Eine kryptische Bemerkung nach dem Treffen mit US-Präsident Donald Trump im November hat eine heftige Debatte ausgelöst: Will Ungarns Regierungschef Viktor Orbán seine Macht noch weiter festigen und sein Land in ein Präsidialsystem umbauen? Die Anzeichen verdichten sich – auch wenn die Regierung dementiert.
In einem Fernsehinterview nach seiner Reise nach Washington D.C. sinnierte Orbán im November neben den außenpolitischen Erfolgen auch über die Vorzüge eines Präsidialsystems nach US-Vorbild. „Nur er entscheidet, nicht die Ministerien, oder das, was Medien schreiben“, meinte der rechtsnationale Ministerpräsident und verriet auch, dass bereits 2010, als er zum zweiten Mal an die Macht gekommen war, Pläne für eine „Änderung der Macht“ im Land diskutiert worden seien.
Aufgrund der Zweidrittelmehrheit, über die die Regierungspartei Fidesz verfügte, verwarf man aber die Überlegungen. Auch nach den folgenden Wahlsiegen kam das Thema „immer wieder auf den Tisch“, so Orbán.
Nur wenige Wochen nach dem Interview verabschiedete das Parlament in Budapest in einer außerordentlichen Sitzung eine Gesetzesänderung zur Erschwerung einer Amtsenthebung des Staatspräsidenten. Nach der neuen Regelung bedarf es der Zustimmung des Verfassungsgerichts, damit ein Beschluss des Parlaments für eine solche in Kraft treten kann.
Dieser Schritt rund vier Monate vor den Parlamentswahlen sei ein weiterer Beweis für die Angst von Fidesz, diese Wahlen zu verlieren, konstatierte die Oppositionspartei „Respekt und Freiheit“ (TISZA). Mit diesem Entwurf wolle Fidesz das Amt des Präsidenten und damit das von Tamás Sulyok „einbetonieren“, hagelte es heftige Kritik. Sulyok war im Februar 2024 durch Fidesz für das Amt des Staatspräsidenten nominiert worden, nachdem seine Vorgängerin Katalin Novák wegen einer Begnadigung in einem Missbrauchsfall zurückgetreten war.
Bisher reichte einfache Mehrheit im Parlament
Bislang hatte das Parlament das Recht, den Präsidenten mit einfacher, also keiner Zweidrittelmehrheit, seines Amtes zu entheben. Dessen Befugnisse würden dann vorübergehend vom Parlamentspräsidenten ausgeübt, der zu Beginn der neuen vierjährigen Legislaturperiode von der parlamentarischen Mehrheit gewählt wird.
Würde die TISZA-Partei im April 2026 die Wahlen gewinnen, könnte sie den Nachfolger des aktuellen Parlamentspräsidenten László Kövér nominieren, was Fidesz verhindern wolle, kritisierte die Opposition und bezeichnete die Gesetzmodifizierung als eine Flucht nach der Orbán-Partei. Nach Interpretation der Opposition bestünde die Aufgabe des Staatspräsidenten Sulyok im Falle eines Wahlsieges der Opposition darin, die Gesetzgebung nach Möglichkeit zu blockieren.
Staatssekretär: „Nichts anderes als linke Fake-News-Routine“
Nun schreibt Bloomberg, dass Orbán offenbar im Falle einer Wahlniederlage im kommenden Jahr seine Macht über das gestärkte Amt des Staatspräsidenten retten möchte. Dabei stützt sich die Nachrichtenagentur auf eine anonyme Quelle. Der Fidesz freundlich gesinnte Verfassungsrichter würden das Amt schützen, während Orbán in innenpolitischen Fragen seine Vetomacht ausspielen und die Außenpolitik des Landes weiterhin bestimmen könnte.
Die Regierung in Budapest dementiert den Bloomberg-Bericht. In einem Posting auf der Platform X erkläerte der für internationale Beziehungen und Kommunikation zuständige Staatssekretär: „Seit Wochen zirkuliert dieselbe Frage: Wird Ungarn ein Präsidialsystem einführen? Das ist allerdings nichts anderes als linke Fake-News-Routine.“
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