Eine 42-Jährige brachte zu Weihnachten ihren Freund mit einer Glasscherbe fast um. Aus Notwehr, meint die Wienerin: „Ich hab’ geglaubt, er erschlägt mich an diesem Tag!“ Der fast zwei Meter große Mann beteuert aber vor den Geschworenen: „Ich bin kein Frauenschläger.“ Die Geschworenen glauben ihm das nicht, vom Mordversuch wird die Frau freigesprochen.
Wem glaubt man? Einer 42-jährigen Frau mit vier Vorstrafen, allesamt Gewaltdelikte, die sich immer wieder gefangen in Beziehungen mit Schlägertypen wiederfindet und ein monatelanges Martyrium hinter sich haben will. Oder einem beinahe zwei Meter großem stotterten Wiener, der zwar zugibt, immer wieder laut und auch ausfällig zu schimpfen, aber zitternd beteuert: „Ich bin kein Kämpfer, sondern ein Feigling.“
„Er hat sie durch die ganze Wohnung gedroschen“
Selten gehen in Strafprozessen die Versionen so auseinander, wie im Saal 303 im Wiener Landl. Fakt ist, ein 50-Jähriger wurde zu Weihnachten mit schweren Verletzungen an Kopf und Hals ins Spital gebracht. Seine Freundin stach mit einer Glasscherbe zu, sitzt jetzt wegen Mordversuch vor den Geschworenen. Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger wirft ein ganz anderes Licht auf die Tat: „Meine Mandantin ist an dem Tag gehaut worden, das sucht seinesgleichen. Er hat sie durch die ganze Wohnung gedroschen. Nicht das erste Mal.“
Gewalt, Alkohol und Eifersucht
Als er dann über ihr gekniet sei, habe sich die 42-Jährige nicht anders zu helfen gewusst, griff nach einer Glasscherbe am Boden. „Ich hab’ ihn verletzt, das stimmt. Ich hab‘ aber geglaubt, er erschlägt mich an diesem Tag.“ Die Beziehung sei geprägt gewesen von Gewalt, Alkohol und Eifersucht ...
Der großgewachsene 50-Jährige sieht das Problem aber bei der Angeklagten: Sie hat ein Alkoholproblem, werde unfassbar aggressiv, wenn sie zu viel trinkt. „Sie ist stark wie ein Bär, wenn sie so rasend wird“, erklärt er, dass sie ihn nach der Geschenkübergabe beim Christbaum zu Boden geworfen und attackiert hätte – das sei auch kein Einzelfall gewesen. „Ich bin schon mehrmals am Kopf genäht worden.“
„Bin kein Frauenschläger!“
„Das wollen Sie uns und den Geschworenen jetzt weismachen, dass sie ein frommes Unschuldslamm sind“, stellt Arbacher-Stöger die Zeugenaussage infrage – besonders in Anbetracht der massiven körperlichen Überlegenheit des Mannes gegenüber seiner Mandantin. „Ich bin kein Frauenschläger“, beteuert der Wiener.
Höchststrafe und Strafschärfung
Die Geschworenen überzeugt er damit aber nicht. Sie sprechen die Frau nämlich vom versuchten Mord frei und sehen eine Notwehrüberschreitung erfüllt. Wegen grob fahrlässiger Körperverletzung muss sie drei Jahre ins Gefängnis – das ist die Höchststrafe bei diesem Delikt inklusive Strafschärfung. Schließlich hat sie einschlägige Vorstrafen und ist im Rückfall. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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