Immer noch Verstöße

Walfangtagung stellt das Verbot auf den Prüfstand

Tierecke
20.10.2016 10:19

Von 24. bis 28. Oktober 2016 tagt in Portoro, Slowenien, die Internationale Walfangkommission (IWC). Die Vorverhandlungen beginnen bereits am 20. Oktober. 2016 ist das Walfangmoratorium genau seit 30 Jahren in Kraft; es hat in dieser Zeit Hunderttausenden Walen das Leben gerettet.

Vor Ort setzt sich OceanCare dafür ein, dass das Moratorium, eine der größten Errungenschaften im Artenschutz, nicht weiter untergraben wird. OceanCare kritisiert überdies, dass der in europäischen Gewässern eskalierende kommerzielle Walfang nicht auf der Agenda der IWC-Konferenz steht.

Verschiedene Schwerpunkte auf der Agenda
Schwerpunkte der Tagung sind die Fortsetzung des wissenschaftlichen Walfangs unter Missachtung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes sowie die mögliche Einrichtung eines großen Walschutzgebietes im Südatlantik. Positiv bewertet OceanCare, dass sich die IWC vermehrt globalen Gefahren widmet und Maßnahmen zum Schutz aller Wale anstrebt.

Hunderttausende Wale leben dank Abkommen
Das Internationale Übereinkommen zur Regulierung des Walfangs (ICRW) wurde vor 70 Jahren unterzeichnet. Sein wichtigster Erfolg, das Verbot des kommerziellen Walfangs, besteht seit genau 30 Jahren und hat Hunderttausenden Walen das Leben gerettet. "Es handelt sich um eine der größten Errungenschaften der weltweiten Artenschutzbewegung", sagt Nicolas Entrup, der zusammen mit Fabienne McLellan für OceanCare an der IWC-Tagung teilnimmt.

Drei Länder unterwandern das Verbot
Doch Feierstimmung kommt nicht auf, solange drei Walfangländer dieses Verbot unterwandern: Während Japan und Island auf diplomatischer Ebene ebenso hart kritisiert wurden wie in den Medien, wurde öffentlich kaum zur Kenntnis genommen, dass Norwegen sich inzwischen zum größten Walfangland der Welt entwickelt hat. Derzeit werden in europäischen Gewässern durch Norwegen und Island mehr Großwale getötet als in der übrigen Welt. "Der eskalierende Walfang in Europa fehlt leider auf der offiziellen Tagesordnung der IWC-Konferenz", bemängelt Entrup.

Europa in der Pflicht
In unmittelbarer Nachbarschaft zur EU betreiben Norwegen und Island bis heute ganz offen kommerziellen Walfang und ignorieren systematisch das Moratorium der IWC und das CITES-Handelsverbot für Walprodukte. Aktuelle Exportzahlen belegen, dass beide Länder ihren Walfleisch-Handel mit Japan weiter ausbauen. Die letzte offizielle Verurteilung norwegischer Walfangaktivitäten durch die IWC liegt fünfzehn Jahre zurück. "Es braucht eine Strategie der Walschutzstaaten, allen voran der EU, um die europäischen Nachbarstaaten von der Abkehr der Walfangaktivitäten zu überzeugen", sagt Entrup, der seit sechzehn Jahren an den IWC-Tagungen teilnimmt.

Japans "wissenschaftlicher" Walfang bleibt ein heißes Eisen
Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat 2014 Japans Walfang in der Antarktis wegen fehlender Wissenschaftlichkeit verurteilt und die Regierung des Landes aufgefordert, dieses Programm einzustellen. Künftig will Japan den so genannten "Wissenschaftswalfang" in der Antarktis lediglich reduzieren. Die Frage, was als "wissenschaftlich" einzustufen ist, wird regelmäßig heftig debattiert.

Wissenschaftlichkeit sollte geprüft werden
"Es braucht einen transparentes, international anerkanntes Prozedere zur Prüfung der Wissenschaftlichkeit beim japanischen Walfangprogramm", sagt Fabienne McLellan, die bei OceanCare für die internationale Zusammenarbeit verantwortlich ist. "In der vorliegenden Form stellt Japans neues Forschungsprogramm einen klaren Verstoß gegen das IGH-Urteil dar", fügt sie hinzu. "Das gilt ebenso für die in der IWC verabschiedeten Auflagen zum wissenschaftlichen Walfang." Australien und Neuseeland haben Initiativen zur Klärung dieser Frage angekündigt.

Küstenwalfang - Walfang zur Nahrungssicherung
Japan drängt die IWC seit Jahren, den Walfang im Nordwestpazifik zu legalisieren und diesen als neue Kategorie "Küstenwalfang" anzuerkennen - unter dem Vorwand, Küstengemeinden seien dringend auf Nahrung aus dem Meer angewiesen, wollen die Japaner den Walfang zur Nahrungssicherung legitimieren lassen. Bislang ist Japan mit dieser Argumentation regelmäßig gescheitert, ein neuer Vorstoß in diese Richtung ist allerdings auch dieses Jahr zu erwarten.

"Walschutz darf nicht zum Tauschhandel verkommen"
Aus einem im Juni 2016 erschienenen Interview mit Joji Morishita, Kommissär von Japan, Vize-Vorsitzender der IWC und designierter Kandidat für den Vorsitz der IWC-Tagung für die nächsten zwei Jahre, geht hervor, dass Japan unter Umständen gar bereit ist, als Gegenleistung für eine Anerkennung des Küstenwalfangs den umstrittenen Wissenschaftswalfang in der Antarktis einzustellen. Faktisch wäre der Fang von Walen in den eigenen Küstengewässern eine Form von kommerziellem Walfang, der seit 1986 verboten ist. Eine Entwicklung, die das Walfangmoratorium grundlegend untergraben könnte. "Die Frage über die Zukunft des Walschutzes darf nicht zum Tauschhandel verkommen", kommentiert McLellan.

Ein Walschutzgebiet im Südatlantik
Erneut unternimmt der Block lateinamerikanischer Staaten - allen voran Argentinien, Brasilien und Uruguay - in Kooperation mit den afrikanischen Staaten Gabun und Südafrika einen Vorstoß zur Einrichtung eines Walschutzgebietes im Südatlantik. Der Vorschlag fasst in einem ausführlichen Managementplan sämtliche Gefahren für Wale zusammen. Findet er Zustimmung, handelt es sich nach der Antarktis und dem Indischen Ozean um das dritte Walschutzgebiet, das durch die IWC eingerichtet wurde. "Die Kooperation zwischen Ländern auf beiden Seiten des südlichen Atlantiks im Interesse des Walschutzes muss unbedingt gefördert werden", sagt McLellan. "Der Vorschlag für ein Walschutzgebiet bietet dazu die perfekte Gelegenheit."

Globale Gefahren - auch für Kleinwale - auf der Agenda
Obwohl Delphine und Kleinwale bislang nicht unter dem Schutz der IWC stehen, befasst sich das Gremium auch mit den zahlreichen Umweltgefahren für Gross- und Kleinwale: Unterwasserlärm, Vermüllung der Meere, Klimaerwärmung sowie Schiffskollisionen und Beifang. Im weiteren begrüßt OceanCare das Bestreben, schonendere Tötungsmethoden für Wale zu suchen. Auch damit kann die IWC-Tagung entscheidend zum Wohl der Tiere beitragen.

"Potential für eine Erfolgsstory"
Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, fasst zusammen: "Eine langfristige Absicherung des kommerziellen Walfangverbotes erlaubt es der IWC, sich selbst zu reformieren, und den Herausforderungen des Walschutzes im 21. Jahrhundert gerecht zu werden. Von der intensiven Bejagung der weltweiten Walbestände in der Nachkriegszeit hin zu einem modernen Schutzinstrument für die Meeresriesen - diese Entwicklung hat das Potential für eine richtige Erfolgsstory."

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