Gegen den Schmuggel

Die Jagd nach der Fälschung: Zöllner bei der Wiener Post

Österreich
27.06.2013 14:39
Rund 20.000 Pakete bekommt die Post jede Woche in ihr Zentrum in der Halban-Kurz-Straße im Wiener Bezirk Liesing. Rund ein Viertel davon - zwischen 4.000 und 6.000 - muss sie an den Zoll zur Bearbeitung weiterleiten. Das betrifft Sendungen aus Nicht-EU-Staaten, denn diese sind abgabenpflichtig, zumindest, wenn sie einen gewissen Wert übersteigen. Doch die Beamten haben nicht nur die Einhebung der Gebühren im Sinn. Sie sind auch Speerspitzen im Kampf gegen Schmuggelware und Produktfälschungen.

Die Zöllner wissen, wo zu suchen ist: So wurde schnell ein Paket herausgezogen, das in Nordindien aufgegeben wurde. Die Verpackung ist aus Stoff. Wirklich schwer hatte es der Absender den Beamten auch nicht gemacht: "Medikamente und Kleider" stand auf dem zugenähten und mit rotem Wachs versiegelten Umschlag geschrieben. Andreas Gassmann, Amtsdirektor der Zollstelle, machte das Paket auf. Mehrere gefälschte Markenhosen kamen zum Vorschein, dazu einige Blister mit Arzneimitteln.

Auch "Vigora" befand sich darunter, ein "Lifestyle-" oder "Stehauf-Männchen-Produkt", wie Gassmann augenzwinkernd meinte. "Vigora" ist nur einer der Namen, unter denen gefälschte Viagra-Tabletten im Internet vertrieben werden. Gemeinsam ist ihnen allen - und das gilt nicht nur für Potenzmittel -, dass der Kunde nicht weiß, was genau in dem Medikament ist und wie viel.

"Hochburg für Arzneimittelfälschungen ist Indien"
"Eine Hochburg für Arzneimittelfälschungen ist Indien, und man hat da einige Berichte sehen können, wie die Produktion dort aussieht. Da wundert's einen dann nicht, dass in manchen Tabletten gar kein Bestandteil ist, und in anderen wieder so viel - die doppelte und dreifache Menge -, weil es ganz einfach in einer Betonmischmaschine vermengt und dann irgendwie abgefüllt worden ist. Sehr gefährlich ist das, würde ich sagen", erklärte der Zöllner.

In einer Woche über 4.000 Arzneimittel sichergestellt
Nicht zuletzt deshalb wird jährlich weltweit die "Operation Pangea" durchgeführt, bei der illegale und gefälschte Medikamente besonders im Visier der Behörden stehen. In Österreich wird die Aktion von Zoll, der AGES-Medizinmarktaufsicht und dem Bundeskriminalamt durchgeführt. Bis 25. Juni wurden in dem einwöchigen Schwerpunkt 4.140 Arzneimittel in 36 Sendungen sichergestellt. In 21 davon befanden sich 970 gefälschte Potenzmittel, der Rest waren illegal eingeführte Arzneiwaren.

Dass die Zöllner immer wieder solche Lieferungen aus dem Verkehr ziehen, ist Gassmann zufolge alles andere als Zufall: "Es sind verschiedene Kriterien, natürlich auch Berufserfahrung, die uns dazu veranlassen, Pakete von der Post öffnen zu lassen. Das können verschiedene Dinge sein, Auffälligkeiten des Pakets, Aufmachung des Pakets, Herkunftsländer, schon bekannte Absender und natürlich das Gespür."

"Die Leute versuchen ein bisschen zu tricksen"
Gespür benötigen die Zöllner auch, denn bei verbotenen Waren "ist es meistens so, dass die Zollinhaltserklärung nicht immer präzise das wiedergibt, was wirklich drinnen ist", betonte Gerhard Marosi, Experte für Produktfälschungen im Finanzministerium. "Hier versuchen die Leute ein bisschen zu tricksen, durch falsche Angaben den Zoll ein wenig in die Irre zu führen."

Dass die Zöllner im Paketzentrum auch einen Röntgenscanner zur Durchleuchtung der Sendungen haben, schreckt Schmuggler nicht unbedingt ab. Sie haben Gegenstrategien entwickelt. Marosi: "Das funktioniert dann so, dass zusätzlich Blaupapier oder Kohlepapier in den Umschlag gelegt wird, das angeblich verhindert, dass die Medikamente im Scanner ganz genau entdeckt werden können."

Andere Verschleierungstaktiken sind dem Experten zufolge falsche Erklärungen. Unterschiedliche Angaben über den Wert einer Sendung auf den Zollerklärungen und den tatsächlichen Rechnungen gehören zum Alltag der Beamten. Doch oft werden Medikamente auch über andere Länder umgeleitet und nicht mehr direkt aus dem Herkunftsland verschickt.

Fälschungen oft nur sehr schwer erkennbar
Falsifikate sind manchmal besonders gut oder besonders schlecht. Gassmann zum Beispiel kann man kaum etwas vormachen. Gefälschte Louis-Vuitton-Taschen oder Christian-Louboutin-Schuhe kann er auf gut fünf Meter von echten unterscheiden. Doch an der Fälschung einer Schweizer Luxusuhr scheiterte sogar der Uhrmacher der Herstellerfirma. Erst nachdem der Chronometer zerlegt und die Einzelteile genau analysiert waren, konnten sich die Beamten sicher sein, dass es sich um eine Fälschung handelte.

Leicht hatten sie es hingegen in einem Fall von gefälschten iPhones. Diese wiesen ausziehbare Antennen für Fernseh- und Radioempfang auf. Auch in einem anderen Fall hatten es die Zöllner nicht wirklich schwer. Das betreffende Apple-Originalprodukt war noch gar nicht auf dem Markt - im Unterschied zur Fälschung.

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