Hilfen für Ukraine

EU-Spitzen vertagen die 140-Milliarden-Frage

Außenpolitik
23.10.2025 22:51

Russisches Geld für Waffenkäufe im Krieg gegen Russland? Neben der Wirtschaftswende und dem Klimaschutz rangen die 27 Staats- und Regierungschefs auch um eine neue Finanzspritze für die Ukraine. Kreative Lösungen scheinen notwendig – und möglich zu sein. Beim EU-Gipfel am Donnerstag gab es aber keinen Durchbruch.

Der EU-Gipfel hatte noch gar nicht richtig begonnen, da konnten die 27 Staats- und Regierungschefs auch schon die erste Einigung verkünden. Das mittlerweile bereits 19. Sanktionspaket gegen Russland wurde fixiert, da die Slowakei ihren Vorbehalt gegen die neuen Strafen aufgab. Parallel dazu wurde bekannt, dass auch die US-Regierung neue Sanktionen gegen russische Ölkonzerne verhängt, die Russlands Kriegsmaschinerie mit finanziert haben. Maßnahmen, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als „sehr wichtig“ begrüßt. Die Sanktionen seien „entscheidend“ für sein Land, sagte er am Donnerstag in Brüssel und rief die EU dazu auf, den Druck auf Russlands Präsident Wladimir Putin zu erhöhen.

Rechtsgrundlage für Geldbeschaffung fehlt
Die Regierungschefs lieferten und zogen die Schrauben gegen Russland beim EU-Gipfel sogleich noch einmal neu an. Ein 140 Milliarden Euro teures Paket für die Ukraine sollte geschnürt – und für Waffenkäufe verwendet werden. Finanziert werden sollte das Paket, so sieht es zumindest der Plan einiger Staatschefs vor, just mit Geldern, die teilweise aus Russland kommen und auf eingefrorenen Konten in Belgien liegen. Die Milliarden sollten einerseits von der EU als Institution aufgenommen und dann andererseits als Garantie eingesetzt werden, um entsprechende Kredite aufnehmen zu können.

Bis zum späten Donnerstagabend wurde darüber verhandelt, ein Durchbruch konnte aber nicht erzielt werden. Die Entscheidung wurde auf den nächsten Gipfel im Dezember vertagt. Laut Ratspräsident António Costa ist die EU dennoch „entschlossen, den dringenden Finanzbedarf der Ukraine für die nächsten zwei Jahre zu decken, einschließlich der Unterstützung ihrer militärischen und verteidigungspolitischen Bemühungen“. Das wurde in einer Erklärung festgeschrieben, ein Passus zur Nutzung eingefrorener russischer Vermögen wurde gestrichen.

Stocker verhandelte beim Gipfel mit und pocht auf Rechtssicherheit.
Stocker verhandelte beim Gipfel mit und pocht auf Rechtssicherheit.(Bild: BKA/Florian Schrötter)

„Brauchen taugliches Rechtskonstrukt“
Das völkerrechtliche Neuland, das man damit betreten hätte, hatte unter den Regierungschefs für Skepsis sorgt. Immerhin könnten vor einem internationalen Gericht russische Regressforderungen geltend gemacht werden. Vor allem in Belgien fürchtet man, auf den Haftungen alleine sitzenzubleiben. Ministerpräsident Bart De Wever koppelte die Zustimmung Belgiens daher an Bedingungen wie die vollständige Vergemeinschaftung des Risikos von Klagen sowie Garantien. „Wir brauchen ein taugliches Rechtskonstrukt als Basis“, pocht auch Kanzler (und Jurist) Christian Stocker auf Klarheit.

Die Millionenfrage bei den Milliarden bleibt: Wie sollte man das sonst finanzieren? Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung haben dazu am Donnerstag noch ein kompliziertes Verfahren vorgeschlagen: Danach werden die liquiden Mittel genutzt, damit Euroclear Anleihen der EU-Kommission kauft und diese einlagert. Der Ukraine wiederum sollen die 140 Milliarden Euro als zinslose Kredite gegeben werden. Diese sollen das Land erst dann zurückzahlen, wenn Russland am Ende des Krieges – wie erhofft – Reparationen zahlt. Weil aber unklar ist, ob diese Rückzahlung möglich sein wird und weil auf jeden Fall eine Enteignung Russlands vermieden werden soll, sollen die 27 EU-Staaten die EU-Anleihen aus ihren nationalen Haushalten absichern.

Zähes Ringen ums Verbrenner-Verbot
Der Teufel im Detail steckt auch beim Verbrenner-Verbot. Der deutsche Kanzler Friedrich Merz versuchte Pflöcke einzuschlagen, um die EU-Kommission auch mit der Hilfe Österreichs noch dazu zu drängen, ihr De-facto-Verbot für Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2035 ganz aufzuheben. Doch vor allem Frankreich hat andere Vorstellungen und einen mit Spanien abgestimmten Vorschlag vorgelegt, der Flexibilität bei der Gesetzgebung für 2035 vorsieht – jedoch nur für Autohersteller, die noch zu definierende lokale Produktionsanforderungen erfüllen.

Klimaziele und Wirtschaft „gemeinsam denken“
Auch die – wie berichtet – im Vorfeld des Gipfels geforderte Wirtschaftswende sorgte wieder für Diskussionen. Stocker plädierte dafür, die Klimaziele und die Wettbewerbsfähigkeit „gemeinsam zu denken“. Soll heißen: Nur mit einem wirtschaftlichen Aufschwung wird der Green Deal eines Tages auch Wirklichkeit.

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