Im Sommer stand Philipp Hochmair als Jedermann in Salzburg auf der ganz großen Bühne. Diesen Samstag ist der vielfach ausgezeichnete Schauspieler im intimeren Rahmen zu erleben. Er liest Kafkas „Prozess“ im frisch renovierten Jugendstiltheater in Wien. Wir haben ihn vorab zum Interview gebeten.
„Krone“: In „Jedermann“ verkörpern Sie den reichen Mann, der mit dem Tod konfrontiert wird – in „Der Prozess“ einen Charakter, der von einem undurchschaubaren System verfolgt wird. Was verbindet diese Figuren für Sie?
Philipp Hochmair: Beide Rollen zeigen einen Menschen in einer Extrem-, in einer Grenzsituation – und beide überleben diese nicht. Der eine erfährt den nahenden Todeszeitpunkt, der andere wacht in einer vollkommen absurden, für ihn nicht nachvollziehbaren und nicht kontrollierbaren Situation auf und ergibt sich ihr schlussendlich bis zu seiner Hinrichtung. Die Verbindung ist also durchaus diese Grenzsituation, in die ich mich hineinspiele und somit für mich die Möglichkeit, meine ganze Emotion, meine Kraft in die Performance zu legen.
Ich definiere mich über die Energie, die im Raum zwischen mir und dem Publikum frei wird.
Philipp Hochmair
Welche Beziehung haben Sie zu Franz Kafka?
Kafkas sehr klare und sachliche Sprache ermöglicht es mir besonders gut, durchaus komplexe Themen in einer sehr bildhaften und Impuls-starken Performance auf die Bühne zu bringen. Aus der sachlichen Beschreibung einer Extremsituation wird eine energiegeladene Performance. Für mich das perfekte Match.
Bei Lesungen entsteht eine spezielle Nähe zum Publikum. Was macht für Sie den Reiz dieser Soloabende aus?
Ich bin ein Kunstsoldat, ein kreativer Krieger. Ich brauche bei meinen Performances die Nähe zum Publikum. Ich schöpfe aus der Interaktion – aus der Resonanz – viel Kraft. Ich bin einfach kein klassisches Ensemblemitglied, ich definiere mich über die Energie, die im Raum zwischen mir und dem Publikum frei wird.
Mir ist Strom schon lieber als Stillstand!
Philipp Hochmair
Das Jugendstiltheater öffnet nach der Renovierung wieder seine Türen. Was bedeutet Ihnen dieser Ort persönlich, warum lesen Sie hier gerade „Der Prozess“?
Ich bin in Wien geboren und auch wenn ich viel reise und unterwegs bin, habe ich zu Wien eine besondere Beziehung. Ich finde es großartig, dass das Otto Wagner Areal auch ein Platz ist, an dem Kunst und Kultur hochgehalten wird. Die aufwändige Renovierung des Jugendstiltheaters, die Verknüpfung von Geschichte mit Moderne entspricht meinem Naturell. Mit Kafkas „Prozess“ kann ich diese Verknüpfung ideal in Szene setzen.
Sie sind bekannt für Ihre Bühnen-Intensität. Wie finden Sie Kraft für Ihre vielen Rollen? Oder stehen Sie immer unter Strom?
Ich tanke auch durch meine Rollen auf. Ich tue mir schwer, nicht in Bewegung zu sein. Natürlich brauche ich auch Ruhe. Ich lege viel Wert auf eine jährliche Kur und versuche auch so oft wie möglich Ayurveda Retreats in Indien zu besuchen, aber mir ist Strom schon lieber als Stillstand – eines meiner bekanntesten Formate heißt ja auch „Jedermann Reloaded“. In meinen Formaten ist meine ganze Kraft drin, da ist meine Energie drin und von dort bekomme ich sie auch.
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