Forum Alpbach

Keine Schönrederei: “Teile der Welt aus Fugen”

Tirol
22.08.2016 19:06

Von rosaroten Sonntagsreden haben die Bürger genug. Dies schienen die Politiker auch beim sonntäglichen Tirol Tag - der offiziellen Eröffnung des Forum Alpbach - erkannt zu haben. "Teile der Welt sind aus den Fugen geraten", brachte es Alpbachs Bürgermeister Markus Bischofer auf den Punkt. Einfache Lösungen, so stimmten alle Redner ein, gebe es nicht. Schon gar nicht Nationalismus.

Die Zeichen der Zeit stehen auf Sturm. Darüber wollen sich viele Politiker gar nicht mehr länger hinwegschwindeln. Und so fielen beim traditionellen Aufmarsch am Dorfplatz mit Schützen und Musikkapelle deutlichere Worte denn je. "Hier in Alpbach", meinte LH Günther Platter mit Blick auf die blumengeschmückten Balkone, "haben wir das Privileg einer beschaulichen Welt, doch die Probleme ringsherum sind riesengroß".

Von Syrien-Krieg bis Brexit

Platter nannte dabei Syrien-Krieg, Terrorismus, Flüchtlingsströme, Brexit und einen aufkeimenden Nationalismus, der von vielen als vermeintlich "einfache" Lösung gesehen werde. Für die 5000 Forum-Teilnehmer gibt es bis zum 2. September jedenfalls genug brisanten Stoff. Platter ortet den Verlust der Mitte in der Diskussion, Radikalität von links und rechts sei Besorgnis erregend im Vormarsch. Und die europäische Politik reagiere nicht immer geschickt: "Europa muss sich die großen Dinge kümmern, nicht um Duschköpfe", man müsse die Menschen in den Regionen atmen lassen. Ob solche Appelle aus Alpbach in Europa gehört werden? Man darf hoffen - und auch zweifeln.

Nationale Egoismen drohen

Platters Amtskollegen Arno Kompatscher (Südtirol) und Ugo Rossi (Trentino) warnten davor, den historischen Fehler der nationalen Egoismen zu wiederholen. Das Jahr 1989, so Kompatscher, sei keineswegs in einer Demokratisierung der Welt gemündet. Im Gegenteil: Die Probleme seien komplexer denn jemals zuvor. Manches (Nahverkehr, Bildung, Forschung) lasse sich aber in der Europaregion lösen.

Aufklärung in vielen Ländern abgelehnt

Forum-Präsident Franz Fischler ging zum Schluss auf das heurige Generalthema "Neue Aufklärung" ein. Mit dem Fazit, dass die Grundsätze "in weiten Teilen der Welt in Frage gestellt oder abgelehnt" werden. Bei den Zuhörern stießen diese realistischen Bestandsaufnahmen auf Lob: "Die Herren haben erkannt, dass ewiges Beschönigen niemand mehr glaubt", merkte ein einheimischer Trachtenträger schelmisch an.

Flüchtlings-Petition an Juncker übergeben

Ein Hilfeschrei der drei Landeshauptleute: Günther Platter und seine Amtskollegen Arno Kompatscher (Südtirol) und Ugo Rossi (Trentino) übergaben bei der Forum- und Congress-Eröffnung in Alpbach eine Flüchtlingspetition an den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker.Platter & Co. appellieren, dass die EU-Außengrenzen abgesichert, die Flüchtlinge in der EU verteilt und Italien im Ansturm nicht allein gelassen werden dürfe. Juncker blieb unaufgeregt und relativierte: "Die Flüchtlingskrise ist zuerst ein Drama für die echten Flüchtlinge." Und: Terroristen seien meist nicht als Flüchtlinge gekommen, sondern in unseren Gesellschaften groß geworden. Im Scherz, aber wohl nicht ohne Sarkasmus, nannte er die drei Politiker "Landesmuftis" - Beifall, Gelächter, das saß!

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