Unterstützt General

Wird Libyen Putins zweites Syrien?

Ausland
08.04.2019 09:02

Angesichts der Offensive seines Rivalen Khalifa Haftar auf die libysche Hauptstadt Tripolis warnt der Chef der Einheitsregierung, Fajis al-Sarradsch vor einem „Krieg ohne Gewinner“. Der abtrünnige General, der seine Machtbasis im Osten des Bürgerkriegslandes hat und sich neben mehreren Milizen auch auf ausländische Hilfe verlassen kann, will nun offenbar seine Herrschaft auf das gesamte Land ausweiten (Das Video oben zeigt die Mobilisierung seiner Truppen.). Russland hat sehr großes Interesse an einem wieder geeinten nordafrikanischen Land mit Erdölvorkommen und strategisch wichtigen Häfen. Zwar hält der Kreml die Kanäle sowohl nach Tripolis als auch Bengasi offen, dennoch heißt es seit Monaten aus westlichen Geheimdienstquellen, dass Kremlchef Wladimir Putin eher auf Haftar setzt und auf einen ähnlichen Sieg wie in Syrien hofft.

Seit seinem Besuch in Moskau im Jahr 2017 wird Haftar eine Nähe zum Kreml nachgesagt. Auch wenn die russische Regierung betont, im derzeit tobenden Machtkampf keine der beiden Seiten zu unterstützen und eine „politische Lösung“ zu bevorzugen, gibt es seit dem Vorjahr laufend Berichte in britischen und US-Medien über die Errichtung von zwei russischen Militärbasen in Bengasi und Tobruk und die Stationierung von russischen privaten Militärdienstleistern. Dabei taucht oft der Name der berüchtigten Wagner Group auf. Mitarbeiter dieses Unternehmens sind auch in Syrien stationiert und unterstützen die russische Armee, die sich dort im Zuge der Unterstützung der Regierung von Präsident Bashar al-Assad dort festgesetzt hat.

Verdächtige russische Flugbewegungen
Der CNN-Auslandskorrespondent Nick Paton Walsh berichtete berichtete am Freitag über ihm vorliegende verdächtige Flugbewegungen russischer Militärflugzeuge im Mittelmeerraum. Aus den Daten, die ihm ukrainische Geheimdienstmitarbeiter gezeigt hätten, seien „Ankünfte“ russischer Söldner ableitbar. Haftars Truppen werden offenbar auch von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten unterstützt. So erklärte am Wochenende ein hochrangiger Offizier aus den Streitkräften der international anerkannten Regierung unter der Führung von Ministerpräsident Sarradsch gegenüber der arabischsprachigen Zeitung „Al Khaalej“, dass der abtrünnige General und seine Milizen auf Waffen der Saudis, der Ägypter und der Emirate zurückgreifen würden.

USA bestätigen Militärstationierung, ziehen aber Truppen ab
Aufgrund der dramatischen Sicherheitslage haben die USA einen Teil ihrer Truppen aus Libyen abgezogen (siehe Bilder und Tweet unten). „Wir beobachten die Situation, um beurteilen zu können, wann eine erneute Militärpräsenz möglich ist“, hieß es seitens des US-Afrika-Kommandos. Diese Stellungnahme war die erste Bestätigung dafür, dass US-Militärpersonal in Libyen stationiert ist. Über die Größe des Kontingents gab es aber keine Information. US-Außenminister Mike Pompeo rief wie bereits zuvor die Vereinten Nationen und die EU zur Deeskalation auf. „Diese einseitige Militäraktion gegen Tripolis gefährdet Zivilisten und untergräbt die Aussichten auf eine bessere Zukunft für alle Libyer“, erklärte Pompeo. Für den Konflikt gebe es keine militärische Lösung. Eine politische Lösung sei der einzige Weg, um das Land zu vereinen.

Waffenruhe-Aufruf von beiden Seiten ignoriert
Unterdessen gingen die Kämpfe zwischen Haftars Libyscher Nationalen Armee und den Streitkräften der Sarradsch-Regierung (siehe Karte unten) mit unverminderter Intensität weiter. Unter den Dutzenden Todesopfern, die bereits gezählt wurden, befinden sich laut dem Gesundheitsministerium in Tripolis auch Zivilisten.

Tausende Menschen fliehen vor Kämpfen
Ein Aufruf der UNO zu einer zweistündigen Waffenruhe wurde nicht befolgt. „Es hat keine Waffenruhe gegeben“, sagte ein Sprecher der UN-Mission in Libyen am Sonntag. Aus diesem Grund konnten bisher auch keine Helfer in die Kampfgebiete vordringen, um Zivilisten in Sicherheit zu bringen und Verletzte zu versorgen. Laut dem UNO-Büro für Menschenrechte sind vor den jüngsten Kämpfen bereits über 2000 Menschen geflohen.

Trotz der Gewalteskalation hofft die internationale Gemeinschaft, dass die seit Langem geplante Konferenz über die Zukunft des Bürgerkriegslandes, die von 14. bis 16. April in der westlibyschen Stadt Ghadames stattffinden soll, dennoch über die Bühne gehen wird. Dort soll ein Plan zur Vorbereitung von Wahlen in dem seit dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 zerrissenen Land verabredet werden.

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