„Jesus eure Rettung“

Eindringling besetzt Regierungsbank im Parlament

Politik
05.07.2023 12:00

Der Nationalrat ist in die letzte Plenarwoche vor der Sommerpause gestartet. Die Sitzung am Mittwoch wurde dabei durch einen kuriosen Zwischenfall gestört. Ein unbekannter Mann setzte sich auf die Regierungsbank, die Debatte musste deswegen unterbrochen werden.

Der Eindringling setzte sich auf einen leeren Platz auf der Bank, die für Regierungsmitglieder reserviert ist, hob die Hand und erklärte: „Es ist eine Schande, wie das Volk belogen wird. Jesus Christus ist eure Rettung!“. Kurz darauf wurde der Mann aus dem Saal geführt.

„Der Sitzungssaal ist natürlich nur für Regierungsmitglieder und Abgeordnete vorgesehen“, erklärte die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Sie unterbrach die Sitzung, bei der gerade drei Volksbegehren diskutiert wurden. Als der Mann hinausgeführt wurde, gab er an, sich am Weg zur Besuchergalerie verlaufen zu haben.

Debatte um Steuern und Inflation
Zuvor wurde in einer „Aktuellen Stunde“ auf Antrag der NEOS über Steuern auf Arbeit und Vermögen sowie über die hohe Inflation debattiert. Als im Mai die Inflation laut Statistik Austria auf 8,8 Prozent sank, führte das die ÖVP auf die Maßnahmen der Regierung zurück und erklärte, dass nun der von Kanzler Nehammer angestrebte Dominoeffekt einsetze. Ende Juni, als die Inflation weiter gesunken war, hieß es auf Twitter von der ÖVP, dass dies „dank unserer konsequenten Regierungspolitik“ geschehen sei.

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Ihr veräppelt uns doch alle!

NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger

Zu Beginn der Debatte hielt deswegen NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger der Volkspartei und ihrem Finanzminister Magnus Brunner vor, sich selbst dafür abzufeiern, dass die Inflation im Mai und Juni sank: „Das ist eine Chuzpe!“, sagte sie. Dabei sei die Inflation in der Eurozone im Vergleich zu Österreich deutlich niedriger. Während die Teuerung Menschen und die Wirtschaft belaste, führe die ÖVP einen „Kulturkampf gegen das Gendern“, kritisierte Meinl-Reisinger. „Ihr veräppelt uns doch alle!“

„Sicher nicht alles falsch gemacht“
Trotzdem erklärte Finanzminister Brunner: „Die Regierung feiert sich nicht für die Inflationssenkung ab“. Man stelle nur die Fakten dar und „Gott sei Dank“ gehe die Inflation zurück. Er verwies darauf, dass die Realeinkommen und die Kaufkraft gestiegen seien und Österreich bei Maßnahmen gegen die Teuerung bei der Treffsicherheit im besten Drittel der OECD-Mitgliedsstaaten. Man habe „nicht alles richtig, aber sicher auch nicht alles falsch gemacht“, fasste es der ÖVP-Finanzminister zusammen. Zur aktuellen Debatte um Vermögenssteuern meinte Brunner, dass Österreich bereits eine Vermögensbesteuerung gebe, aber eben der Ertrag, nicht der Bestand besteuert werde.

Viel zu gering, meinte der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer daraufhin und forderte einmal mehr, dass „die Superreichen in diesem Land endlichen ihren Beitrag leisten sollen“. Rund 300 Menschen besäßen hierzulande ein Drittel des vorhandenen Geldes. Das sei „vergleichbar mit Russland“, nicht aber mit westeuropäischen Staaten. Was die Kaufkraft angehe, so empfahl Krainer dem Finanzminister einen „Realitätscheck“ zu machen, da ein Drittel der Österreicher nicht mit dem Geld auskomme. „Wolf und Benko können sich mehr leisten als früher“, da die ÖVP als Interessensvertreterin von Konzernen agiere, höhnte Krainer.

„Minister verdient sich goldene Nase“
Die „Belastungspolitik gegenüber Arbeitnehmern und Pendlern“ kritisierte auch FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs. Durch die hohe Steuer- und Sozialversicherungsbelastung versage die Regierung bei der Standortpolitik, während sich der Finanzminister „eine goldene Nase“ verdiene.

Zur Verteidigung des ÖVP-Ministers rückte der grüne Finanzsprecher Jakob Schwarz aus. Er betonte, dass es trotz mehrerer Krisen gelungen sei, die Abgabenquote zu reduzieren: „Das soll mal jemand nachmachen.“ Gleichzeitig offenbarte Schwarz aber auch die Bruchlinien zwischen ÖVP und Grünen. Weil die Steuern auf Vermögen viel zu gering seien, forderte er, dass man „endlich“ eine Millionärssteuer einführen müsse.

ORF-Gesetz wird beschlossen
Bei der Sitzung am Mittwoch stehen mehrere Beschlüsse an, unter anderem wird mit dem neuen ORF-Gesetz das Aus der GIS-Gebühr besiegelt. Stattdessen kommt eine neue Abgabe, die zwar niedriger ist, aber von jedem Haushalt entrichten ist. Online werden dem ORF mit der Novelle mehr Möglichkeiten gegeben, dafür wird der Textanteil auf orf.at reduziert.

Einen weiteren Schritt setzt der Nationalrat gegen Raser, denen künftig im Extremfall auch ihr Auto enteignet werden darf. Bei mehr als 80 km/h (Ortsgebiet) bzw. 90 km/h (Freiland) an Geschwindigkeitsüberschreitungen soll unter bestimmten Umständen schon ein einmaliger Verstoß zum Verfall des Fahrzeugs führen können.

SPÖ beendet Blockade
Beendet wird die Zwei-Drittel-Blockade der SPÖ mit der Zustimmung der Sozialdemokraten unter anderem zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ELWOG), das Verbraucher unterstützen soll, das passende, günstigste Stromprodukt zu finden. Weitere Beschlüsse der Sitzung betreffen einen Anspruch auf Reha-Begleitung, mehr Mittel für Schutzunterkünfte für von Gewalt betroffene Personen sowie Energiekosten-Hilfen für neue Selbstständige und Non-Profit-Organisationen.

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