Die Stadt Wien stellte es einst als Öffi-Jahrhundertprojekt vor: Die Verlängerung der U2 und der Bau der neuen, langersehnten U5. Beide Linien wurden jetzt aber wegen Geldnot ausgebremst. Die Wiener müssen noch länger warten. Die „Krone“ hat sich bei der Station Volkstheater unter den Fahrgästen umgehört. Das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft.
Wien ist die derzeit am schnellsten wachsende Millionenstadt in Mittel- und Osteuropa. Mehr Menschen brauchen aber nicht nur mehr Angebot an Wohnungen und Infrastruktur, sondern auch mehr Öffis. Denn das Netz stoßt schon jetzt an seine Grenzen. Der Ausbau des U-Bahn-Netzes spielt in den Überlegungen der Stadtplaner deshalb naturgemäß eine zentrale Rolle. Doch er ist jetzt massiv ins Stocken geraten.
Sehr kostenintensive zweite Baustufe
Die Budgetverhandlungen haben den Zeitplan des Jahrhundertprojekts U2xU5 ordentlich durcheinander gebracht – wir berichteten. Der Grund: die sehr kostenintensiven Hauptbaumaßnahmen in der zweiten Baustufe. Die Baustarts wurden nach hinten verschoben. „Durch die Streckung werden die Projektkosten in den einzelnen Jahren auf mehrere Jahre aufgeteilt und dadurch kommt es nicht zu einer Kumulation in drei Jahren“, wie Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) betont.
Bei den Fahrgästen herrschen jedenfalls gemischte Gefühle, wie sich bei der „Krone“-Umfrage am Öffi-Knotenpunkt Volkstheater zeigt. Student Johannes O. etwa ist täglich mit der chronisch überfüllten U6 unterwegs. Der 18-Jährige wünscht sich daher eine Entlastung, die aber noch länger dauern wird. Pendlerin Gabriele P. (66) findet die Verzögerung hingegen weniger schlimm. Andere Passanten schimpfen, wollen aber nicht vor die Kamera.
Ich fahre meistens mit den U-Bahnlinien U1, mit der U3 oder auch mit dem D-Wagen. Grundsätzlich bin ich mit den Öffis in Wien ja sehr zufrieden, aber dass der Ausbau jetzt später kommt ist schon ziemlich ungut.

Leopold F. (64), Pensionist
Bild: Mario Urbantschitsch
Obwohl ich nicht direkt davon betroffen bin, muss ich schon sagen, dass ich verärgert bin. Der geplante Ausbau von U2 und U5 dauert eh schon so lange und jetzt verzögert es sich wieder. Was passiert mit den Baustellen?

Andrea F. (60), Pensionistin
Bild: Mario Urbantschitsch
Mit meinem Klimaticket bin ich tagtäglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Ein Auto habe ich schon lange nicht mehr. Für mich gibt es Schlimmeres, als dass der U-Bahnausbau länger dauert.

Gabriele P. (66), selbstständig
Bild: Mario Urbantschitsch
Ich komme aus Osnabrück und habe viele Jahre lang in Wien gewohnt. Daher weiß ich das tolle öffentliche Verkehrsnetz sehr zu schätzen. Vor allem für die Klimafrage ist es wichtig, dass der Ausbau schneller vorangetrieben wird.

Jutta T. (52), Pastorin
Bild: Mario Urbantschitsch
Die Öffis hier sind super. Ich bin erst vor kurzem aus Linz hergezogen und fahre täglich mit der U6, die jedoch immer sehr überfüllt ist. Die U5 könnte Entlastung bringen, aber durch die Verspätung wird es viele Jahre länger dauern.

Johannes O. (18), Student
Bild: Mario Urbantschitsch
Was auffällt: Plötzlich wird von den Wiener Linien von einem „komplizierten Parallelbetrieb“ mit der U2 gesprochen. Die neue U5 hätte sich gemeinsam mit der violetten Linie die Strecke von Karlsplatz bis Rathaus teilen sollen. Das gibt es jetzt jedoch so nicht mehr. Die U5 wird nämlich erst in Betrieb genommen, sobald die U2 auf ihrer eigenen Strecke bis Matzleinsdorfer Platz unterwegs ist (siehe Grafik).
Die neue U2 fährt dann ab der Station Schottentor auf einer komplett neuen Trasse Richtung Süden, die gerade errichtet wird. Beides soll im Jahr 2030 passieren. Ein Doppelbetrieb von U2 und U5 wäre zudem ein „Überangebot bei gleichzeitigem Risiko für potenziell störungsanfälligem Betrieb“. Doch es gibt laut den Wiener Linien noch einen Grund für die jahrelange Verzögerung.
„Wir wollen deutlich unter 4 Minuten kommen“
Die U2 ist angeblich eine wichtige Ausweichmöglichkeit während der 14-monatigen Sperre der ÖBB-S-Bahnstammstrecke ab Herbst 2026. „Ein stabiler U2-Betrieb mit dichten Intervallen ist für unsere Fahrgäste daher unerlässlich“, legt Wiener Linien Chefin Alexandra Reinagl nach. In der Zeit der Sperre werden daher die Intervalle verdichtet: „Wir wollen deutlich unter 4 Minuten kommen“, so Reinagl. Die vollautomatische U5 hätte sich hier nicht einfädeln können.
Die brandneue und fast fertige U5-Station Frankhplatz am Alten AKH wird durch die Sparpläne nun zur „Geisterstation“. Wer trotzdem U5-Luft schnuppern will, kann das für die nächsten Jahre nur im Infocenter U2xU5 in der Station Volkstheater tun.
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