Doppel-Mama erstochen

Lebenslang für einen „Meister der Manipulation“

Salzburg
12.01.2023 16:43

Einstimmig entschieden die Geschworenen am Donnerstag über das Schicksal von Christian L. Demnach ist der 42-Jährige des Mordes an seiner 30-jährigen Ehefrau Sabrina L. schuldig. Die zweifache Mama verblutete im Mai 2022 in der Wirtshaus-Küche des Täters im Salzburger Piesendorf (Pinzgau), nachdem L. sie würgte und ihr dreimal mit einem spitzen Fleischermesser in die linke Brust stach. Der Gastronom bedauerte im Prozess aber vor allem eine Person: sich selbst. Neben lebenslanger Haft blüht Christian L. die Einweisung in eine Anstalt.

Als „emotional instabil“ und „narzisstisch“ beschrieb Gerichtspsychiaterin Gabriele Wörgötter den Pinzgauer Gastronomen, der am Mittwoch und Donnerstag vor dem Salzburger Schwurgericht Platz nahm. Sie änderte überraschend ihre ursprüngliche Einschätzung, attestierte eine Persönlichkeitsstörung und hohe Gefährlichkeit. Der Angeklagte sei zurechnungsfähig und gehöre in eine Anstalt.

„Er stellt sein Empfinden über das von anderen“
Die Expertin änderte ihre schriftliche Einschätzung nach rund acht Stunden Verhandlung mündlich - vor allem aufgrund des Bekanntwerdens von drohenden, beleidigenden Chats und des Verhaltens des Angeklagten in der Verhandlung. „Er stellt sich und sein eigenes Empfinden über das von anderen“, erklärte die Psychiaterin. Verteidiger Franz Essl forderte die Einholung eines anderen Gutachtens, das Gericht lehnte ab und schloss sich den Ausführungen der renommierten Expertin an. 

Selbstmitleidiger, fast weinerlicher Auftritt vor Gericht
Fast weinerlich berichtete Christian L. am ersten Prozesstag rund sechs Stunden lang von seiner misslungenen Beziehung, seinem anstrengenden Leben und seiner schwierigen psychischen Situation. Eine bizarre Szene, bedenkt man, warum der Gastronom vor Gericht stand. Laut Gutachter wurde das Opfer am 13. Mai 2022 zunächst gewürgt - so heftig, dass der Schildknorpel brach. Danach stach Christian L. dreimal mit einem spitzen Fleischmesser zu, durchbohrte sogar den Brustkorb. Sabrina L. verblutete in der Gasthaus-Küche. Der Leichnam wurde kurz darauf von der Mutter des mutmaßlichen Mörders gefunden. Er hatte sie telefonisch über einen Streit informiert.

Die Tat gestand Christian L. nach rund 24 Stunden Flucht. Er sprach von einem Blackout und davon, dass er nicht morden wollte. Es sei ein „Ausnahmezustand“ gewesen, ausgelöst durch Demütigungen und Seitensprünge durch das Opfer. Den Messerstichen sei ein Handgemenge vorangegangen - ausgelöst durch einen Streit wegen des Beziehungsendes und einer angedachten Betriebsübernahme durch Sabrina L.

Nahm Opfer in den Schwitzkasten
Das spätere Opfer sei schreiend und boxend auf ihn zugekommen und habe ihn später sogar gewürgt. Er habe sie dann in den Schwitzkasten genommen und gewürgt. Was danach passiert ist, wisse er nicht mehr. Die nächste Erinnerung sei, wie er seine Hände und die Tatwaffe in der Spüle säuberte.

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Es war eine furchtbare Verkettung von schicksalhaften Ereignissen. Es tut mir leid, was ich der Familie angetan habe und vor allem meinen Kindern […] Man überlegt lange, was man an dieser Stelle hier sagt. Aber wenn es so weit ist, dann fehlen einem die Worte.

Der Angeklagte bei seinen Schlussworten

„Der Angeklagte ist ein Meister der Manipulation“
Staatsanwältin Katharina Nocker nannte den Angeklagten einen „Meister der Manipulation“. Er sei wehleidig und emotional instabil. Es seien beeindruckende Stunden gewesen, in denen man einen guten Eindruck vom Angeklagten gewonnen habe. „Er hat sehr souverän, ja sogar von sich selbst überzeugt gewirkt“, attestierte die Juristin. Sie ortet eine geplante Tat und fragte: „Warum hätte Herr L. sonst einen Reisepass in der Hosentasche haben sollen?“ Der Angeklagte habe auch vor der Tat Aggressivität und Kontrollverhalten an den Tag gelegt. Die Anklägerin beantragte neben einer Verurteilung wegen Mordes auch die, von der Psychiaterin empfohlene, Anstalts-Einweisung.

Auf eine geplante Tat weisen einige Indizien hin. So wurde in der Sockenschublade ein baugleiches Messer zu jenem gefunden, das bei der Tat in der Küche zum Einsatz kam. Außerdem wurde im Auto von Christian L. eine Tasche mit Hygieneartikeln und Reservewäsche gefunden. Zudem verlegte er am selben Tag eine Blumenlieferung auf einen Termin am Vormittag und sagte dem Zimmermädchen, dass es zu Hause bleiben könne.

280.000 Euro für Familie gefordert
Opfervertreter Stefan Rieder forderte insgesamt 280.000 Euro für die Hinterbliebenen. Rieder ging auch auf die hohe Zahl an Frauenmorden in Österreich ein und sagte, dass von Totschlag keine Rede sein könne. Er forderte eine Verurteilung wegen Mordes. Verteidiger Essl winkte ab, betonte, die Summe sei zu hoch und erkannte daher nur 100.000 Euro an Trauerschmerzensgeld an.

„Er hat in einem Affektsturm gehandelt“
Rechtsanwalt Essl drang mit seiner Forderung nach einer Verurteilung wegen Totschlags nicht durch. Sein Mandant habe im Affekt gehandelt, sei unbescholten und habe sich freiwillig gestellt. Er ersuchte das Gericht, beim Urteil darauf Bedacht zu nehmen und sparte nicht mit Kritik am Gutachten der Sachverständigen.

Außerdem warf Essl dem Opfer ständige Seitensprünge und Demütigungen vor, was in Kombination mit beruflichem Druck und gesundheitlich-psychischen Problemen des Angeklagten zum besagten Affektsturm geführt habe. Es gebe kein „Schwarz oder Weiß“, man müsse „den Menschen menschlich sehen“.

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Man überlegt lange, was man sagt, wenn man an diesem Platz sitzt. Aber wenn es so weit ist, dann fehlen einem die Worte.

Der Angeklagte bei seinen Schlussworten

Einstimmiger Schuldspruch wegen Mordes
Das Geschworenengericht sprach Christian L. einstimmig des Mordes schuldig. Er soll nun eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen und außerdem in einer Anstalt für geistig abnorme, zurechnungsfähige Rechtsbrecher therapiert werden. Insgesamt soll er 200.000 Euro an die Hinterbliebenen bezahlen. Verteidiger Essl meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Zusätzlich wurde L. auch wegen schwerer Körperverletzung, Stalking und gefährlicher Drohung verurteilt. Diese Delikte hatte Sabrina L. nur wenige Monate vor ihrem Tod angezeigt.

Es bestand sogar ein Annäherungsverbot. Einen entsprechenden Antrag auf eine einstweilige Verfügung zog Sabrina L. aber - nur einen Tag vor ihrem Tod - zurück. Opfervertreter Rieder fasste treffend zusammen: „Sie hat geglaubt, sie hat es überstanden. Aber sie hat sich geirrt.“

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