Das Trinkgeld entwickelt sich zu einem ideologischen Zankapfel zwischen SPÖ und ÖVP: Der schwarze Wirtschaftsflügel will das Trinkgeldpauschale für SV-Beiträge abschaffen. Die SPÖ ist dagegen, weil der Sozialversicherung Geld entgeht. Sie will vielmehr eine bundeseinheitliche Regelung. Die Verhandlungen laufen gerade auf Hochtouren.
Vor allem die Wirtschaftskammer mit Harald Mahrer an der Spitze hat in den vergangenen Wochen Druck für eine Abschaffung des Pauschale gemacht. Er bekam Unterstützung von Peter McDonald, der als Wirtschaftsvertreter im ersten Halbjahr der Gesundheitskasse vorsaß. Seit gestern ist der Gewerkschafter Andreas Huss am Ruder. Er schlägt einen völlig anderen Kurs ein.
Derzeit gibt es in fünf Bundesländern ein Pauschale für die Sozialversicherungsbeiträge auf Trinkgeld zwischen 40 und 70 Euro monatlich. Es wurde seit Jahren nicht inflationsangepasst. In der Steiermark und in Salzburg wird die Abgabe anhand der tatsächlichen Trinkgeldhöhe berechnet.
Mit Einkommenssteuer besteuert wird das Trinkgeld nicht. Das soll auch so bleiben.
Im Regierungsprogramm ist eine Reform, aber keine Abschaffung vorgesehen. Wörtlich heißt es dort: „Evaluierung und praxistaugliche Ausgestaltung der Regelungen für das Trinkgeldpauschale inkl. TRONC-Systeme.“
Vor allem in der Gastronomie gilt Trinkgeld als Gehaltsbestandteil. Deswegen gibt es auch das SV-Pauschale. Eine Abschaffung bedeutet weniger Arbeitslosengeld, weniger Krankengeld und weniger Pension, sagt Huss. Auch Finanzminister Markus Marterbauer argumentierte zuletzt im Interview mit der „Krone“ gegen eine Abschaffung.
Bundesweit einheitliche Regel soll kommen
Huss hat konkrete Vorstellungen: „Wir wollen eine bundesweit einheitliche Höhe. Das heißt, jeder Arbeitnehmer bezahlt 18 Prozent von dieser festgelegten einheitlichen Höhe des Pauschales und hat dann um diesen Anteil eine höhere Pension, ein höheres Arbeitslosengeld, ein höheres Krankengeld, eine höhere Unfallrente und so weiter. Die Pauschalhöhe soll jährlich valorisiert werden.“
Nötig geworden ist eine Reform, weil mittlerweile viel öfter mit Karte gezahlt wird und die tatsächliche Höhe der Trinkgelder für die Sozialversicherung sichtbar wird. Das hat wiederum zu teils horrenden Nachzahlungsaufforderungen geführt. „Wenn das Pauschale um das Dreifache überschritten wird, dann wird von Gesetzes wegen nachgerechnet“, erklärt Huss. „Unser Angebot an die Wirtschaft ist ein einheitliches Pauschale und egal, wie viel Trinkgeld dann tatsächlich fließt, wir verrechnen nichts mehr nach. Das heißt, die Unternehmen hätten Sicherheit.“ Huss legt sich nicht auf konkrete Zahlen fest, „aber es wird dreistellig werden“. Immerhin sei das Pauschale seit 20 Jahren nicht erhöht worden.
„Das Trinkgeld ist steuerfrei und soll das bleiben“, betont Huss. „Das heißt, der Staat will da nicht mitnaschen, sondern es geht darum, dass die Arbeitnehmer einen Teil ihres Trinkgeldes auch in die Pension und Gesundheitsleistungen mitnehmen.“ Die Wirtschaftskammer rückt auch angesichts des neuen Angebots von Gewerkschafter Huss nicht von ihrem Standpunkt ab. Der neue Wirtschaftskammer-Generalsekretär Jochen Danninger meint gegenüber der „Krone“: „Trinkgeld ist ein Geschenk des Gastes für guten Service und soll deshalb steuer- und abgabenfrei sein. Das ist auch die Meinung der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung und der Versicherten. Es wirkt wie eine verkehrte Welt, wenn ich als Vertreter der Arbeitgeber beim Trinkgeld mich hinter die Arbeitnehmer stellen muss und ihre Interessen verteidige. Wenn Herr Huss selbst beim Trinkgeld noch zugreifen will, ist vom viel beschworenen Reformwillen in der ÖGK nicht viel übrig.“
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