Senioren an Regierung:

„Wenn sie das noch einmal probieren, dann …“

Innenpolitik
12.09.2025 12:57

Die Regierung bekommt für ihre am Freitag präsentierte Pensionsanpassung kalt-warm. Die Seniorenvertreter von SPÖ und ÖVP zeigen sich abermals nicht einverstanden und sprechen eine Drohung aus. Und die Opposition ist zweigeteilt: Während die Grünen jubeln, hagelt es von der FPÖ massive Kritik.

Zur Erinnerung: Nur Pensionen bis 2500 Euro wird die Inflation voll abgegolten. Das haben die Koalitionsverhandler von ÖVP, SPÖ und NEOS am Freitag in einer Pressekonferenz mitgeteilt. Bei Bezügen darüber gibt es einen Fixbetrag von 67,50 Euro pro Monat. Im Schnitt wird die Anpassung so 2,25 Prozent betragen.

Grafik: Pensionserhöhungen seit 2018

Das Balkendiagramm zeigt die gesetzlichen Anpassungswerte und die tatsächlichen Pensionserhöhungen in Österreich von 2018 bis 2026. Die höchste Erhöhung gab es 2024 mit 9,7 %. 2026 ist ein durchschnittlicher Wert von 2,25 % vorgesehen. Quelle: Sozialministerium/Statistik Austria.

„Das Schlimmste verhindert“
Die Seniorenvertreter lehnten diesen Koalitionskompromiss schon im Vorfeld ab. Sie wollten eine Inflationsabgeltung für alle Ruhensbezüge. Die Präsidentin des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes, Birgit Gerstorfer, sprach nach der Präsentation zwar davon, „das Schlimmste verhindert“ zu haben. Die 2,7 Prozent bis 2500 Euro seien zumindest ein „Teilerfolg“. An Erhöhungen unter dem gesetzlichen Anpassungsfaktor dürfe man sich aber nicht gewöhnen: „Wenn die Regierung glaubt, sie kann nächstes Jahr dasselbe noch einmal probieren, dann muss sie damit rechnen, dass Zehntausende Pensionisten in ganz Österreich auf die Straße gehen“, so Gerstorfer.

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Wenn die Regierung glaubt, sie kann nächstes Jahr dasselbe noch einmal probieren, dann muss sie damit rechnen, dass Zehntausende Pensionisten in ganz Österreich auf die Straße gehen.

Birgit Gerstorfer, Präsidentin des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes

„Erst in letzter Sekunde eingebunden“
Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (ÖVP) meinte, dass ohne den massiven Druck der Pensionistenvertreter das Ergebnis noch deutlich schlechter ausgefallen wäre. Die erneute Staffelung der Anpassung widerspreche jedoch dem Versicherungsprinzip und höhle es zunehmend aus: „Wer ein Leben lang mehr eingezahlt hat, soll in der Pension nicht benachteiligt werden.“ Kritik übt die Seniorenbund-Chefin auch am Umgang mit den Interessenvertretungen. Man sei erst in letzter Sekunde eingebunden worden.

Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (li.) und Birgit Gerstorfer (Vorsitzende des ...
Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (li.) und Birgit Gerstorfer (Vorsitzende des Pensionistenverbands) lehnen den Koalitionskompromiss in Sachen Pensionsanpassung ab.(Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)

Kickl sieht „Sündenfall“
FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht in der geplanten Pensionsanpassung einen „Sündenfall“. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) habe gemeinsam mit der „Verliererampel“ in einem „dreisten Akt der Schamlosigkeit“ entschieden, die Pensionen zu kürzen, statt in anderen Bereichen wie etwa dem Asylbereich zu sparen. „Diejenigen, die den Wohlstand erarbeitet haben, werden von denen, die den Wohlstand zerstört haben, bestraft“, sagte Kickl. Dabei habe man die Pensionisten längst durch die Anhebung ihrer Krankenversicherungsbeiträge „zur Kasse gebeten“, so Kickl: „Allein damit leisten die Pensionisten einen größeren Beitrag zur Budgetkonsolidierung als die Banken, die uns noch was schulden.“

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Diejenigen, die den Wohlstand erarbeitet haben, werden von denen, die den Wohlstand zerstört haben, bestraft.

FPÖ-Chef Herbert Kickl

Zudem sei die gestaffelte Pensionsanpassung ein weiterer „Schlag in das Gesicht des Mittelstandes“. Denn die höheren Pensionen, die nun mit einem „Pauschalbetrag abgespeist werden“, seien die „Leistungsträger, die mehr Pensionsversicherungsbeiträge gezahlt haben mit dem Versprechen, dass sie später mehr Pensionen bekommen“, kritisierte der FPÖ-Chef: „Das ist ein ganz, ganz schlechtes psychologisches Signal.“

SPÖ Burgenland vermisst Debatte über „Luxuspensionen“
Kritik an den Plänen kommt auch von der SPÖ Burgenland. Klubobmann Roland Fürst erklärte: „Es ist schlichtweg ungerecht, dass nicht allen Pensionistinnen und Pensionisten die Teuerung voll abgegolten wird.“ Über „Luxuspensionen“ hätte man reden können, „aber nicht, wenn es um jene geht, die 30, 40 oder mehr Jahre am Bau, in der Gesundheit und Pflege oder in anderen Bereichen hart gearbeitet und auch viel für die Pension einbezahlt haben“, so Fürst. Er meinte weiters, dass das von der ÖVP genannte Ziel von 2 Prozent bei der Pensionsanpassung „einen noch viel drastischeren Einschnitt bedeutet hätte“.

Bundes-Grüne „froh“ über soziale Staffelung
Froh über diese soziale Staffelung zeigten sich hingegen die Grünen. Mit der vollen Inflationsanpassung für niedrige Pensionen und einem Fixbetrag für jene darüber seien „die wesentlichsten Forderungen der Grünen umgesetzt“ worden, kommentierte der Grüne Arbeits- und Sozialsprecher Markus Koza. Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen – mehrheitlich Frauen – hätten bereits einen großen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten müssen: „Jene Menschen hätten weitere Kürzungen besonders schmerzhaft getroffen“, meinte Koza.

Erhöhung für AK vertretbar, IV spricht von „richtigem Schritt“
Angesichts der budgetären Lage beurteilt Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl die Pensionserhöhung als vertretbar. „Der Großteil der Pensionisten bekommt die volle Erhöhung von 2,7 Prozent, das ist gut, das ist vor allem für die Frauen gut.“

„Viel Luft nach oben“ ortet hingegen die Bundespensionistenvorsitzende des ÖGB, Monika Kemperle. Durch die Staffelung seien zwar jene Personen mit niedrigen Pensionen nicht zusätzlich belastet worden. „Zufrieden sind wir aber noch lange nicht. Eine generelle Anpassung unter der Inflationsrate wäre für Pensionistinnen und Pensionisten ein Schlag ins Gesicht gewesen.“

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Der Großteil der Pensionisten bekommt die volle Erhöhung von 2,7 Prozent, das ist gut, das ist vor allem für die Frauen gut.

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl

IV: „Richtiger Schritt“
Für die Industriellenvereinigung ist die durchschnittliche Anhebung der Pensionen unter dem Anpassungsfaktor von 2,7 Prozent ein richtiger Schritt. Zudem brauche es weitere strukturelle Reformen, dazu gehören „selbstverständlich die Diskussion über das gesetzliche Antrittsalter und die Einschränkung von Frühpensionen“, heißt es.

Badelt gegen soziale Staffelung
Jene, die mehr eingezahlt haben, würden durch die Staffelung „bestraft“ kritisierte Fiskalrats-Chef Christoph Badelt im Ö1-„Morgenjournal“. Im konkreten Fall, Stichwort Budgetsanierung, müsse zwar auch an „kleinen Rädern“ gedreht werden, weshalb eine Staffelung schon vernünftig sei, langfristig solle man aber davon wegkommen. Für den Fiskalrats-Präsidenten ist eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters „ein absolutes Muss“.

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