Live in der Stadthalle

Rapper Kontra K: „Man soll mit dem Herzen schauen“

Musik
18.11.2025 12:00

Starke Performance und echte Wien-Liebe! Rapper Kontra K liefert eine Show voller Pyro, Emotion und Nähe – ein Abend, an dem der 38-Jährige die Fans von der ersten Sekunde an mitreißt. Wir trafen den Berliner kurz vor seinem Auftritt und sprachen mit ihm über Familie, Werte, sein neues Album und einer Doku, die gerade in aller Munde ist.

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Es ist Montag – der erste Tag einer neuen Arbeitswoche. Die U-Bahnen sind voll, die Menschen ein bisschen grantig, und für Autofahrer ist der Stau praktisch vorprogrammiert. Als wäre das nicht genug, zeigt sich Wien an diesem Abend grau, kühl und verregnet. Also: Warum nicht einfach flüchten? Und zwar dorthin, wo ein Montag plötzlich nach Wochenende klingt – in die Wiener Stadthalle. Denn was macht einen Wochenstart besser als Maximilian Tibor Albert Diehn alias Kontra K live auf der Bühne? 
Der Berliner Rapper, der seit seinem Hit „Erfolg ist kein Glück“ fest in der deutschsprachigen Musikszene verankert ist, füllt seit Jahren Hallen quer durch Europa. In Wien kamen an diesem Montagabend rund 9000 Besucher – nicht ausverkauft, aber beeindruckend gut gefüllt. Wien zählt seit langem zu seinen Lieblingsstädten, wie er uns im Gespräch verrät, denn wir trafen Max kurz vor seinem Auftritt im Backstagebereich – und das Erste, was er sagte, war ein Satz, der den ganzen Abend auf den Punkt bringen sollte: „Leider hätte das Wetter besser sein können, aber ich mach’s auf der Bühne warm.“ Vor kurzem veröffentlichte der 38-Jährige sein mittlerweile 13. Album „Augen träumen Herzen sehen“ – ein Werk, das persönlicher, verletzlicher und ein wenig wütender klingt als vieles zuvor. Aber genau mit dieser Mischung aus Ehrlichkeit, Ruhe und Energie starteten wir in unser Gespräch.

„Krone“: Wie geht es dir kurz vor deinem Auftritt?
Kontra K: Mir geht’s sehr gut. Wir hatten einen Tag Ruhe, den haben wir auch gebraucht – wir werden ja nicht jünger. Fünf Shows am Stück sind anstrengend, aber gut. Ich hab’ Bock. Nur das Wetter hätte besser sein können. Normalerweise bringe ich immer gutes Wetter mit – das tut mir jetzt leid. Aber dafür mach’ ich’s warm dann auf der Bühne (lacht)

Du hast hier schon öfter gespielt. Was verbindest du denn mit Wien?
Ich habe sehr oft hier gespielt. Ich liebe diese Stadt. Immer wenn wir ankommen, tingeln wir durch die Innenstadt und gucken uns die alten Gebäude an. Sieht man uns vielleicht nicht an (grinst), aber wir sind Nostalgiker.

Mehr als 176 Millionen Streams auf Spotify hatte Kontra K mit seinem Hit „Erfolg ist kein ...
Mehr als 176 Millionen Streams auf Spotify hatte Kontra K mit seinem Hit „Erfolg ist kein Glück“.(Bild: Eva Manhart)

Was unterscheidet das österreichische Publikum vom Deutschen?
Oh, man darf an keine Stadt Erwartungen haben. Jede Stadt hat ihre eigenen Menschen – alle sind top, aber auf ihre ganz eigene Art. Letztes Mal hier war die Stimmung richtig dufte. Die Wiener sind aber generell cool.

Hast du ein Ritual, bevor du auf die Bühne gehst?
Ja, mittlerweile ganz andere als früher. Wir setzen uns zusammen, meditieren, rufen uns nochmal ins Bewusstsein, warum wir hier sind. Was das für eine Ehre ist, dass so viele Menschen uns zuhören. Dass man nicht nur einsaugt, sondern etwas zurückgibt.
Wir manifestieren vorher und hoffen, dass die Leute mit einem guten Gefühl nach Hause gehen – und ein bisschen nachdenken.

Dein Album „Augen träumen, Herzen sehen“ war in Deutschland auf Platz 1, in Österreich und der Schweiz auf Platz 2. Wie unterscheidet sich dieses Werk von deinen bisherigen?
Vom Inhalt – Musik hat nur vier Inhalte – die kann man aber wunderschön kombinieren, wie Komplementärfarben. Auf dem Album geht’s viel um Schmerz und Verarbeitung. Wir hatten leider ein paar Todesfälle. Die habe ich darin verarbeitet und versucht, die Hoffnung wiederzufinden. Dazu kommt Wut – darauf, was wir gerade aus uns machen. Social Media, wie wir uns teilen und teilen lassen. Das ist die Quintessenz. Man soll mit dem Herzen schauen, nicht mit den Augen. Und so ist auch der Titel der Platte entstanden.

Auf dem Album ist der Song „Geboren, um zu leben“ mit Unheilig und der österreichischen Künstlerin Ness. Warum war gerade sie die richtige Partnerin?
Der Song hat eine ganz andere Vorgeschichte. Ich habe an dem Tag den Song über meinen Vater aufgenommen – „2 Meter tiefer“. Und am selben Tag ist der kleine Bruder einer meiner besten Freunde gestorben. Ich konnte da nichts machen, die Familie war abgeschottet. Ich wollte ihm irgendwas geben. Mein Produzent hat dann eine Coverversion von Ness abgespielt: „Guck mal, wie schön sie singt.“ Ich meinte: „Lad ihre Stimme rein, wir produzieren drumherum, und ich schreibe jetzt was für ihn, warum er nicht aufgeben sollte.“ Dann haben wir sie gefragt, ob sie das nochmal singen würde. Mir ist egal, wer jemand ist oder woher er kommt – wenn jemand was Gutes macht, muss man das unterstützen.

Welche Szene im Musikvideo „Geboren, um zu leben“ fängt für dich den Geist der Kollaboration am besten ein?
Ich habe ja selbst Regie geführt. Die beste Szene ist die, in der sie auf diesem Felsen steht, den ich mir schon ausgesucht hatte. Ich bin ja seit Jahren dort – ich habe mir sogar ausgesucht, was sie trägt. Wie das weht – die Szene sieht aus wie aus einem alten Madonna-Video. Das beschreibt es perfekt.

Der Berliner-Rapper im Gespräch mit der „Krone“ (Nadi Adana) kurz vor dem Auftritt in der ...
Der Berliner-Rapper im Gespräch mit der „Krone“ (Nadi Adana) kurz vor dem Auftritt in der Stadthalle.(Bild: Eva Manhart)
Kontra K: „Musik ist Revolution. Kunst ist Revolution – Viva la revolution.“
Kontra K: „Musik ist Revolution. Kunst ist Revolution – Viva la revolution.“(Bild: Eva Manhart)

Welche Rolle spielen deine persönlichen Erfahrungen – als Vater, Künstler und Mensch – in den Songs?
Immer alle. Natürlich gibt es einige Ausnahmen. Zum Beispiel man kann ja auch mal wütend sein als Vater und anders reden. Oder man kann auch mal ohne die Kinder reden und die Tür zu machen – auch das passiert auf dem Album. Tendenziell bin ich aber immer Max. Es gibt keinen großen Unterschied zwischen Kontra und Max als Vater – außer, dass ich als Kontra bereit bin, mehr nach draußen zu gehen und zu kämpfen.

Wie schaffst du es, Tourleben, Musikbusiness und Vatersein unter einen Hut zu bringen?
Ganz einfach: nicht feiern und meinen Job machen. Das Schöne an meinem Job ist, dass ich zwar 24/7 arbeite, aber ich kann entscheiden, ob ich um 18 Uhr nach Hause komme, meine Kinder ins Bett bringe und morgens in den Kindergarten oder in die Schule fahre.

Was haben dir deine Kinder über dich beigebracht, was dir vorher nicht bewusst war?
Trauer zuzulassen. Und dass es nicht viel kostet, ein Kind glücklich zu machen. Das, was wir wahrscheinlich alle vermisst haben. Es kostet nicht viel. Man muss als Vater nur da sein, sie ab und zu in den Arm nehmen und bestärken. Das haben die mir beigebracht.

Du bist schon so lange im Rap-Business oder Musikgeschäft - was hat sich deiner Meinung nach verändert?
Ich würde gar nicht sagen „Rap-Business“, ich höre jede Musik. Und gerade wendet es sich wieder in eine gute Richtung. Sängerin Rosalia hat einen riesigen Schritt für alle gemacht. Alles ist sehr schnelllebig geworden. Jeder hat leicht Zugang zu Musik – das ist wunderschön, aber es macht es auch zu Fast Food. Vieles wiederholt sich, das kann man mir auch nachsagen.
Aber über Liebe und Ehrlichkeit kann man nicht genug reden. Über Schmuck und Geld schon. Musik ist Revolution. Kunst ist Revolution. Viva la Revolution!

Die Haftbefehl-Doku ist gerade in aller Munde. Hast du sie gesehen und was sagst du dazu? Könntest du dir selbst eine Doku vorstellen?
Ich drehe seit 15 Jahren eine Doku. Wir filmen seit knapp 17 Jahren alles, was passiert. Ich habe ihm aber auch selbst geschrieben, denn ich mag nicht, dass so viele Leute viel Meinung und wenig Ahnung haben. Es gehört wahnsinnig viel Courage dazu, das so zu zeigen. Ich hoffe, dass es ihm gut geht, seiner Familie, seinen Kindern. Mehr wage ich nicht zu sagen. Ich stecke da nicht drin.

Welchen Rat würdest du jungen Künstlern geben?
Macht Musik nicht einfach, um irgendwas zu machen. Macht es nicht für Fame. Wenn ihr etwas ausdrücken wollt – sehr gerne. Der beste Ratschlag: Wenn ihr was zu sagen habt, macht Musik. Aber nur Musik zu machen, um erfolgreich zu werden oder Geld zu haben? Weiß ich nicht. Lasst es sein. Dann lieber Revolution.

Acht Wahrheiten über Kontra K

  • Kontra K ist ...
    ... ehrlich
  • Auf Tour am liebsten ...
    ... gesund bleiben.
  • Meine Papasuperkraft ist ...
    ... einfach Max, sein.
  • Ein Song von mir, der nie altern wird ...
    ... „Erfolg ist kein Glück“
  • Angst ist für mich ...
    ... Schwäche, die den Körper verlässt.
  • Mein persönlicher Endgegner im Alltag ...
    ... Menschen
  • Wenn ich ein Cocktail wäre, ...
    ... wäre ich ein Whisky Sour.
  • Ein Wort, das dein heutiges Gefühl beschreibt ...
    ... stark
„Krone“-Konzert-Kritik
„Prost ihr Säcke!“ – Ein Montag, 9000 Fans und ein Rapper, der Wien liebt

Fast 9000 Fans kommen an diesem verregneten und kalten Montag in die Wiener Stadthalle. Sängerin Anna Grey eröffnet den Abend mit einer starken Stimme – sie hat auch einen Song mit Kontra K auf dem aktuellen Album („Weit weit weg“). Pünktlich um 20 Uhr startet dann das Intro: Schlagzeug, dramatische Musik, Handylichter, Pyro. Der Vorhang fällt, Wolfslogo, große Bühne – und Musiker Kontra K steht da. Die Halle dreht sofort durch. Die Bühne wirkt wie ein düsterer Wald, komplett mit Wurzeln und Baumstamm. „Guten Abend, ihr wunderschönen Menschen“, sagt er. Mit „Die besten bleiben“ geht’s los, bei „Die letzte Träne“ singt die Crowd schon den Chorus alleine. Die Stimmung ist überraschend warm und fröhlich für den ersten und grauen Wochentag.
Der Musiker interagiert viel: „Wien, habt ihr Power?“ – und seine Überleitungen sitzen und passen perfekt. Er klettert herum, singt sogar kurz a cappella und zeigt in einem Mash-Up aus „Rollin‘“ (Limp Bizkit) und seinem Song „Blei“ dass er schnell mal Hip-Hop in Rock verändern kann. 

Zwischendurch spricht er über Familie und Verantwortung, spricht, wie toll sein Supportact war und singt danach auch wieder emotional mit ihr auf der Bühne. Beim Track „Tollwut“ bringt Kontra K wieder pure Energie, Drum- und Gitarren-Soli inklusive. Danach taucht er auf einer Schwebebühne in der Hallenmitte auf. Bei „Nur für dich“ leuchten alle Handys – einer der wunderbarste Moment des Abends. „Berlin ist ein Moloch. Ihr habt hier so was Schönes“, sagt er und leitet in „Follow“ und „Tiefschwarz“ über.

Der 38-Jährige lieferte eine starke Bühnenperformance – auf der Bühne wurde es warm, wie er im ...
Der 38-Jährige lieferte eine starke Bühnenperformance – auf der Bühne wurde es warm, wie er im Interview schon vorankündigte.(Bild: Eva Manhart)
Ein wahrer Rap-Poet des Abends: Das Publikum fraß ihm aus der Hand.
Ein wahrer Rap-Poet des Abends: Das Publikum fraß ihm aus der Hand.(Bild: Eva Manhart)

Zwischen Unterbrechung und Hommage
Später wünscht er Wien „alles Glück der Erde“ und leitet damit perfekt in den Song „Das Glück“ über – begleitet von viel Feuer. Bei „Kampfgeist“ wurde ihm wohl selber zu warm, denn plötzlich fliegt sein Shirt. Zurück auf der Hauptbühne gibt’s eine Hommage an Sido mit „Mein Block“, dazu „Keine Helden“ für SDP und einen Newcomer namens Sam. 

Im Laufe des Abends gibt es aber mehrere kurze Unterbrechungen, weil Fans umkippen. Sehr vorbildhaft: Kontra K reagiert jedes Mal sofort – „Unterbrechen wir die Scheiße, wenn es jemandem nicht gut geht.“ Bevor er die Halle bei „Adrenalin“ und „Bloc Party“ springen lässt, hebt er seinen Becher und ruft: „Prost ihr Säcke!“ Das Publikum antwortet wie aus der Pistole geschossen: „Prost du Sack!“ – einmal mehr zeigt sich, wie sehr ihm die Fans aus der Hand fressen. Danach folgen „Summertime“, „Nach Haus“ und „2 Meter tiefer“, den er wegen eines medizinischen Notfalls sogar zweimal spielt. Zum großen Zugabe-Finale regnet es rote Rosen während dem 80er-Hit „Rote Rosen“, und bei „Geboren um zu leben“ singt die ganze Halle kräftig mit. Zum Schluss bedankt er sich und holt seine komplette Crew auf die Bühne: „9000 Mal danke, Wien.“
Nach den letzten beiden Songs „Erfolg ist kein Glück“ und „Wölfe“, einigen Handshakes und Selfies mit den Fans, endet ein intensiver Abend.

Fazit: Ein starkes Konzert. Viel Pyrotechnik, viel Rock’n’Roll für jemanden, der nicht als Rock-Act gilt. Ehrlich, emotional, mitreißend. Jede Aussage über Wien und das Wiener Publikum wirkte echt – man nimmt ihm seine Liebe zur Stadt ab. Ein poetischer Rap-Abend, getragen von Herz, Feuer – und seinem Wolfsrudel.

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