In diesen Darstellungen der Tiere in unterschiedlichen Positionen sieht Azéma keine Korrekturen der Steinzeit-Künstler, sondern vielmehr deren Bemühen, eine Bewegung abzubilden. Für ihn ist etwa der achtbeinige Bison (Bild) in der berühmten Höhle von Chauvet in Südfrankreich keine Darstellung eines Fabelwesens, sondern ein über 30.000 Jahre altes Wackelbild.
Bewegungsabläufe dargestellt
Anhand von jahrtausendealten Felszeichnungen aus den Höhlen von Chauve und Lascaux , der Grotte des Trois-Frères in Frankreich sowie in Schiefergestein geritzten Tierdarstellungen (sie zeigen Auerochsen, Pferde, Hirsche, etc.) nahe der portugiesischen Stadt Vila Nova de Foz Coa, demonstriert Azéma in einem Video (oben klicken) eindrucksvoll, wie die Ersteller dieser frühen Kunstwerke ihre Abbildungen in einzelne Bewegungsphasen unterteilten.
Alleine in der Höhle von Chauvet gibt es laut Azéma ein Dutzend Tierdarstellungen, bei denen zwei oder mehrere Bilder übereinandergelegt wurden und so Bewegungsabläufe wie Kopfschwenken, Laufen oder Schwanzwedeln darstellen. In Lascaux fänden sich zahlreiche Tierabbildungen mit multiplen Köpfen, Beinpaaren oder Schwänzen, so der Experte für Frühgeschichte. Auch in Knochen eingeritzt fand er - dargestellt in drei Bewegungsphasen - beispielsweise einen laufenden Löwen.
Prähistorisches Kino
Auf diese Weise, so Azémas These, wollten die frühen Maler nicht nur auf grafische Weise einen Bewegungsablauf darstellen, sondern erfanden bereits jenes System, auf dem die Grundlage für die Trickfilmanimation beruht. Vermutlich sei die Bewegung beim Erzählen der Bilder durch dynamisches Hin- und Herbewegen von Fackeln oder Lampen noch verstärkt worden, so der Wissenschaftler. Für ihn steht daher fest: Das Kino wurde nicht erst von den Lumière-Brüdern erfunden, sondern bereits vor Zehntausenden Jahren von den Höhlenmenschen.
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