Zwischen dem Leithagebirge und dem Neusiedler See liegt das traditionsreiche Bio-Landgut Esterházy – ein Ort, an dem Geschichte, Natur und Landwirtschaft miteinander verschmelzen. Neben Weinbau und Kulturlandschaft setzt der burgenländische Vorzeigebetrieb ein starkes Zeichen für nachhaltige Tierhaltung. Besonders im Fokus: die Zucht von Angus-Rindern unter höchsten Tierwohl-Standards.
Die schottische Rinderrasse Aberdeen Angus ist bekannt für besonders zartes, fein marmoriertes Fleisch. Auf den großzügigen Weideflächen rund um den Neusiedlersee wachsen die Tiere am Bio-Landgut Esterházy langsam und naturnah auf. Gefüttert wird ausschließlich mit hofeigenem Heu und Gras – ohne Antibiotika, Gentechnik oder Turbomast. Die extensive Rinderhaltung am See trägt direkt zur Bewirtschaftung des Schilfgürtels bei – einem der größten Europas.
Mehr Bio geht nicht
Zwar weiden die Tiere nicht direkt im Schilf, doch durch die Beweidung angrenzender Feuchtwiesen und Übergangsflächen verhindern sie die Verbuschung dieser sensiblen Zonen. So bleibt die Kulturlandschaft offen, artenreich und gepflegt. Die Weiderinder ersetzen damit auf natürliche Weise maschinelle Eingriffe und unterstützen den ökologischen Gleichklang zwischen Schilf, Wiesen und Tierhaltung – eine Symbiose aus Naturschutz, Landschaftspflege und nachhaltiger Landwirtschaft.
Diese Art der Weidehaltung kommt nicht nur dem Tierwohl zugute, sondern wirkt sich direkt auf die Fleischqualität aus: durch mehr Bewegung, gesunde Ernährung und geringeren Stressanteil entsteht ein geschmacklich intensives, saftiges Fleisch, das sich auch in der Spitzengastronomie zunehmender Beliebtheit erfreut.
Stressfreie Schlachtung als Qualitätsfaktor
Der mehrfach preisgekrönte Bio-Bauer Norbert Hackl beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit Weide- und Hofschlachtung und bringt seine Expertise in den burgenländischen Leitbetrieb ein. „Wie ein Tier seine letzten Minuten erlebt, beeinflusst nicht nur das Tierwohl – sondern auch die Qualität des Fleisches. Denn Angst und Hektik kurz vor der Schlachtung hinterlassen Spuren, die am Teller deutlich spürbar sein können“, erklärt der Fachmann im Gespräch mit der „Krone“ Tierecke.
Durch die Ausschüttung von Stresshormonen verbraucht das Tier wichtige Energiereserven in der Muskulatur. Die Folge: Das Fleisch wird dunkler, zäher und trocknet schneller aus. Auch die Reifung läuft gestört ab – ein Qualitätsverlust, den selbst der beste Koch nicht ausgleichen kann. Für Norbert Hackl ist der Kugelschuss direkt auf der Weide die nachhaltigste Methode, um schonend an den wertvollen Rohstoff „Fleisch“ zu kommen.
Doch obwohl der „Weideschuss“ in der EU unter bestimmten Voraussetzungen und Auflagen erlaubt ist, hat das Bio-Landgut der Esterhazys für seine Angusrinder bis jetzt keine Genehmigung seitens der burgenländischen Veterinärbehörde bekommen. Der Vorzeige-Betrieb hätte bereits sämtliche nötigen Vorkehrungen für eine „perfekte“ Weideschlachtung getroffen. Nun fehlt nur noch der Startschuss seitens der zuständigen Behörde.
Mir ist es ein Anliegen, dass wir Tieren gerade in den letzten Stunden ihres Lebens möglichst wenig Stress und Leid zumuten.
Anja Haider-Wallner, Tierschutz-Landesrätin im Burgenland
Tierschutz-Landesrätin lässt den Fall prüfen
Die „Krone“ fragte Landeshauptmann-Stellvertreterin und Tierschutz-Landesrätin Anja Haider-Wallner (Grüne), wie sie die Situation beurteilt und ob es eine Lösung geben kann, damit der Bauer das Schicksal seines Tiers selbst in die Hand nehmen kann. Sie befürworte Möglichkeiten der Schlachtung direkt am Hof – in eigenen zugelassenen Schlachträumen oder auch in mobilen Einrichtungen. Auch eine Schlachtung auf der Weide ist für Haider-Wallner vorstellbar, wenn die Rahmenbedingungen passen.
„Ich lasse gerade prüfen, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, eine Weideschlachtung im Burgenland in bestimmten Fällen zu ermöglichen“, so die Tierschutz-Landesrätin. Das gibt Hoffnung, denn wenn Fleisch ein Stück Verantwortung ist, dann beginnt Tierwohl nicht erst auf der Weide – und endet nicht am Schlachthoftor.
In Österreich gibt es Bauernhöfe, auf denen Tiere leben dürfen, wie es eigentlich sein sollte: auf der Weide, in Freiheit. Sie wachsen langsam und gesund auf – ein Leben, das den Namen Tierwohl verdient. Doch am Ende wartet auch auf sie das Gegenteil. Transport, Fixierung in der Schlachtbox. Stress. Angst. Ein Ende, das so gar nicht zum Rest passt.
Kaum ein Thema wird in der Tierhaltung und von Konsumenten so konsequent verdrängt wie das Sterben. Wenn es ums schlachten geht, reden alle leise, drehen sich um, drücken sich. Dabei ist gerade dieser Moment entscheidend. Es ist ein Fakt: für jedes Schnitzel, für jedes Wurstradl muss ein Tier sein Leben lassen. Also müssen wir uns diesem Thema stellen und darüber reden. Und vor allem müssen wir auch den Mut haben, Veränderungen, die auch Verbesserungen sind, zuzulassen.
Warum verwehren wir Bauern das Recht, ihre Tiere auf dem letzten Weg stressfrei durch einen Weideschuss zu begleiten? Nur weil einige Bürokraten davor Angst haben, ein Schuss könnte daneben gehen? Liebe Entscheidungsträger: Aus Angst vor möglichen Fehlern lieber die sichere Qual in Kauf zu nehmen, halte ich für den falschen Tierschutzansatz.
Weideschlachtung ist kein esoterischer Bio-Hippie-Traum. Sie ist kein Ersatz für die Masse, sondern ein zusätzlicher Weg für kleine, feine Betriebe. Ein gutes Leben verdient einen sanften Tod, wer das blockiert, hat den Begriff Tierwohl nie verstanden.
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