"Rebecca" in NYC

Filmreifer Betrug um Wiener Musical-Hit am Broadway

Österreich
16.10.2012 14:54
Es wäre eine tolle Werbung für die Musical-Stadt Wien: Das 2006 am Raimundtheater uraufgeführte Hitchcock-Epos "Rebecca" soll auf den New Yorker Broadway exportiert werden. Binnen weniger Wochen ist aus plötzlichen Finanzierungsschwierigkeiten nun aber ein haarsträubender Betrugs-Krimi geworden. Ein ehemaliger Broker wurde am Montag in New York verhaftet, er soll den US-Produzenten des Musicals Zehntausende Dollar abgeknöpft haben. Seine Investoren haben sich in Luft aufgelöst, einen ließ der fantasiereiche Betrüger sogar an Malaria sterben.

Für den 46 Jahre alten Börsenmakler Mark Hotton klickten am Montag in Long Island die Handschellen. Ihm werden mehrere groß angelegte Betrügereien vorgeworfen, darunter die Täuschung der amerikanischen Theaterproduzenten, die 2008 in Wien feierlich einen Export-Vertrag für "Rebecca" unterschrieben hatten. Die Vereinigten Bühnen Wien hängen mit einer Investition von rund 380.000 Euro in der Lizenzproduktion, die im November am Broadhurst Theatre in New York starten hätte sollen. Man versuche das Stück doch noch auf die Bühne zu bringen bzw. das Geld zurückzubekommen, heißt es.

Betrüger log seinen Opfern das Blaue vom Himmel
Ende September hatten sich Vertreter der VBW noch schockiert gezeigt über die Nachricht vom plötzlichen Ableben eines der Investoren in die fast zehn Millionen Euro teure Musical-Produktion. Der Geldgeber namens Paul Abrams sei an Malaria gestorben. Wenige Tage später hieß es, die Premiere sei vorerst geplatzt, weil neue Investoren durch "verleumderische E-Mails" abgehalten wurden. Für die "New York Times", die in ihrem neuesten Bericht über das Musical den mutmaßlichen Betrugsskandal enthüllt, war damals schon etwas faul an der Sache. Die New Yorker Theaterproduzenten mussten nämlich zugeben, dass sie Abrams nie getroffen hatten.

Dabei waren von den 60.000 Dollar, die sie Hotton aus ihrer Privatkassa als Vorschuss für seine Vermittlung von 4,5 Millionen Dollar Investorengeld bezahlt hatten, mehr als 18.000 Dollar für eine "Afrika-Safari" reserviert, mit der Hotton vorgab, Abrams geködert zu haben, berichtet die "NYT". "Mark Hotton hat seinen Opfern auf und abseits des Broadway das Blaue vom Himmel gelogen", wird der zuständige Staatsanwalt von Manhattan in der Zeitung zitiert.

Neben den Theaterleuten, die mit 60.000 Dollar, einem angekratzten Image und einem Bündel gebrochener Versprechen noch "billig" davonkamen, soll Hotton in Manhattan einer Immobilienfirma 750.000 Dollar Schaden zugefügt haben und in Long Island über eine Phantomfirma mehrere Geschäftspartner mit gefälschten Schuldscheinen um insgesamt 3,7 Millionen Dollar erleichtert haben. Aus seiner gescheiterten Karriere als Aktienbroker werfen ihm ehemalige Kunden Millionenschäden vor. Für zwei Betrüge wird er nun angeklagt, bei einer Verurteilung drohen bis zu 40 Jahre Haft.

Verzweifelte Produzenten glaubten an Geldgeber-Phantome
Die "Rebecca"-Produzenten Ben Sprecher und Louise Forlenza stünden nun vor immensen Finanzproblemen, schreibt die "NYT". Die Theaterleute hätten sechs Millionen Dollar in die Produktion investiert, darunter Gelder von europäischen Investoren inklusive der VWB, und weitere acht Millionen an Krediten aufgenommen. Wird das Musical nicht aufgeführt, haften sie persönlich.

Die Produzenten hatten den Broadway-Start schon vor einem Jahr wegen Investoren-Schwierigkeiten verschieben müssen. Just in dieser Zeit kam Hotton auf sie zu, gerierte sich als Retter in der Not mit Kontakten zu potenten Investoren - und die Theaterleute gingen ihm auf den Leim. In ihrer Verzweiflung gestanden sie ihm sogar eine Provision von acht Prozent der aufgetriebenen Gelder zu. Die Produktion schien gerettet, als Hotton mit vier ausländischen Investoren winkte. Ebenso wie der mysteriöse Paul Abrams, der später den tragischen Malaria-Tod sterben durfte, waren aber auch die anderen drei vermeintlichen Geldgeber, denen Hotton die Namen "Roger Thomas", "Julian Spencer" und "Walter Timmons" gab, nur Phantome. Bis auf eine unbekannte Frau, die Hotton bei einem Treffen als Abrams' Nichte vorstellte, haben die beiden Theaterleute nie einen der Geldgeber getroffen.

Sprechers Anwalt zeigte sich "sehr erleichtert", dass Hotton jetzt in Untersuchungshaft sitzt. "Dieser Betrug hat dem Broadway extrem geschadet, aber mein Mandant wird weiterhin alles daransetzen, 'Rebecca' auf die Bühne zu bringen", heißt es in der "NYT". Auch die FBI-Ermittlerin in dem Fall gibt sich zuversichtlich: "Für eine gelungene Bühnendarstellung bekommt man einen Tony-Award, für den gelungenen Betrug von Broadway-Geldgebern eine Haftstrafe."

500.000 sahen "Rebecca" in Wien
Inhaltlich wurde das Musical "Rebecca" nach dem Film von Alfred Hitchcock und dem Roman Daphne du Mariers übrigens in hohe Sphären gelobt. Seine Uraufführung erlebte das Stück im Jahr 2006 im Wiener Raimundtheater (Bild) und zählte in Wien mehr als 500.000 Besucher. Vor dem Broadway-Vorhaben wurde die Show erfolgreich nach Japan, Deutschland, Ungarn und Finnland verkauft. Für die Vereinigten Bühnen war es das erste Mal, dass sie in den Export einer Produktion selbst investierten. Sollte "Rebecca" am Broadway definitiv scheitern, will man sich das Geld notfalls auch mit der Einverleibung von bereits angeschaffter Ausstattung zurückholen.

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