich erwarte mir nicht sonderlich viel Unterstützung aus der Türkei“, meinte er auf eine entsprechende Frage. „Weil ich genau weiß, was die Türkei hier versucht: Nämlich Türken in Europa dafür zu nutzen, um Unfrieden zu säen und da und dort vor allem für die eigenen Interessen der Türkei Stimmung zu machen.“ Aus seiner Sicht sei dies ein „Missbrauch der Menschen mit türkischen Wurzeln, die in Europa leben“.

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Wer ein Bedürfnis nach Straßenauseinandersetzungen hat, der soll das in der Türkei tun, aber in Österreich hat das keinen Platz.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Es empöre ihn, was hier mitten in Wien stattgefunden habe, betonte Kurz. „Menschen, die in Favoriten wohnen, wird ihre Heimat geraubt“, griff der Kanzler zu drastischen Worten. „Diese Konflikte, die werden aus der Türkei importiert“, kritisierte Kurz. „Wer ein Bedürfnis nach Straßenauseinandersetzungen hat, der soll das in der Türkei tun, aber in Österreich hat das keinen Platz.“

Elf Festnahmen nach Demo-Krawallen
Er habe den Innenminister gebeten, hier eine „Politik der Null-Toleranz“ zu verfolgen, sagte Kurz. Es gab elf Festnahmen, darunter ein mutmaßlicher Rädelsführer. Nun gelte es zu prüfen, „welche Kontakte und Stränge es hier zur Türkei und zu diversen türkischen Vereinen in Österreich gibt - und diese Verbindungen, die gilt es zu kappen“.

Kurz ortete in den Vorfällen ein Ergebnis von nicht funktionierender Integration, aber auch unbeschränkter Zuwanderung. Insofern sieht er auch seine Linie in der Migrationspolitik bestätigt.

„Wir werden das nicht dulden“
In der Vorwoche waren an mehreren Tagen Kurden-Kundgebungen in Wien-Favoriten von türkischen Ultranationalisten angegriffen worden. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen kurdischen und linken Demonstranten einerseits und türkischen Ultranationalisten - darunter Anhängern der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ - andererseits. Sieben Polizisten wurden verletzt. „Wir werden das nicht dulden“, bekräftigte Kurz.

Nehammer sieht Ankara am Zug
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte zuvor gesagt, dass es nun an Ankara sei, einen Schritt auf Österreich zuzumachen. „Es liegt auch ein Stück weit an der Türkei, den Weg der Deeskalation zu beschreiten“, sagte Nehammer am Dienstag nach dem Ministerrat. „Die Republik Österreich lässt es sich unter keinen Umständen gefallen, wenn in irgendeiner Weise versucht wird, Einfluss zu nehmen auf die österreichische Politik von außen“, betonte Nehammer. Man werde sich gegen jede Form der „Destabilisierung“ und „Instrumentalisierung“ von Vereinen wehren. Vorwürfen von türkischer Seite konterte er abermals, dass die Behörden in Österreich gegen alle verbotenen Symbole - auch jene der PKK - mit demselben Maß vorgehen würden.

„Mund-Nasen-Schutz schützt nicht vor Identifikation“
„Diese Form des Konflikts hat auf österreichischem Boden nichts zu suchen“, mahnte Nehammer einmal mehr. Man werde jeden Straftäter konsequent verfolgen. „Diejenigen, die glauben, dass ein Mund-Nasen-Schutz sie vor einer Identifikation bewahrt, die irren sich.“ Man verfüge über ausgezeichnetes Videomaterial, das gerade ausgewertet werde. So sei einer der mutmaßlichen Rädelsführer bereits identifiziert, nun würden die Hintergründe untersucht. Unter den Festgenommenen seien auch zwei türkische Staatsbürger, die unter anderem faustgroße Pflastersteine geworfen haben sollen - auch hier werde ermittelt.

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