Überstunden-Ausweitung

Großdemonstration gegen „Sklavengesetz“ in Ungarn

Ausland
08.12.2018 15:44

Eine Arbeitsgesetzreform der rechtskonservativen Regierung von Viktor Orban sorgt derzeit für Aufregung in Ungarn. Am Samstag sind Tausende Menschen durch Budapest gezogen, um gegen das „Sklavengesetz“, wie es vom ungarischen Gewerkschaftsbund MASZSZ genannt wird, zu protestieren. Die Polizei musste einschreiten, als einige Demonstranten den Kossuth-Platz vor dem Parlament stürmen wollten. Die Aktivisten wurden abgedrängt. In Anlehnung an die Proteste der „Gelben Westen“ in Frankreich traten einige Demonstranten ebenfalls in Warnwesten auf.

Nachdem die Verhandlungen mit der Regierung hinsichtlich der Modifizierung des Arbeitsgesetzbuches gescheitert waren, rief der Gewerkschaftsbund zu einem Aktionstag auf. Die Novelle sieht eine starke Ausweitung der erlaubten Überstunden vor. Der Demonstration hatten sich Gewerkschaften der Pädagogen, der Mitarbeiter im Gesundheitswesen, der Beamten sowie der Studenten angeschlossen.

Laut Organisatoren sollen sich Zehntausende Menschen vor dem Parlament eingefunden haben. „In Ungarn tragen wir die größte Last auf unseren Schultern und erhalten dafür den niedrigsten Lohn in Europa“, kritisierte der MASZSZ-Vorsitzende Laszlo Kordas in seiner Rede. Jetzt solle der „Ungar zu noch mehr Arbeit, zu Sklavenarbeit verpflichtet werden“.

Video: Teilnehmer der Demonstration versuchen, den Kossuth-Platz vor dem Parlament in Budapest zu stürmen

Kordas kündigte zugleich für den Montag Straßensperren im ganzen Land an und forderte die Regierung auf, das Gesetz umgehend zurückzuziehen. Kordas rief die Teilnehmer der Demonstration auf, aktiv zu werden: „Holt euch eure Rechte zurück. Die Regierung hat uns verraten und uns zu verstehen gegeben, dass sie uns im Kampf gegen das Kapital nicht unterstützt.“

Opposition sieht massiven Angriff auf Arbeitnehmer
Mittels der Modifizierung des Arbeitsgesetzbuches sollen die Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, die Zahl der gesetzlich zugelassenen Überstunden massiv auszuweiten - von den bisherigen 250 auf 400 im Jahr. Auch der Zeitrahmen für die Bezahlung der Überstunden soll von einem auf drei Jahre ausgeweitet werden. Gewerkschaften und die Opposition werfen der Regierung vor, mit der geplanten Novelle die Arbeitnehmer wehrloser zu machen, multinationalen Firmen und damit internationalen Geschäftsinteressen zu dienen.

Niederlande: „Gelbe Westen“ fordern Austritt aus der EU
Während in Budapest nur vereinzelt „Gelbe Westen“ gesichtet wurden, versammelten sich in den Niederlanden und Belgien, wo es ebenfalls seit Wochen brodelt, Hunderte Menschen in mehreren Großstädten, um gegen ihre Regierungen und für mehr soziale Gerechtigkeit zu protestieren. Die meisten Teilnehmer trugen die aus Frankreich bekannten Warnwesten. Neben dem Rücktritt der Regierung des rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte forderten Teilnehmer in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam den Austritt aus der EU, ein niedrigeres Pensionsalter sowie die Aufhebung von Umweltschutzmaßnahmen, wie die Amsterdamer Zeitung „Het Parool“ berichtete. In Den Haag hatten Polizisten als Vorsichtsmaßnahme den Regierungssitz abgeriegelt. Demonstrationen waren auch in Maastricht, Eindhoven und Groningen angekündigt worden.

Tränengaseinsatz in Brüssel
In der belgischen Hauptstadt Brüssel kam es am Rande einer Kundgebung der „Gelben Westen“ zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Rund 500 Demonstranten seien bis vor die EU-Gebäude der Stadt gezogen, die von der Polizei abgeriegelt worden seien, berichtete die Nachrichtenagentur Belga am Samstag. Einem kleinen Teil der Gruppe sei es gelungen, die Barrikade zu durchbrechen. Dabei seien Flaschen und ein Wegweiser auf Polizisten geworfen worden. Diese hätten mit Tränengas reagiert. Nach Festnahmen habe sich die Lage aber schnell beruhigt, erklärte eine Polizeisprecherin.

Zeitgleich besetzten mehrere Hundert „Gelbwesten“ einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt im Brüsseler EU-Viertel. Die Polizei ging laut den Angaben mit Wasserwerfern gegen die Straßenbesetzer vor. Rund hundert Menschen wurden festgenommen.

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