Eine FPÖ-Veranstaltung unter dem Motto „Zensur und Ideologisierung – die Freiheit in Gefahr!“ sorgt für gehörigen Wirbel im Nationalrat. Dabei wird auch der großdeutsche Politiker Franz Dinghofer, den Zeithistoriker als „deklarierten Antisemiten und Nationalsozialisten“ bezeichnen, geehrt.
Die Eröffnungsworte und die Begrüßung nehmen am 11. November Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) und sein Parteikollege und Martin Graf vor. Im Rahmen der Veranstaltung sollen die Franz-Dinghofer-Medaille und der Dinghofer-Medienpreis verliehen werden, wie es auf der Parlamentshomepage heißt. Die Veranstaltung fand in den vergangenen Jahren bereits im Parlament und im vom Parlament genutzten Palais Epstein statt und wurde stets kritisiert.
Experten: „Rolle bei Republikgründung überbewertet“
„Dinghofer, dessen Rolle bei der Gründung der Republik am 12. November 1918 überbewertet wird – weil die Republik nicht ,ausgerufen‘, sondern von der Provisorischen Nationalversammlung beschlossen worden ist – war ein Vertreter der Großdeutschen Volkspartei, deren Parteiprogramm einer aggressiven antisemitischen Hetzschrift gleicht“, lautet die Kritik der Zeithistoriker. Zudem sei er „auch persönlich bekennender Antisemit“ und mit seiner Partei „ein Wegbereiter dieser Reichspogromnacht 1938 wie auch des Holocaust“ gewesen.
„Dass einen Tag nach dem Gedenken an die Nacht, als Nazis Synagogen und jüdische Einrichtungen zerstörten, jüdische Bürgerinnen und Bürger töteten, misshandelten, im gleichen Haus eine Veranstaltung mit dem Namen eines Antisemiten und Nazis wie Dinghofer abgehalten werden kann, ist erschreckend – und unverständlich“, heißt es in dem Schreiben. Die Zeithistoriker appellieren daher, „dass gerade in einer Zeit, in welcher der Antisemitismus und antisemitische Ausschreitungen zunehmen, kein Platz für eine posthume Ehrung des Nationalsozialisten Dinghofer im rot-weiß-roten Parlament sein darf. Es kommt dem Verfall einer politischen Kultur gleich.“
Grüne: „Beschädigt Würde des Hohen Hauses“
Scharf kritisierten auch die Grünen die Veranstaltung: „Dass Walter Rosenkranz in seiner Funktion als Nationalratspräsident offiziell zu einer derartigen Veranstaltung einlädt, ist eine Schande und beschädigt die Würde des Hohen Hauses“, erklärt Rechtsextremismus-Sprecher Lukas Hammer.
Die FPÖ wiederum betont weiterhin die Bedeutung Dinghofers für die Republik Österreich. „Ohne Dinghofer hätte es diese Republik in dieser Form nicht gegeben. Er stand gemeinsam mit Sozialdemokraten und Christlichsozialen an der Wiege des neuen Staates – als Symbol nationaler Einigung über Parteigrenzen hinweg“, erklärt Generalsekretär Christian Hafenecker. Dinghofer sei ebenfalls ein Opfer der Nationalsozialisten gewesen. Zudem sei seine NSDAP-Mitgliedschaft nicht einwandfrei belegt, so Hafenecker.
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