Schwindel flog auf

Falscher Lehrer beichtet: „Will in Schule zurück“

Oberösterreich
10.05.2025 20:10

Christian Mayrhofer hat für Wirbel gesorgt: Er fälschte sein Diplom und war 14 Jahre lang Lehrer an einer Schule in Oberösterreich. Als der Schwindel aufflog, verlor er alles. In der „Krone“ bricht er jetzt sein Schweigen.

„Krone“: Herr Mayrhofer, Sie haben Ihr Abschlussdiplom gefälscht und vorgegeben, Lehrer zu sein. Warum?
Christian Mayrhofer: Ich bin da irgendwie hineingeschlittert. Es hat mit einer alten Liebe begonnen. Ich war in eine Lehrerin verliebt und habe ihr gegenüber so getan, als wäre ich Lehrer, genauso wie sie. Das war ich auch, zumindest in gewisser Weise. Ich habe Ausländern am BFI in Linz (Berufsförderungsinstitut, Anm.) Deutschunterricht gegeben.

Dafür braucht man kein Diplom von der Pädak. Um an einer Mittelschule zu unterrichten, sehr wohl. Wusste Ihre Freundin, dass Sie kein Diplom hatten?
Niemand wusste es. Es war mir unangenehm. Alle dachten, ich hätte meine Ausbildung abgeschlossen. Ich war ja an der Pädagogischen Hochschule in Linz inskribiert und wollte später Deutsch und Sport unterrichten. In Sport fehlte mir nur die Diplomprüfung und in Deutsch eine Blockveranstaltung sowie die Diplomprüfung. Es gab aber ein Missverständnis bei der Anrechnung der Blockveranstaltung. Ich hätte noch ein Semester anhängen müssen. Das hat mich dermaßen verärgert, dass ich alles hingeschmissen habe. Das war ein Riesenfehler. Damals ging ich für fünf Jahre ins Ausland, arbeitete im Tourismus und hatte danach einige Gelegenheitsjobs.

Der Oberösterreicher im Kreise seiner Schüler in der Klasse, wohin er gerne zurück würde
Der Oberösterreicher im Kreise seiner Schüler in der Klasse, wohin er gerne zurück würde(Bild: Silvia Jelincic)

Bis Sie schließlich Mittelschullehrer wurden.
Die Volksschule, in der meine damalige Freundin unterrichtete, war im selben Gebäude wie die Mittelschule, in der ich später unterrichten sollte. Sie hat mich einmal dorthin mitgenommen und ihren Kollegen vorgestellt. Ich war überrascht, so rasch ein Jobangebot zu bekommen. Ich zögerte anfangs, schließlich bin ich aber doch zu ihr nach Wien gezogen und habe den Job in der MS angenommen. Ich hatte lange ein schlechtes Gewissen, aber bereut habe ich es nicht. Ich bin mit Leib und Seele Lehrer.

Wie flog der Schwindel auf?
Ich hatte meine Geldbörse am Dach meines Auto gelassen. Beim Fahren fiel sie hinunter und der Finder brachte sie zur Polizei. Die Polizei hat Nachforschungen zu meiner Person eingeleitet und dabei herausgefunden, dass mein Diplom gefälscht war.

Die Nachforschungen gab es nur, weil Sie einen gefälschten Polizeiausweis in der Geldbörse hatten.
Das war kein echter Ausweis. Er war viele Jahre alt, Freunde und ich hatten ihn einmal an Fasching gebastelt. Man hat sofort anhand des Klebstoffs gesehen, dass es ein Spaßartikel ist. Aber die Polizei fand das nicht so lustig und hat Untersuchungen eingeleitet.

In der „Krone“ sorgte er für Schlagzeilen. Jetzt schrieb Mayrhofer die Erlebnisse in einem Buch auf: „Der falsche Lehrer.“
In der „Krone“ sorgte er für Schlagzeilen. Jetzt schrieb Mayrhofer die Erlebnisse in einem Buch auf: „Der falsche Lehrer.“ (Bild: Krone KREATIV/zVg)

Wie war es für Sie, aufzufliegen?
Schrecklich. Eine Katastrophe. Wie einen Mörder haben mich die Leute angesehen. Das fing schon in der Früh an, als ich meine Tochter in den Kindergarten gebracht habe. Leute, die mich normalerweise zwei Sekunden ansehen und schnell mal grüßen, haben mich angestarrt. Das Gassigehen mit dem Hund war eine Qual. Ich habe mich unter meiner Kapuze versteckt oder mit gesenktem Kopf Kapperl getragen. Meistens ging ich nur nachts aus dem Haus oder frühmorgens.

Haben Ihnen Freunde und Familie „verziehen“?
Ich war berührt, wie alle zu mir gestanden haben. Bis Mitte März wusste wirklich keiner, dass mein Diplom erschwindelt war. Nicht einmal meine Mutter. Sie waren alle für mich da und haben mir Mut gemacht. Sie wussten, dass ich durch die Hölle ging. Auch Schüler und Eltern haben mir geschrieben und gehofft, ich würde zurückkommen. Einige Kollegen haben sogar Unterschriften gesammelt und auch die Direktorin hielt zu mir, aber ich musste dennoch gehen.

Wie geht es jetzt weiter? Machen Sie das Diplom nach?
Das ist schwer zu sagen. Ich müsste vermutlich die ganze Ausbildung von vorne angehen. Ich will jedenfalls wieder Lehrer sein und meine Klasse zurück. Ich war Vorstand einer dritten. Daher werde ich mich erneut an der Mittelschule in Steyr in Oberösterreich bewerben, wo ich noch bis kurz vor Weihnachten unterrichtet habe. Meine Klasse wartet auf mich. Ich habe mich immer für meine Schüler eingesetzt, und ich weiß, dass ich ein echt guter Lehrer bin. Vielleicht besser als einer mit Diplom. Was meine Schüler und ich erreicht haben, ist stark.

Wie zum Beispiel?
Wir waren zu meiner Zeit an einer MS in Wien zweimal im Fußball-Schülerliga-Finale, im Tischtennis wurden wir im Bundesfinale fünfter. Beim großen Fußball-„Krone“-Hallencup waren wir im Finale. Ich konnte meine Schüler zu Spitzenleistungen motivieren. Ich habe ihnen gezeigt, warum Sport so wichtig ist, damit man gesund bleibt. Und in Deutsch habe ich sie gelehrt, warum sie am Ball bleiben und viel lesen sollen. Ich hoffe, ich kann wieder zurück.

Porträt von Silvia Jelincic
Silvia Jelincic
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