Soll heißen: Das Gericht hatte im laufenden Verfahren den Tatvorwurf gegen Scheuch erweitert. Der Angeklagte wurde darüber aber nicht informiert. Laut österreichischem Recht können Gerichte zwar im Laufe eines Verfahrens Aspekte aufgreifen, die zum Zeitpunkt der Anklageerhebung nicht genannt wurden. In diesem Fall darf der Beschuldigte aber nicht "überrascht" werden, sondern muss über die geänderten rechtlichen Gesichtspunkte aufgeklärt werden.
Die Stellungnahme des OLG Graz kannst du in der Infobox nachlesen!
Der Anklagevorwurf gegen Scheuch lautete, dass er für die Befürwortung eines Antrages auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft eine Parteispende gefordert habe. Laut dem erstinstanzlichen Schuldspruch habe Scheuch als Amtsträger "die Parteispende (auch) für die parteilich befürwortende Stellungnahme" bezüglich eines Großprojekts im Kollegium der Kärntner Landesregierung, welches die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln zum Inhalt hat, gefordert, heißt es in der Erklärung des Oberlandesgerichts.
Weil für Scheuch "keine Möglichkeit bestand", zu diesem neuen Vorwurf - sprich: der Vergabe von Fördermitteln - Stellung zu nehmen, sei er in seinen Verteidigungsrechten beschränkt worden.
Gerichtssprecher: "Das ist einzigartig"
Der Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt, Martin Reiter, zeigte sich am Donnerstagnachmittag verwundert: "Es handelt sich um eine reine Formalentscheidung, die in der österreichischen Rechtssprechung einzigartig ist." Kritisiert werde eine laut OLG unzureichende Rechtsbelehrung, die in der Strafprozessordnung gar nicht zwingend vorgesehen sei, so Reiter. Das OLG habe das Urteil inhaltlich nicht geprüft. Es sei ein Verfahrensfehler passiert, die Causa müsse daher "unter Weglassung dieses Fehlers neu verhandelt werden".
Das weitere Prozedere ist klar. Am Landesgericht muss jetzt ein anderer Richter gefunden werden. Danach ist ein Prozesstermin festzulegen, die Causa wird dann völlig neu verhandelt. Das heißt, dass auch sämtliche Zeugen noch einmal geladen und einvernommen werden. Wann es so weit sein wird, steht vorerst in den Sternen.
Zu 18 Monaten Haft verurteilt
Der FPK-Obmann war am 2. August vergangenen Jahres wegen des Verbrechens der Geschenkannahme durch Amtsträger nicht rechtskräftig zu 18 Monaten Haft, sechs davon unbedingt, verurteilt worden. Richter Liebhauser-Karl begründete die Höhe der Strafe damals mit der "Generalprävention". "Es geht darum, andere von solchen Taten abzuhalten." Zudem habe Scheuch bis zum Schluss seine Handlungen "bagatellisiert".
Grund für die Anklage war die sogenannte "Part of the game"-Affäre. Scheuch soll im Juni 2009 für das Beschaffen einer Staatsbürgerschaft für einen Russen Geld für die Parteikasse verlangt haben. Damals gehörten die Kärntner Freiheitlichen noch zum BZÖ. Das Gespräch wurde auf Tonband aufgezeichnet. Das Urteil hatte für heftige politische Auseinandersetzungen gesorgt.
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