7-Stunden-Trauerfeier

„Ich vergebe ihm“: Witwe verzeiht Kirks Mörder

Ausland
22.09.2025 01:35

Mehr als sieben Stunden lang nahmen die USA mit einer Trauerfeier Abschied von dem ermordeten rechtsextremen US-Aktivisten Charlie Kirk. Es war ein Mega-Event mit Zehntausenden Anwesenden allein im Stadion und zahlreichen Rednern – darunter US-Präsident Donald Trump. Kirks Witwe Erika berührte und erstaunte gleichermaßen: Auf der Bühne vergab sie Kirks Mörder (siehe auch Video oben): „Denn das ist das, was Charlie tun würde.“

Das Gedenken, das an eine Heiligsprechung erinnerte und Kirk offenbar zu einer Art Märtyrer stilisieren sollte, fand im State Farm Stadium Glendale im US-Bundesstaat Arizona statt, das von Kirk gegründete Turning Point USA (Wendepunkt USA) übertrug die Trauerfeier live. Unter den Gästen war neben hochrangigen Politikern auch Elon Musk, der zeitweise neben US-Präsident Trump saß.

Trump hielt die Abschlussrede der mehr als siebenstündigen Zeremonie. Er würdigte vor allem Kirks Witwe und ihren tapferen Auftritt, mit dem sie zahlreiche Menschen getröstet habe, und teilte Seitenhiebe gegen Kritiker und politische Gegner aus. So etwa: „Wir werden Chicago retten“ – das habe sich Charlie Kirk gewünscht.

Charlie Kirk sei ein guter Mann gewesen – „jeder liebte ihn“ –, er sei immer ein Geber gewesen, kein Nehmer, und nett zu allen. Keiner sei „zu klein“ für ihn gewesen. Er habe pro Jahr an hundert Universitäten geredet, insgesamt in tausend Kirchen, und immer den Draht zu den Jungen gehabt. Kirk habe nie jemanden dämonisiert – im Gegensatz ihm selbst: „Ich kann meine Gegner nicht leiden“, so der US-Präsident.

US-Präsident Trump bei der Trauerfeier für Charlie Kirk
US-Präsident Trump bei der Trauerfeier für Charlie Kirk(Bild: AFP/JOE RAEDLE)

Höchste zivile Ehre für „immerwährenden“ Kirk
Die Kugel, die Kirk getötet hat, „war auf uns alle gerichtet“, es sei ein Anschlag auf das ganze Land gewesen, sagte Trump. Der 31-Jährige sei ermordet worden, weil er sich „für Freiheit und Gerechtigkeit, für Gott und sein Land, für Vernunft und gesunden Menschenverstand eingesetzt“ habe. Doch die USA seien jetzt stärker als zuvor – „und auch Charlie ist jetzt größer, als er vor zwei Wochen war. Er ist jetzt immerwährend.“ Kirk werde die höchste zivile Ehre der USA posthum verliehen, kündigte Trump an, in Washington, „das jetzt endlich sicher ist“, seit Trump in der Hauptstadt aufgeräumt habe. „Endlich“ könnten Frauen alleine die Straßen entlanggehen. „Als Nächstes ist Memphis dran, und Chicago.“

Im Gegensatz zu Trump, der von einem „radikalisierten, kaltblütigen Monster“ sprach, der Kirk, „einen Märtyrer für die amerikanische Freiheit“, auf „abscheuliche Weise ermordet hat“, bedankte sich Kirks Witwe unter Tränen bei allen, die „aus aller Welt“ hergekommen seien, um „ihren Charlie“ zu ehren. Ihr Mann habe stets „Gottes Willen“ ausgeführt, nicht seinen eigenen, er sei auf einer Mission gewesen. Diese Mission werde sie nun als neue Leiterin von Turning Point USA fortführen, kündigte Erika Kirk an.

Die gesamte Trauerfeier gibt es auf YouTube zum Nachanschauen:

„Ich wusste nicht, dass etwas so wehtun konnte“ 
Die 36-Jährige schilderte Szenen nach dem Attentat, als sie das Schwerste tun musste – sich von ihrem ermordeten Ehemann zu verabschieden. Ärzte hätten ihr erklärt, dass es keine Rettung für ihn gegeben hätte, selbst wenn er im Operationssaal erschossen worden wäre. Ihn so zu sehen, sei schlimm gewesen – „Ich wusste nicht, dass etwas so wehtun konnte“ –, aber auch tröstend. Denn sie habe an seinem Lächeln gesehen, dass er ohne Schmerzen gestorben sei.

Erika Kirk erzählte auch Privates aus ihrer Ehe – so hätten sie sich immer kleine Liebeszettel geschrieben: „Er schrieb mir immer samstags. Charlie hat keinen einzigen Samstag ausgelassen.“ Die 36-Jährige vergab schließlich dem Mörder ihres Mannes, nachdem sie eine Bibelstelle von der Kreuzigung Jesu zitiert hatte: „Vater, vergib ihnen ... Ich vergebe ihm, diesem jungen Mann.“ Hass dürfe nie die Antwort auf Hass sein, die Antwort aus der Bibel sei immer Liebe. Von den Anwesenden und allen Zuhörenden mahnte sie ein, nie den Dialog aufzugeben, denn daraus würde nur Gewalt resultieren. Immer wieder während der 20 Minuten, in denen sie sprach, brach ihr die Stimme weg.

Kirks Mentor war beim tödlichen Schuss dabei
Unter den Rednern war auch Frank Turek, ein christlicher Radiomoderator und Autor, der den tödlichen Schuss auf Kirk miterlebt hatte. „Als der Schuss fiel, machte ich einen Schritt auf ihn zu, doch sein Sicherheitsteam war sofort bei ihm. Charlie, der wie ein Sohn für mich war, rannte auf das Sicherheitsteam zu und wir rannten gemeinsam zum SUV.“

Turek sei mit in den Wagen gestiegen, der Kirk wegbrachte. Das Sicherheitsteam habe „alles getan, was sie tun sollten“, so der Mentor des Verstorbenen weiter. „Aber Charlie war bereits tot. Sein Gesicht sah meines an, aber er sah nicht mich an, er blickte an mir vorbei direkt in die Ewigkeit.“ Er habe später erfahren, dass Kirk keine Schmerzen gehabt habe, weil er sofort tot gewesen sei.

Frank Turek musste das Attentat live miterleben.
Frank Turek musste das Attentat live miterleben.(Bild: EPA/CAROLINE BREHMAN)

Zum Auftakt war der Co-Chef von Kirks Jugendorganisation Turning Point USA (Wendepunkt USA), der evangelikale Pastor Rob McCoy, vor die Menge getreten. Er sagte, die Bewegung sei lebendiger denn je. Mit der Trauerfeier für Kirk habe sie die bisher größte Veranstaltung ihrer Geschichte ins Leben gerufen. Danach stimmte ein Sänger die US-Hymne an, die Menge skandierte: „USA, USA.“ Auch Trumps ältester Sohn Don Jr. wohnte der Trauerfeier bei – er stand dem getöteten Aktivisten sehr nahe.

Einer von Trumps Lieblingssängern trat auf
Über weite Teile der Veranstaltung traten christliche Musiker und Prediger aus dem evangelikalen Spektrum auf. Laut der Website „Fight for Charlie“ wirkten unter anderem Brandon Lake, Chris Tomlin, Phil Wickham, Cody Carnes und Kari Jobe Carnes mit. Ein Lieblingssänger Trumps, Lee Greenwood, der unter anderem Hits wie „God Bless the USA“ herausgebracht hatte, bildete den Auftakt mit ebendiesem Lied für Trumps Rede.

Trump und Elon Musk bei Kirks Trauerfeier
Trump und Elon Musk bei Kirks Trauerfeier(Bild: AP/Ross D. Franklin)

Religiöse Verklärung
Viele erinnerte die Zeremonie an eine Heiligsprechung. Für zahlreiche junge MAGA-Anhänger war Kirk schon vor seinem Tod eine Art Prediger der Wahrhaftigkeit. MAGA und Trump stehen in ihrer Wahrnehmung für das Gute und Göttliche, wer es kritisiert oder bekämpft, vertritt das Böse, lautete die Ansage.

Kirks religiöse Verklärung deutete sich bereits kurz nach dem Attentat an. Wenige Stunden nach seinem Tod fluteten seine Organisation Turning Point und Anhänger die Onlinemedien mit Videos, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) erzeugt sind. Viele der massenhaft aufgerufenen Videos zeigen Kirk im Himmel.

Die Trauerfeier fand im State Farm Stadium Glendale im US-Bundesstaat Arizona statt.
Die Trauerfeier fand im State Farm Stadium Glendale im US-Bundesstaat Arizona statt.(Bild: AFP/PATRICK T. FALLON)

Auch Trump selbst wird von rechtsreligiösen Anhängern immer wieder zum Heilsbringer und Erlöser überhöht. Dies verstärkte sich nach dem Attentatsversuch im Juli 2024, bei dem der Rechtspopulist am Ohr verletzt wurde. „Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika wieder groß zu machen“, verkündete der Präsident in seiner Antrittsrede am 20. Jänner dieses Jahres.

Die Besucher waren aufgefordert worden, den Dresscode „Sunday Best – Red, White, or Blue“ zu befolgen, als festliche Sonntagskleidung in den Farben der Nationalflagge. Auf der Website von Turning Point USA hatten sich 200.000 Menschen für die Veranstaltung angemeldet. Das Stadium bietet laut eigenen Angaben Platz für 63.000 Personen und kann um weitere 10.000 erweitert werden.

Charlie Kirk wurde am 10. September durch einen einzigen Schuss in den Hals getötet.
Charlie Kirk wurde am 10. September durch einen einzigen Schuss in den Hals getötet.(Bild: AFP/MELISSA MAJCHRZAK)

Sicherheitsvorkehrungen wie bei Super Bowl
Um ins Stadion zu gelangen, mussten Besucher ausführliche Sicherheitskontrollen passieren. Zwar wären die Vorkehrungen ohnehin streng, angesichts der Umstände war die Sorge vor möglicher Gewalt aber besonders groß. Das Heimatschutzministerium stufte die Trauerfeier auf eine ähnliche Sicherheitsstufe wie den Super Bowl oder den New-York-Marathon ein. 

Das Rednerpult auf der Bühne befand sich hinter dickem Panzerglas. Tausende Agenten des Secret Service waren im Einsatz, mit der örtlichen Polizei wurde ein Schutzplan ausgearbeitet. Es gab eine Flugverbotszone und Scharfschützen auf Dächern, und Magnetometer bei Sicherheitsschleusen sollten versteckte Waffen aufspüren.

Trotz strenger Sicherheitsvorschriften durfte dieser Mann ein riesiges Kruzifix zur ...
Trotz strenger Sicherheitsvorschriften durfte dieser Mann ein riesiges Kruzifix zur Veranstaltung mitnehmen.(Bild: AP/John Locher)

Kein Wunder, bei den prominenten Gästen aus der US-Politik: Neben Trump und Vizepräsident JD Vance nahmen die Minister Marco Rubio, Pete Hegseth und Robert F. Kennedy Jr. teil sowie der Vize-Stabschef des Weißen Hauses, Stephen Miller, und Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard. 

Miller, der einflussreiche Berater des Weißen Hauses, schwor, Kirks Tod als treibende Kraft zu nutzen, um dessen Werk zu vollenden. „Sie haben keine Ahnung, welchen Drachen Sie geweckt haben“, sagte Miller an die Adresse der Täter gerichtet. „Sie haben keine Ahnung, wie entschlossen wir sein werden, diese Zivilisation, den Westen und die Republik zu retten.“

Die Nationale Geheimdienstdirektorin Gabbard erklärte, durch den Versuch, Kirk zum Schweigen zu bringen, sei seine Stimme „jetzt lauter als je zuvor“. Andere Redner priesen Kirk als Vorbild, das junge Männer dazu ermutigt habe, zu heiraten und Kinder zu bekommen.

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