Interview mit Alyzah

„Ich sehe nicht nur gut aus, ich habe auch Talent“

Pop-Rock
16.12.2025 06:00

Rapperin und Sängerin Alyzah hat kürzlich ihre zweite EP „Juice“ veröffentlicht. Die Frankfurterin mit philippinischen sowie spanisch-italienischen Wurzeln verbindet lässige Rap-Lines mit souligem Gesang. Im „Krone“-Talk spricht sie über ihre Liebe zu den 90ern und 2000ern – und darüber, warum sich Frauen im Deutschrap oft doppelt beweisen müssen.

kmm

Sie nennt sich wegen ihrer langen schwarzen Haarpracht selbst „Deutschrap-Pocahontas“: Alyzah ist Rapperin und Sängerin aus Frankfurt und gehört zu einer neuen Generation urbaner Künstlerinnen, die Haltung zeigen und musikalisch offen bleiben. Geprägt von ihrem multikulturellen Background und einer markanten Stimme, bewegt sie sich zwischen Rap, R&B und Soul. Wie stark das klingt, zeigt ihr aktueller Track „Hassliebe 2“, den sie gemeinsam mit Musiker Curse veröffentlicht hat. Kürzlich tourte sie mit dem „Wahre Liebe“-Interpreten durch Deutschland – wir erwischten Alyzah einen Tag nach ihrem München-Auftritt entspannt auf der Couch zum Zoom-Talk und sie erzählte uns auch, warum sie ihren Karriereweg eng mit Rap-Legende The Notorious B.I.G. verbindet.

„Krone“: Für alle, die dich gerade erst entdecken: Erzähl mal, wie du dich selbst als Künstlerin beschreiben würdest?
Alyzah: Also, ich mache Hip-Hop, R&B, Soul und Rap auf Deutsch - mit einigen spanischen Elementen. Mein Sound ist stark von den 90ern und 2000ern geprägt – Die „Golden Era“ des Hip-Hop. 

Du nennst dich „Deutschrap-Pocahontas“. Was bedeutet dieser Name für dich?
Das ist mein Spitzname. Er kommt von meinen langen Haaren, meinem Aussehen und auch von meiner Inspiration durch Disneys „Pocahontas“ – vor allem aus meiner Kindheit. Ursprünglich war das einfach eine Line in einem Song, die ich öfter benutzt habe. Ich habe mir dabei anfangs gar nicht viel gedacht, aber irgendwann hat sich das etabliert. Die Leute haben angefangen, mich so zu nennen – und dann habe ich gemerkt: Okay, das ist jetzt einfach ein Teil von mir (lacht).

Alyzah: „Meine Musik soll zum Tanzen bringen, aber auch Mut machen.“ Die Frankfurter Rapperin ...
Alyzah: „Meine Musik soll zum Tanzen bringen, aber auch Mut machen.“ Die Frankfurter Rapperin und Sängerin veröffentlichte kürzlich ihre zweite EP „Juice“.(Bild: Coup Design)

Du bist Rapperin und Sängerin zugleich. Wie findest du die Balance zwischen diesen beiden Seiten? 
Ich liebe es, dass ich beides machen kann und mich nicht limitieren muss - weder auf eine Range noch auf einen bestimmten Sound oder nur eine Art von Vocals. Ich bin stark von den 90ern und 2000ern beeinflusst und die größten Hip-Hop-Hits aus den USA waren fast immer gerappte Songs mit einer starken Hook. Ob Busta Rhymes mit Mariah Carey oder Biggie mit Faith Evans – es gab immer diese Mischung.
Ich brauche also nicht mal ein Feature, ich mache das Feature einfach mit mir selbst. Dadurch kann ich mich viel breiter ausdrücken, mehr Seiten zeigen und habe viel mehr Spielraum. Ich bin sehr dankbar für dieses Geschenk.

Was sollen die Menschen fühlen, wenn sie deine Musik hören?
In erster Linie sollen sie Spaß haben. Jeder soll das fühlen, was er oder sie gerade braucht. Für mich ist Musik Ablenkung, Abschalten, einfach mal loslassen. Klar, es gibt auch Musik für schwere Zeiten, aber bei mir geht es viel um Empowerment, vor allem für Frauen. Ich möchte, dass sie sich stark fühlen, schön fühlen, sich denken: „Wenn sie das kann, kann ich das auch“. Meine Musik soll zum Tanzen bringen, aber auch Mut machen. Ich hoffe, dass die Leute sich darin wiederfinden.

Acht Fakten über „Deutschrap-Pocahontas“ Alyzah

  • Eine Stadt, die mich inspiriert, ist ...
    ... New York. 
  • Eine Sache oder eine Person, die mich zum Lachen bringt, ist ...
    ... meine Freundin Daisy. Sie ist unfassbar lustig.
  • Mein verstecktes Talent ist ...
    ... Humor. Ich finde mich selbst sehr lustig.
  • Im Studio esse ich immer ...
    ... ein Frikadellenbrötchen von Kaufland. Schnell, warm und perfekt (lacht)
  • Diese Serie liebe ich ...
    „The Big Bang Theory“. Die lief immer im Fernsehen und hat mich nach der Arbeit runtergebracht.
  • Meine persönliche „Red Flag“?
    Pünktlichkeit (lacht). Ich bin selber unpünktlich.
  • Ich wäre gerne einen Tag lang ...
    ... ein Mann.
  • Wenn ich ein Geräusch wäre ...
    ... wäre ich ein Wasserfall. 

Wie bist du zur Musik gekommen? Es heißt, ein Song von Biggie – „One More Chance“ – spielte dabei eine Rolle ...
Ja, das ist eine lustige Geschichte. Es war an einem Todestag von Biggie - nicht 1997, sondern viele Jahre später. Ich war allein in meinem Zimmer und sentimental, habe Kerzen angemacht und das Instrumental von „One More Chance“ abgespielt. Ich habe die Hook gesungen und mich dabei aufgenommen und es dann spontan in meine Instagram-Story gepostet. Ein Produzent, der früher mein Schulkamerad war, hat das gesehen und mir geschrieben: „Coole Stimme, komm doch mal ins Studio“. Ich habe dann auch überraschend viel positives Feedback bekommen. Ohne diesen Moment hätte ich Musik vielleicht immer nur für mich gemacht.

Wer hat dich denn musikalisch geprägt – und mit wem würdest du heute gerne zusammenarbeiten?
Mich haben viele geprägt. Unter anderem die 90er, aber auch der Deutschrap. Bushido, Sido – und ganz besonders Schwesta Ewa. Sie war für mich frischer Wind, weil dieses harte Auftreten sonst fast nur von Männern kam. Sie hat das kompromisslos gemacht, kam aus Frankfurt und war einfach real.
International haben mich Künstlerinnen wie Foxy Brown geprägt und Alicia Keys wegen des Soul. Mein absolutes Traumfeature ist ganz klar Schwesta Ewa, das ist ein echter Herzenswunsch.

Viele Künstler haben auf ihrem Weg einige Hürden erlebt, wie sieht es bei dir aus?
Ja, wie das Leben halt so spielt ...
Wenn man mit Musik anfängt, verdient man erst mal kein Geld. Man muss trotzdem leben, essen, Rechnungen zahlen – und gleichzeitig an seiner Leidenschaft festhalten. Auch familiär war es nicht immer leicht. Meine Mutter ist Filipina und hätte sich einen sicheren Weg für mich gewünscht: Studium, Anwältin, Ärztin. Sie hat mich nie aufgehalten, aber die Gespräche waren mental nicht einfach. 

Du hast vor kurzem deine zweite EP „JUICE“ veröffentlicht. Was bedeutet dieser Titel für dich?
„Juice“ steht für meinen Flavour – meine Nuance, meinen Style, meine Attitütde. Es ist eine Flex-EP und eine Spaß-EP. Ich wollte genau die Songs machen, die ich immer machen wollte.
Meine vorherige EP hieß „Natural“. Wenn man beides zusammennimmt – „Natural Juice“ – beschreibt mich das ziemlich gut (lacht)

Du hast für deine EP mit dem Produzenten Koolade gearbeitet, der unter anderem auch mit Rappern wie Ghostface Killah gearbeitet hat. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?
Über meinen Manager Sunny Business, der selbst Musiker ist. Er kannte Koolade schon lange und meinte, er würde perfekt zu meinem Sound passen. Wir haben uns dann kennengelernt, es hat menschlich sofort gepasst.
Ich war dieses Jahr sogar zum ersten Mal bei ihm in Zagreb. Die Zusammenarbeit lief so gut, dass ich sie mir inzwischen kaum mehr ohne ihn vorstellen kann.

Wie erlebst du die Deutschrap-Szene aktuell? Glaubst du, muss man sich als Frau im mehr durchsetzen?
Auf jeden Fall. Wie in vielen anderen Branchen muss man sich als Frau im Rap immer doppelt beweisen, um ernst genommen zu werden. Es wird meist zuerst aufs Aussehen geschaut. Wenn eine Frau gut aussieht, denken viele direkt: „Okay, sie hat nur Erfolg, weil sie gut aussieht“.
Und da muss man erst mal aus diesem Schatten raus und klar sagen: „Ich habe auch Talent – ich sehe nicht nur gut aus“.
Dazu kommt oft, dass es die Absegnung eines Mannes braucht, damit eine Frau wirklich ernst genommen wird. Dass erst ein Rapper sagt: „Ey, die ist krass“, damit andere überhaupt anfangen hinzuhören. Klar, Deutschrap ist immer noch ein männerdominiertes Business, aber es bewegt sich etwas. Es gibt mehr Frauen, mehr Vielfalt, mehr Stimmen. Und ich habe kein Problem damit, doppelt so viel zu arbeiten. Wenn die Leute mich am Ende wegen meines Talents wahrnehmen, dann reicht mir das.

Du warst zuletzt als Support von Rapper Curse auf Tour und hast auch mit ihm zusammengearbeitet. Wie wichtig war diese Erfahrung für dich?
Die Tour war extrem lehrreich für mich. Curse hat eine sehr loyale Crowd, die seit Jahrzehnten Hip-Hop hört und genau hinschaut. Da ging es nicht um Aussehen oder Bonus, sondern nur darum: Kannst du was oder nicht?
Ich musste mir die Energie jedes Abends erarbeiten und genau das hat mich wachsen lassen. Diese Tour hat mich selbstbewusster gemacht und mir gezeigt, dass ich auch vor anspruchsvollem Publikum bestehen kann.

Kann man dich demnächst sonst wo live erleben?
Dieses Jahr habe ich noch zwei kleine Shows im Dezember. 2026 stehen bereits mehrere Termine fest: Mein erstes eigenes Konzert ist am 21. Februar in Darmstadt, außerdem spiele ich bei „Queens Of Hip-Hop“ in Freiburg, bei einem neuen Festival in Mannheim und habe weitere Sachen in Planung. Vielleicht klappt es aber auch 2026 mit Wien – das wäre auf jeden Fall schön.

Wenn du nach vorne blickst und gleichzeitig auf 2025 zurückschaust: Welche Themen möchtest du künftig noch stärker in deiner Musik behandeln – und was hast du in diesem Jahr über dich selbst gelernt?
Ich will auf jeden Fall tiefere und persönlichere Themen angehen: meine Identität, meine Herkunft, die Geschichte der Philippinen, Kolonialisierung, Queerness und auch meinen Weg als Frau in der Szene. 2025 hat mir gezeigt, wie viel Potenzial noch in mir steckt. Die Tour mit Curse war extrem prägend – eine anspruchsvolle Crowd, viel Live-Erfahrung und die Erkenntnis: Ich kann das alles händeln und bin daran gewachsen.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt