„Müssen verzichten“

Bundespräsident stimmt auf harten Sparkurs ein

Salzburg
26.07.2025 14:22

Mit unbequemen Worten eröffnete Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Samstag die Salzburger Festspiele offiziell. In Zeiten multipler globaler Krisen seien unpopuläre Maßnahmen notwendig – „auch wenn der Applaus ausbleibt“. Für das Staatsganze müssten nun alle auf etwas verzichten. Hier die wichtigsten Passagen im Überblick.

Van der Bellen sprach zunächst die Protestaktion an, die sich zuvor in der Felsenreitschule abgespielt hatte. Er sei ein Freund Israels, das bedeute nicht, jede Maßnahme der israelischen Regierung gutzuheißen. „Die Situation in Gaza ist niederschmetternd und in keiner Weise humanitär zu rechtfertigen. Aber bitte vergesst auch nicht den Oktober 2023, den schlimmsten Pogrom der Nachkriegszeit.“ Das sei keine Rechtfertigung für das, was im Gaza passiert, „aber bitte zur Erinnerung“.

„Wer entscheidet, gestaltet. Und wer gestaltet, trägt Verantwortung“, hieß es dann in der Rede bei der Felsenreitschule. In Krisenzeiten müsse eben auch riskiert werden, etwas zu sagen, was nicht so gerne gehört wird.

Verantwortungsvolles Handeln brauche weitgehende moralische Klarheit. „Also zu wissen, woran man glaubt. Wofür man steht und wofür man auch einsteht.“ Aus diesem Anlass lud der Staatschef alle ein, dies nach bestem Wissen und Gewissen zu überprüfen und sich bewusst zu machen, dass Werte nur so viel wert seien wie die Taten, die wir für sie auch setzen.

Es braucht „einen gesunden Kompromiss“
Verantwortungsvolles Handeln brauche aber auch die Fähigkeit zu innerer Distanz: „Die Fähigkeit, abzuwägen, wie weit die eigene Überzeugung gehen darf und wann Prinzipientreue einer vernünftigen Lösung im Weg steht. Einer Lösung nicht nur im Sinne der eigenen Blase“, forderte Van der Bellen am Ende des Festakts von allen einen weiteren Horizont ein.

Es brauche also die Fähigkeit zum gesunden Kompromiss – „Sie wissen, dass das ein Hobby von mir ist“.

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Was helfen Politiker, die sagen, ja, es ist eh ganz dramatisch, aber dann nichts tun oder sich in symbolischen Handlungen ohne Wirkung verlieren?

Alexander Van der Bellen

Auch die Wirtschaftslage, in der wir uns global und speziell in unserer Heimat befinden, fordere unsere Verantwortung ein. „Die wirtschaftliche Situation erfordert erhöhte Investitionen. Die Budgetlage allerdings erfordert Kürzungen“, brachte es Van der Bellen auf den Punkt. Verantwortung sehe hier nicht weg, sondern nehme wahr, dass dies die gute Gelegenheit für prinzipielle, strukturelle Veränderungen sein kann und ist – „und geht sie mutig an, auch wenn es weh tut“. „Weil es noch mehr wehtut, nichts zu tun.“

„Weil es ums Ganze geht“
Wir seien gemeinsam in der Verantwortung. Und wir könnten diese Verantwortung nur gemeinsam erfüllen. „Auch wenn der Applaus das eine oder andere Mal ausbleibt. In diesem Zusammenhang freut es mich, dass die neue Bundesregierung eine tiefgehende Strukturreform anpackt. Das durchzusetzen ist nicht unbedingt populär, weil alle Beteiligten auf etwas verzichten werden müssen. Aber es ist hoch notwendig, weil es ums Ganze geht – das Staatsganze“, schloss Van der Bellen.

Warnung vor moderner Wiederkehr autoritärer Systeme
Die Festrede hatte zuvor Anne Applebaum gehalten. Die polnisch-amerikanische Historikerin und Publizistin gilt als Kritikerin autoritärer Herrschaftssysteme. Am Beispiel der Salzburger Festspiele, deren Gründung 1920 aus bürgerschaftlichem Antrieb und ohne staatlichen Auftrag erfolgte, zeichnete sie nach, wie Kunst und gemeinsames Handeln demokratisches Denken stärken. Festspiele wie diese seien Ausdruck eines „unabhängigen Lebens der Gesellschaft“, das gegen Diktaturen ebenso beständig verteidigt werden müsse wie gegen digitale Vereinzelung und soziale Apathie. 

Applebaum erinnerte an autoritäre Systeme wie den Sowjetkommunismus oder die NS-Diktatur, die gezielt freie Vereinigungen und kulturelles Leben zerstörten, und warnte vor deren moderner Wiederkehr, unter anderem in Russland.

„Gute Kunst beschäftigt sich mit Wahrheit“
Vizekanzler Andreas Babler hatte den vor Kurzem verstorbenen Claus Peymann zitiert: „Gute Kunst beschäftigt sich mit dem Auffinden von Wahrheit, wir erkennen durch sie etwas über uns selbst und unser Leben in einer sehr komplizierten Welt.“ So könnten Anlässe – „und ich sage das jetzt ganz bewusst mit den Hintergrundgeräuschen“ – wie hier in Salzburg zu diesen Diskursräumen werden.

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