Jagoda Marinić

Podcasterin hält Rede bei Linzer Brucknerfest

Oberösterreich
31.08.2025 15:00

Sie ist eine beliebte Podcasterin in Deutschland: Jagoda Marinić hält am Sonntag, 7. September, die Festrede beim Brucknerfest in Linz. Als Autorin, die über die Gegenwart nachdenkt, gibt sie sich gerne provokant. So wünscht sie sich von der Politik „sanfte Radikalität“: Was meinen Sie damit, Frau Marinić?, fragt die „Krone“.

Das Linzer Brucknerfest ist nicht nur ein Festival der Musik, sondern es ist auch bei Denkerinnen und Denkern beliebt.

Nach Lisz Hirn im Vorjahr wird heuer Jagoda Marinić ans Pult treten und die Festrede anlässlich der Eröffnung halten. Aber wer ist diese Dame, die im deutschen Heidelberg zu Hause ist, denn eigentlich?

Migration und Demokratie
Jagoda Marinić ist eine beliebte Podcasterin, bekannt ist ihr ARD-Podcast „Freiheit Deluxe“ beim Hessischen Rundfunk. Als Autorin und Kolumnistin rüttelt sie an den Fundamenten unserer Gesellschaft. Mit scharfen Essays über Identität, Migration und Demokratie mischt sie Bühnen und Zeitungen auf. Ihre Botschaft: unbequem, mutig, klug, radikal zuversichtlich. Die „Krone“ plauderte vorab mit ihr.

„Krone“: Frau Marinić, wie würden Sie sich selbst in drei Sätzen jemandem vorstellen, der Sie nicht kennt?
Jagoda Marinić: Ich würde mich da an den Schweizer Dichter Robert Walser halten, der sagte: „Niemand ist berechtigt, sich mir gegenüber so zu verhalten, als kennte er mich.“ Gestatten Sie uns eine Begegnung, in der wir die Freiheit genießen, uns neu zu erfinden!

Gerne. Erinnern Sie sich an den Moment, in dem Sie wussten: „Ich werde schreiben“? Wie und wo war das?
Ich hatte die Ahnung schon früh, im Kindergarten, in der Schule, aber die Entscheidung, zu schreiben, wagte ich noch nicht. Das Schreiben war eine Sache der reifen, älteren Herren, dachte ich. Als ich mit 21 Jahren vom Suhrkamp Verlag entdeckt wurde, hatte ich bereits mehrere Jahre die Nächte durchgeschrieben und mein Studium der Germanistik hatte wenig Chancen gegen meine Faszination, selbst zu schreiben. Ich wusste, mein erstes Buch würde mein Leben verändern.

In einer Zeit wachsender Polarisierung: Welche Rolle spielt Kultur heute noch als Raum für Dialog und gesellschaftliche Verständigung?
Ich habe heuer ein großes Literaturfestival in Heidelberg umgesetzt und konnte erleben, wie sehr wir diese Räume brauchen. Zehntausend Menschen, die anders aus einer Lesung herauskommen, die wieder reden, differenzieren und eine Neugier jenseits von News-Schlagzeilen miteinander teilen. Ich halte die Kultur für zentral, sie ist doch letztlich das, was wir meinen, wenn wir so große Worte wie „verteidigen“ in den Mund nehmen.

(Bild: Gaby Gerster)

Ihr aktuelles Buch trägt den Titel „Sanfte Radikalität. Zwischen Hoffnung und Wandel“. Was bedeutet „sanfte Radikalität“ konkret im politischen Alltag – und wie kann sie helfen, echte Veränderung herbeizuführen, ohne die Gesellschaft zu spalten?
Sanfte Radikalität ist eine Haltung, mit der man nach außen durchaus entschieden für seine Ideale kämpft, aber im Inneren sanft bleibt, gegenüber sich und Andersdenkenden. Man versucht, durch Kompromisse Entscheidungen herbeizuführen, mit den Instrumenten, die demokratische Gesellschaften bieten. Denn: Realer Wandel ist wichtiger, als im Recht zu sein.

Zitat Icon

Ich halte die Kultur für zentral, sie ist doch letztlich das, was wir meinen, wenn wir so große Worte wie „verteidigen“ in den Mund nehmen.

Jagoda Marinić

Wie begegnen Sie Menschen, die Veränderung als Bedrohung empfinden?
Ich verstehe ihre Ängste, aber ich versuche ihre Neugier zu wecken, ihr Zutrauen in die Zukunft, ihre Abenteuerlust.

Wie können wir in einer zunehmend digitalen Welt echte Empathie und zwischenmenschliche Verantwortung neu lernen?
Indem wir Räume lebendig halten, in denen wir uns in die Augen sehen, wirklich reden, die Energie spüren, die in einem Saal voller Menschen entsteht, wenn sie sich geistig mit etwas befassen – sei es mit Musik, Literatur oder Wissenschaft.

Was hat Sie zuletzt fassungslos gemacht und wie gehen Sie damit um?
Die Rückkehr des Trumpismus und Maskulinismus und das Recht des Stärkeren. Einen Weg, damit umzugehen, suche ich noch. Aber ich glaube an die Kollaboration zwischen uns Menschen, an Empathie.

Verraten Sie uns, in welche Richtung Ihre Rede beim Brucknerfest gehen wird?
Da möchte ich uns jetzt gerne überraschen.

Welche Botschaft würden Sie an die nächste Generation richten?
Ich bin keine Botschafterin, ich spreche mit Menschen und suche einen Weg, würdig miteinander zu leben. Und gerade von der nächsten Generation – wenn man das so pauschal sagen kann – lerne ich derzeit so viel, dass ich mich gar nicht in die Rolle der Ratgeberin begeben würde, sondern viel lieber sage: „Ich lerne gerade so viel von euch“.

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