Assad gegen Rebellen
Idlib vor Rückeroberung: „Nicht der letzte Kampf“
Die Rückeroberung der letzten Rebellenbastion in der syrischen Provinz Idlib steht bevor. Ein Ende der Revolution bedeutet das noch nicht.
Die Verbindung bricht immer wieder ab. Aber irgendwie geht es dann doch. Schließlich telefoniert man nicht nach Haag am Hausruck, sondern in die syrische Provinz Idlib.
Bilder der Rebellengruppen gehen um die Welt
Idlib. Fast drei Millionen Menschen leben dort. Es ist der letzte Rückzugsort der Rebellengruppen gegen Syriens Diktator Bashar al-Assad. Bilder, wie sie sich auf den bevorstehenden Angriff der syrischen Regierungstruppen und ihrer iranischen und russischen Alliierten vorbereiten, gehen um die Welt. Es ist Propaganda. Und eine Warnung. „Die Revolution wird erst vorbei sein, wenn wir freie Wahlen, demokratische Strukturen und einen Systemwechsel haben“, sagte Yasser Al Haji im Telefongespräch mit der „Krone“. Al Haji kommt aus der Stadt Marea, unweit von Aleppo. Der ehemalige Zweitliga-Kicker ist nun Chef des Amtes für auswärtige Angelegenheiten der syrischen Exilregierung.
Russland ist längst Herr im Hause Assad
Von einem „finalen Kampf“ hier in Idlib will er nichts wissen. „Es wird nicht der letzte Kampf sein.“ Die Entscheidung darüber obliege aber weder ihm noch Assad. Wladimir Putin werde entscheiden, was passiert. „Aber“, ist sich Al Haji sicher, „bis 7. September passiert nichts.“ Dann treffen die Türkei, Iran und Russland zu einem Syrien-Gipfel in Teheran zusammen. Ein Zeichen, wer im Land das Sagen hat.
Das syrische Militär ist schwach, meint Al Haji. Assad sei längst nicht mehr Herr im Hause. Im Hafen von Latakia hat Russland die größte Marine-Armada im Syrienkrieg seit 2015 zusammengezogen. Der Luftwaffenstützpunkt in Aleppo ist in der Hand der iranischen Milizen. Dort sei kein syrischer Soldat mehr.
Humanitäre Katastrophe droht
In Idlib haben sich unterschiedlichen Quellen zufolge 70.000 Kämpfer zusammengezogen. Al Haji schätzt sie auf 30.000, davon 10.000 von der dschihadistischen Gruppierung Hayat Tahrir al-Scham. Ihr Nachteil: Sie stehen für sich. Es gibt kein gemeinsames Kommando, keine Koordination. Am Boden könnten sie dem Angriff standhalten, mein Al Haji. Gegen die Flächenbombardements der russischen Luftwaffe und den Einsatz chemischer Waffen sind sie machtlos. Dann droht eine humanitäre Katastrophe. Die Türkei hat bereits Truppen an der Grenze zu Syrien postiert. Flucht kommt für Yasser Al Haji aber nicht infrage. Egal, was passiert. „Für mich wird es hier immer etwas zu tun geben.“ Bis zum letzten Kampf.
Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung
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