Ein Rad, ein paar Taschen – und die Sehnsucht nach Freiheit: Das ist „Bikepacking“. Beim legendären Rennen „North Cape 4000“ geht’s vom Gardasee bis ans Nordkap – und eine Kärntner Wölfin radelte mit. Außerdem hat die „Radkrone“ die wichtigsten Bikepacking-Tipps für Sie.
Startschuss am italienischen Gardasee. 500 Menschen aus aller Welt, jeder allein, nur mit dem Rad und dem Ziel: das sagenumwobene Nordkap. Dazwischen: 4.000 Kilometer quer durch Europa, über Berge, durch Wälder, vorbei an Fjorde und endlose Straßen. Das ist das North Cape 4000 – eines der härtesten Bikepacking-Abenteuer der Welt.
Offiziell ist es „kein Rennen“ und doch tickt die Uhr. Manche schaffen die Strecke in nur zwölf Tagen, andere brauchen die vollen vier Wochen. Entscheidend ist: Jeder fährt allein, versorgt sich selbst, übernachtet wo er will – im Zelt, im Gasthaus oder auf einer Parkbank.
Für viele ist es ein Kampf gegen die Müdigkeit, gegen Regen und Wind – und vor allem gegen sich selbst.
Mitten in diesem Abenteuer: Die Kärntnerin Susi Kühne. Sie wollte es eigentlich nie machen – „zu verrückt“, dachte Susi. Doch der Gedanke ließ die Physiotherapeutin nicht mehr los. Im Dezember klickte sich die Gailtalerin durch das überlastete Anmeldeportal: Plötzlich „You are committed! – du bist fix dabei. Susi: „Ich war überglücklich.“
Dennoch war für Susi von Anfang an klar: „Ich wollte nicht nur strampeln, ich wollte Europa erleben.“ 27 Tage war sie unterwegs – und wurde zur Extratime-Finisherin.
Nächte ohne Bett, Fähren ohne Glück
Bikepacking, das heißt: keine Sicherheit, kein Komfort. „Mir war aber eine Dusche und ein Bett wichtig. Aber manchmal gab es nichts“, erzählt Susi. In Polen verpasste sie die letzte Fähre knapp – und strandete auf einer Insel ohne Hotel. Auch sonst war es oft brutal: Unzählige Rampen mit bis zu zwölf Prozent Steigung, endlose Geraden oder Weltuntergangsstimmung. „Zweimal wäre ich fast im Sattel eingeschlafen. Ich hatte einfach zu wenig gegessen, war zu müde.“
Bikepacking und die Magie der Straße
Und doch ist es diese Mischung aus Leiden und Glücksmomenten, die das „North Cape 4000“ so besonders macht. „In Schweden hat mir jemand einfach Kaffee spendiert, und eine Familie mir abends eine Couch zum Schlafen angeboten. Solche Begegnungen vergisst man nie.“
In Finnland bekam Susi sogar einen neuen Spitznamen: „Susi heißt auf Finnisch Wolf. Die Leute riefen ,Susi, Susi‘ – die Wölfin auf der Strecke. Das hat mir Kraft gegeben.“
Am Tag 27 erreichte die Kärnnterin erschöpft, aber überglücklich das Nordkap: „Es war das härteste, aber auch schönste Erlebnis meines Lebens!“
Und genau das macht die Faszination des Bikepacking aus. Nicht Tempo und Siege zählen, sondern das Abenteuer, die Freiheit und die Geschichten unterwegs. Mit einem leichtem Fahrrad, ein paar Taschen, endlosen Straßen. Und vielleicht ist Susi bald wieder dabei – als radelnde Wölfin auf Europas Straßen.
Immer mehr Radbegeisterte wollen es ausprobieren: Bikepacking, die minimalistische Art des Radreisens. Damit das Abenteuer abernicht im Frust endet, haben wir hier die wichtigsten Tipps für Sie.
1. Das richtige Rad
Gravelbike oder Rennrad? Beides geht. Wichtig ist: robust, leicht und bequem. Wer lange Tage im Sattel verbringt, sollte auf eine entspannte Sitzposition achten.
2. Weniger ist mehr
Nur das Nötigste mitnehmen: Regenjacke, warme Schicht, Minimal-Werkzeug, Ersatzschlauch und Powerbank. „Jeden Extrakilo spürt man nach 100 Kilometern doppelt“, weiß Susi.
3. Schlafplatz clever planen
Zelt, Biwaksack oder Hotel? Alles ist möglich. Wer – wie Susi – auf Dusche und Bett setzt, sollte die Quartiere rechtzeitig checken. In einsamen Regionen können die Abstände riesig sein.
4. Essen und Trinken nicht unterschätzen
Radfahren auf langen Distanzen verbrennt Unmengen an Kalorien. Deshalb immer Snacks griffbereit haben! Ein belegtes Brot oder eine Handvoll Nüsse können im Ernstfall über Sekundenschlaf und Durchhaltewillen entscheiden.
5. Pausen sind Teil des Plans
150 Kilometer täglich klingen nach „locker schaffbar“. Doch Berge, Wind und Regen fordern halt auch ihren Tribut. Deshalb gilt: Pausen einplanen – und sie auch wirklich nehmen. Bikepacking ist nämlich kein Sprint, sondern ein Abenteuer über Tage und Wochen.
6. Kopf und Herz mitnehmen
Bikepacking ist außerdem viel mehr als Sport. Es ist Begegnung, Landschaft, Freiheit. „Nicht nur strampeln, auch schauen, riechen, schmecken“, rät Susi Kühne: „Genau diese Mischung macht das Fahrrad-Erlebnis unvergesslich.“
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