Digital-Fahrplan

Therapie-Chat könnte bald die Ambulanz ersetzen

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) möchte mit einer Digitralrevolution das Gesundheitssystem reformieren.

(Bild: bmsgpk)

Österreichs Gesundheitssystem hinkt in Sachen Digitalisierung im EU-Vergleich nur hinterher. Der zuständige Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) will das nun ändern - mit einer Digitalrevolution in der Gesundheit.

Es passiert selten, dass zwei Koalitionsmitglieder, noch dazu unterschiedlicher Couleur, davon reden, dass sie einen „gemeinsamen Traum“ haben. So geschehen in Helsinki. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Digital-Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) sind im hohen Norden, um die Digitalisierung im Gesundheitssystem zu studieren.

Pandemie hat Defizite aufgezeigt
Denn bei den Finnen spielt die Zukunft. Österreich war durch die frühe Einführung der E-Card zwar führend im EU-Raum, ist aber in den letzten Jahren zurückgefallen. Vor allem die Pandemie hat die Defizite aufgezeigt. Es dauerte bis im Mai 2022, bis das Covid-Datenregister endlich funktionierte. „Wir haben großen Aufholbedarf, sonst verpassen wir den Zug“, so Gesundheitsminister Rauch.

Sozialminister Johannes Rauch und Digital-Staatssekretär Florian Tursky schauten sich in Finnland die Zukunft des Gesundheitssystems an.

(Bild: Chris)

In Finnland kommuniziert man bereits via APP mit dem Hausarzt oder Spezialisten – da gibt es Chatfunktionen, wo erste Symptome gleich abgeklärt werden und ein Rezept ausgestellt wird. Damit erspart man sich den Weg zum Arzt oder in die Ambulanz. Im am dünnsten besiedelten EU-Land eine Notwendigkeit, weil der nächste Arzt oft eine Stunde Autofahrt entfernt ist. Auch die Terminvereinbarung funktioniert über diese App.

Daten, Daten, Daten
Aber auch die digitale Dokumentation in Spitälern und in Pflegeheimen würde viel Arbeitsaufwand sparen und mehr Zeit für die Patienten freischaufeln. „Eine Verbesserung der Datenlage bringt eine bessere Steuerung des Systems. Derzeit muss ich um die Daten betteln“, so Rauch. Von den 5,5 Millionen Finnen wollten nur 211 nicht, dass die Daten verwendet werden. Bei ELGA lag die Quote bei drei Prozent. „Jeder ist hier Chef seiner Daten. Das wird auch in Österreich so sein“, so Tursky.

Bis Ende des Jahres soll Digital-Fahrplan stehen
In Finnland dauert es fast fünf Jahre, das Gesundheitssystem zu digitalisieren. Eine gesetzliche Basis – also die Spielregeln – für den Gebrauch der Gesundheitsdaten muss erst neu geschaffen werden. Und es braucht eine genaue Codierung, wie die Daten erfasst werden. „Bis Ende des Jahres muss der Fahrplan für das Projekt stehen“, gibt Rauch als Ziel vor.

Aber wer soll am Ende die Allmacht über die Daten haben? Das Ministerium? Die Sozialversicherung? Was sagt die Ärztekammer zu diesem Paradigmenwechsel? Das Projekt klingt nach einem Kraftakt. „Man kann sich das Gesundheitsministerium bald schenken, wenn man nur die Verantwortung, aber keine Macht hat“, so Rauch. Er ist fest entschlossen, dieses Projekt gegen alle Widerstände umzusetzen.