Korruptionsaffären

ÖVP bekommt “Verhaltenskodex” verpasst

Österreich
20.03.2012 11:05
Parteichef Michael Spindelegger verpasst der ÖVP angesichts der Korruptionsaffären im staatsnahen Bereich einen "Verhaltenskodex". Ausgearbeitet wird das Papier von Vorarlbergs Ex-Landeshauptmann Herbert Sausgruber, der früheren Nationalbank-Chefin Maria Schaumayer sowie vom Juristen Wolfgang Mantl. Wenn der Kodex dann fertig sei, müsse sich jeder ÖVP-Politiker genau daran halten, erklärte Spindelegger am Montagabend.

Demnach sollten schon Aktive per Vorstandsbeschluss an die Regelungen gebunden werden, Neueinsteiger müssten das Papier unterschreiben. Es gehe um eine "politisch-moralische Handlungsanleitung". Wenn jemand dem Kodex nicht Folge leiste, werde es Konsequenzen geben, versicherte Spindelegger in der "ZiB": "Der hat in dieser Partei keine Zukunft." Eine mögliche Maßnahme schloss der VP-Chef jedoch gleich einmal sarkastisch aus: "Ich habe nicht vor, ÖVP-Gefängnisse zu eröffnen."

"Möchte saubere Partei führen"
Am Montag vor dem Ministerrat erklärte Spindelegger dann die Motivation für den Kodex: "Ich möchte als ÖVP-Obmann eine saubere Partei führen." Es müsse festgeschrieben werden, was man tun könne und was nicht. Die Regelungen müssten dabei sogar strenger sein als die strafrechtlichen Vorgaben. Zuwendungen von Unternehmen an Parteien will der ÖVP-Chef dabei jedoch nicht ausschließen - es müsse nur klargestellt sein, dass es für die Leistung auch eine Gegenleistung geben werde.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sprach von einem sehr guten Signal der Transparenz. Im Zusammenhang mit den Korruptionsaffären habe es eine Verallgemeinerung gegeben, die schon demokratiebedenklich sei. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erklärte, ihr sei jede Maßnahme recht, die dazu beitrage, dass die Menschen wieder mehr Vertrauen in die Politik bekämen. Und Finanzministerin Maria Fekter meinte kurz und bündig: "Klarheit finde ich gut."

SPÖ sieht bei sich keinen Bedarf
Die SPÖ wiederum kümmert die Idee von Spindelegger wenig. Parteivorsitzender Werner Faymann erklärte am Dienstag, er wolle sich zunächst einmal ansehen, was die ÖVP bei diesem Thema erarbeite. Grundsätzlich sei er aber der Meinung, dass gute Gesetze und hohe Transparenz die beste Wirkung gegen Korruption erzielten.

Mehrere rote Minister meinten, dass Maßnahmen wie jene von Spindelegger für die Sozialdemokraten unnötig seien. "Man weiß, was geht und was nicht", erklärte etwa Infrastrukturministerin Doris Bures. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder sprach gar von einem "Armutszeugnis", wenn man einen Kodex brauche, um zu wissen, wie man sich zu verhalten habe.

Auch Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat kein Bedürfnis nach entsprechenden Regelungen: "Als Politiker sollte man wissen, wie man sich zu benehmen hat." Gesundheitsminister Alois Stöger fügte hinzu: "Die Sozialdemokratie in Österreich hat immer Moral bewiesen."

Spindelegger für "Kultur der Ehrlichkeit"
Spindelegger plädiert auch in dem soeben erschienenen "Österreichischen Jahrbuch für Politik 2011" für eine "werteorientierte Politik". Dazu gehöre auch "eine Kultur der Ehrlichkeit in der Politik", so der ÖVP-Chef. "Politiker sind Volksvertreter, und als solche wollen und müssen wir Vorbilder für die Menschen in unserer Heimat sein. Daher müssen wir uns in unserem Handeln am Gemeinwohl, an unserem Gewissen und an unseren Werten orientieren", schreibt Spindelegger - ohne auf die aktuellen Korruptionsfälle oder den dazugehörigen U-Ausschuss einzugehen.

Die ÖVP war zuletzt im Untersuchungsausschuss einmal mehr in den Fokus gerückt, als die Chefin einer Werbeagentur bestätigte, dass die Firma "Valora" des Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger den von ihrer Agentur durchgeführten Jugendwahlkampf der ÖVP im Jahr 2008 gezahlt habe. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Werner Amon, wegen Geldwäsche. Anlass sind Zahlungen der "Valora" an den ÖAAB, für die keine Gegenleistung aufzufinden ist. Amon war damals Generalsekretär des Arbeitnehmerbundes.

Prominente Zeugen im U-Ausschuss
Im Untersuchungsausschuss werden diese Woche teils prominente Zeugen erwartet: Zur Causa Telekom sind am Mittwoch und am Donnerstag ÖIAG-Chef Markus Beyrer, der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, der frühere FPÖ-Politiker Walter Meischberger, sein Ex-Kollege Gernot Rumpold sowie dessen Ex-Frau Erika Daniel geladen. Es geht um fragwürdige Geldflüsse und Jagdveranstaltungen.

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