Konzert im Musikverein

Matthias Goernes verschnupfte „Winterreise“

Kultur
25.11.2025 11:44

Drei Abende mit den großen Schubert-Zyklen stehen diese Woche im Musikverein auf dem Programm – musiziert von Bariton Matthias Goerne und Pianist Daniil Trifonov. Der Auftakt des Schwerpunktes mit der „Winterreise“ am Montag wollte nicht so recht aufgehen.

Matthias Goerne versteht es wie kaum ein anderer Sänger, Musik bis in ihr Innerstes zu durchdringen – und diese emotionale Essenz dann zum Klingen zu bringen. Bloßer Schönklang oder technische Perfektion stehen dabei nie im Vordergrund. Immer geht es um das Ausleuchten der vielen Facetten menschlicher Seelenlandschaften. In dieser absoluten Dringlichkeit und in den samtig lodernden Bögen, die er mit seinem Bariton formt, liegt die Erschütterungskraft seiner Interpretationen.

Beim ersten seiner drei Konzerte im Musikverein in Wien war Matthias Goerne nicht bei Stimme. Sichtlich und hörbar indisponiert widmete er sich am Montag im Goldenen Saal Franz Schuberts großem Liederzyklus „Winterreise“.  Dieser unerschöpfliche Kosmos, den er mit seinem Singen öffnet, bereist und ergründet, konnte sich damit nur für Augenblicke aufspannen. Mit einem Taschentuchdepot im offenen Klavier gerieten die Bögen unstet, die Höhen brüchig und die Tiefen isoliert. „Er hätte absagen sollen“, raunte es durch den Jubel nach dem Konzert, der wohl mehr Goernes Liedschaffen an sich als diesem Abend galt.

Erst im letzten Teil des Zyklus gelang es Goerne, sich stimmlich in den Liedern anzusiedeln: Die zarte Melancholie der Nebensonnen oder die gespenstisch friedliche Stille auf dem Totenacker konnten dann auch das unruhige Publikum einfangen.

Wenn zwei Stimmen eine Erzählung schmieden
In den Bann zog dafür vom ersten Ton an Daniil Trifonov am Klavier. Er unterstrich  – mal kontrastreich, mal äußerst fein ziseliert – oft überhörte Nuancen der Partitur. Mit dem Selbstverständnis eines Solisten gestaltete er am Klavier seine ganz eigene Sicht auf die „Winterreise“. Wer hier wen begleitet, das war an diesem Abend nicht immer klar ersichtlich. Ein kammermusikalischer Glücksfall, wenn zwei herausragende Künstler mit ihrem ganz eigenen Blick zwei Seiten einer Geschichte zu einer Erzählung schmieden.

Zwei Konzerte haben Goerne und Trifonov noch vor sich diese Woche im Musikverein. „Die schöne Müllerin“ am Mittwoch und „Schwanengesang“ am Freitag. Mögen sich die Schnupfenwolken bis dahin verzogen haben.

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