Derzeit können elektrische Zigaretten noch frei verkauft werden. Die E-Zigaretten-Händler kritisieren die Novelle scharf und fühlen sich "wirtschaftlich ruiniert": Diese Form der Zigaretten sei mit herkömmlichen Tabakzigaretten nicht vergleichbar. Die Funktionsweise sei grundlegend verschieden, einige "Liquids" würden zudem gar kein Nikotin beinhalten. Die "Monopolisierung" des Verkaufsweges verletze den Gleichheitsgrundsatz, weil es unsachlich sei, hier keinen Unterschied zu machen. Außerdem werden mangelnde Übergangsfristen kritisiert.
Bei E-Zigaretten wird eine Flüssigkeit ("Liquid") zum Verdampfen gebracht. Die entstehende (nikotinhaltige) Luft wird inhaliert oder gepafft. Im Gegensatz zur normalen Zigarette findet keine Verbrennung statt, bei der Kohlenmonoxid, Reizgase und Teerstoffe entstehen.
"Katastrophal, wenn man Ex-Raucher in Trafiken schickt"
Thomas Baburek, E-Zigarettenhändler im niederösterreichischen Hirtenberg, hat stellvertretend für mehrere Händler einen Individualantrag beim VfGH eingebracht. Das neue Tabakmonopolgesetz, das schon seit Jahresbeginn in Kraft ist, greife in die Eigentumsrechte der E-Zigarettenhändler ein und beschränke die freie Erwerbsbetätigung, argumentierte sein Anwalt Kamen Sirakov, Partner bei Oberhammer Rechtsanwälte GmbH, vor dem VfGH. Viele Händler hätten hohe Investitionen getätigt. Auch der Gleichheitsgrundsatz werde verletzt. Es wäre "katastrophal, wenn man ehemalige Raucher wieder in die Trafiken schickt", so der Anwalt der E-Zigarettenhändler vor dem VfGH. Er zog einen dramatischen Vergleich: Das Methadonprogramm werde auch nicht von Dealern abgewickelt.
Der Grazer Uni-Professor und Pharmakologe Bernhard-Michael Mayer bestätigte E-Zigaretten "eine gesundheitlich unbedenkliche" Wirkung nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft. Mayer war als Auskunftsperson der E-Zigarettenhändler am Mittwoch am VfGH anwesend und referierte einige Studien zu E-Zigaretten. Diese seien demnach bedeutend weniger schädlich als normale Zigaretten.
Ministerium: "Kein harmloser Wasserdampf"
Der stellvertretende Sektionsleiter im Gesundheitsministerium, Franz Pietsch, wollte hingegen vor dem VfGH die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Mayer nicht gelten lassen. Nichtraucher und Jugendliche sollten durch E-Zigaretten "gar nicht zum Einstieg" motiviert werden und "ein Raucherritual einlernen". Es gebe keine wissenschaftlich belegte Unbedenklichkeit von E-Zigaretten. "Im Dampf von E-Zigaretten ist ein Chemikaliengemisch", so Pietsch. Es handle sich "nicht um einen harmlosen Wasserdampf". Risiken zu E-Zigaretten könnten insgesamt nicht ausgeschlossen werden. Das Tabakmonopol biete dem Gesetzgeber "eine Sofortmaßnahme" mit Sanktionsmöglichkeiten.
Wenn es sich möglicherweise bei E-Zigaretten um ein medizinisches Produkt handle, warum werde dann der Vertrieb nicht über Apotheken geregelt, wollte ein VfGH-Richter wissen. Die Lage sei "sehr komplex", weil nicht alle Produkte bekannt seien, sagte Pietsch. "Es wird prophylaktisch der Vertriebsweg über die Trafiken vorgesehen."
VfGH-Richterin Ingrid Siess-Scherz äußerte Unbehagen, dass man eine Novelle mit kurzer Übergangsfrist beschließe, "wenn man noch nicht alles weiß". Richterin Sieglinde Gahleitner vermisste Indizien, dass E-Zigaretten "signifikant oder wesentlich gefährlicher" seien.
Entscheidung in den nächsten Wochen
Der VfGH-Präsident Gerhart Holzinger beruhigte beide Seiten, dass alle Argumente gehört würden und dann entschieden werde. Der VfGH wird die Causa nun weiter beraten. Eine Entscheidung soll in den nächsten Wochen schriftlich oder mündlich erfolgen.
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