Eingeschleppte Flora

Klimawandel beschert Allergiesaison im ganzen Jahr

Österreich
13.03.2024 12:29

Die globale Erwärmung und eingeschleppte Pflanzen verlängern die Allergiesaison, erklärten Experten Mittwoch vor Journalisten in Wien. Warme Wintertemperaturen ließen Haselbüsche heuer schon im Jänner Pollenkörner ausstoßen, es folgten Bäume wie Eschen. Im Frühling blühen Gräser, im Sommer und Herbst Beifuß sowie Ragweed. Sogar zur Weihnachtszeit schwirren Pollen der von Stadtgärtnern gepflanzten Purpurerlen durch die Luft, sagte Helmut Zwander vom Kärntner Pollenwarndienst.

Laut österreichischem Wetterdienst Geosphere Austria wird der aktuelle Winter der zweitwärmste seit Beginn der Messungen, der Februar war der allerwärmste. Dies verlängert die Pollensaison nach vorne, berichteten die Experten: „Bereits Ende Jänner begann die Hasel mit ihrer Blüte, gefolgt von der Erle, die bis Anfang März stäubte“. Bei den Erlenpollen gab es „außergewöhnlich hohe Belastungsspitzen“.

Etwa einen Monat früher als im langjährigen Schnitt wurden in den Messstellen schon Pollenkörner der Esche gefunden. „Sie erreichten durch die ungewöhnlich hohen Temperaturen der vergangenen Wochen auch ungewöhnlich hohe Konzentrationen“, sagte Markus Berger vom Österreichischen Polleninformationsdienst.

Höhenlagen keine pollenfreie Zone mehr
Bei der Birke würde ebenfalls ein Frühstart erwartet, so Berger. Nämlich im ganzen Land in der dritten Märzwoche. Erste Pollen wurden auch hier bereits registriert. Danach folge die Blüte der Gräser, und im Spätsommer Beifuß und Ragweed. Damit wird die Pollensaison eigentlich beschlossen, lediglich die Purpurerle „störe im Dezember noch den Weihnachtsfrieden“.

„Sie hat sibirische Gene und ist dadurch winterresistent“, sagte Zwander: „In Kärnten können auf Südhängen auch die Hasel und Grau-Erle bereits kurz nach den Weihnachtsfeiertagen mit der Pollenfreisetzung beginnen“. Selbst Höhenlagen seien keine pollenfreie Zone mehr. Der Blütenstaub der Pflanzen gelangt bis über 2000 Meter, sagte er.

Ragweed wandert allmählich auch in Westen Österreichs
Im vergangenen Jahr habe die Pollenzeit im Osten des Landes bereits etwa 300 Tage angedauert. Durch die von Menschen verursachte globale Erwärmung werden es mehr und mehr, so Zwander: „Die milden Wintertage fördern einen frühen Beginn der Pollensaison und lassen Pflanzen bis in den späten Herbst hinein blühen“.

Eingeschleppte Pflanzen bereiten Allergikern zusätzlich Probleme. Bereits Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde Ragweed aus den USA nach Europa verfrachtet. Es ist in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland weit verbreitet, und gelangte bereits gen Westen bis nach Tirol und Kärnten.

Auch der „Einjährige Beifuß“ (Artemisia annua) sorgte laut den Experten im Vorjahr mit einer starken Blüte im Spätherbst für heftige Beschwerden. Er stammt ursprünglich aus Asien und vom Balkan. Herbstliche Allergieschübe erwarte man verstärkt durch Schilfpollen rund um den Neusiedler See im Burgenland und die Kärntner Seen.

Neuerdings im pannonischen Tiefland anbaubare Olivenhaine könnten zusätzlich „in nicht allzu ferner Zukunft für Belastungen bei Menschen sorgen, die sensibel auf Pollen von Ölbaumgewächse reagieren“, hieß es. Lokal könne auch der sich aktuell ausbreitende „Götterbaum“ die Schleimhäute reizenden Pollenflug bringen.

Pollenmessungen zeigen Allergie-Risiko
Österreichweit gibt es 25 strategisch positionierte Messstellen, sogenannte Pollenfallen, wo regelmäßig der Pollengehalt in der Luft gemessen wird, berichtete Berger. Weil allergische Symptome von Wind und Wetter abhängig sind und durch Luftverschmutzung verstärkt werden, berücksichtige der Polleninformationsdienst neben den lokalen Pollen- auch Wetterdaten und berechnet den Einfluss von Ozon, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid sowie Feinstaub.

Auch die Flora der Nachbarländer werde einbezogen, denn Luftströmungen tragen deren Pollen ungehindert über die Grenzen. Mit all diesen Daten könne man sehr genau ein persönliches Allergie-Risiko ermitteln, erklärte er. Es ist über eine kostenlose App (namens „Pollen+“) oder die Internetseite des Polleninformationsdienstes abrufbar.

Allergiker sehr im Alltag eingeschränkt
In Österreich leiden eineinhalb bis zwei Millionen Menschen an einem „Heuschnupfen“ der durch den Kontakt mit Pollen hervorgerufen wird, sagte Fritz Horak vom Allergiezentrum Wien West. Typische Beschwerden seien eine rinnende oder verstopfte Nase, Augenjucken und Niesattacken. „Sie sind mit einem Verlust an Lebensqualität verbunden, denn viele Allergiker leiden während der Pollenzeit auch unter Schlafstörungen, einem Leistungsabfall bei der Arbeit und in der Schule sowie an Einschränkungen bei Freizeitaktivitäten“, erklärte er.

Der „vermeintlich harmlose allergische Schnupfen“ könne auch allergisches Asthma auslösen. Um dies zu vermeiden, sei eine frühe Diagnose und Behandlung nötig. „Treten Beschwerden jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit auf und dauern über mehrere Wochen an, könnte eine Pollenallergie dahinter stecken“, so Horak. Dann sollte man einen Arzt aufsuchen.

Immuntherapie kann Linderung bringen
Betroffene könnten mit Pollenschutzgittern und Luftreinigern in den Wohnräumen die Belastung senken. „Vor allem sollten sie den Pollen möglichst aus dem Weg gehen“, sagte Horak. Die Symptome würden von speziellen Wirkstoffen (Antihistaminika und Kortison) gelindert. Es gibt auch eine Allergen-spezifische Immuntherapie (AIT), bei der das Immunsystem im Zeitraum von mehreren Jahren lernt, die Allergie-Auslöser zu tolerieren. „Circa 70 bis 80 Prozent der Behandelten berichten über eine Besserung der Symptome“, berichtete der Mediziner. Die Chancen dafür stünden umso besser, umso früher mit einer Immuntherapie begonnen wird.

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