Schneider-Serie

„Es muss wieder mehr menscheln“

Vorarlberg
13.11.2022 07:55

In seiner Reihe „Hier war ich glücklich“ begleitet Robert Schneider Vorarlberger an die Lieblingsplätze ihrer Kindheit. In Satteins hat er den Produzenten Little Konzett getroffen.

Little Konzett führt eins der angesagtesten Aufnahmestudios in unseren Breiten. Jazz-, Pop-, Soul- und Funk-Größen aus der ganzen Welt gehen bei ihm ein und aus. Mit seinen Studio-Live-Sessions ist er gerade dabei, ein Stück Musikgeschichte zu schreiben. Vor einigen Wochen hat er in seinen Recording- und Mixstudios in Eschen (LIE) mit den Fantastischen Vier das neue Album aufgenommen. Dabei ist er eigentlich ein ganz einfacher Bauernbub aus Satteins, und alles, worauf er jetzt zurückblickt, hat er sich selbst beigebracht, „mit einer besinnungslosen Liebe zur Musik“, wie er mir sagt. „Nur dann ist man auch wirklich gut. Alles Andere kommt irgendwann von selbst.“

Little Konzett und Robert Schneider beim Baggersee in Satteins. Seinen ungewöhnlichen Rufnamen verdankt der Musikproduzent der Figur des Little Joe aus der Serie „Bonanza“. (Bild: mathis.studio)
Little Konzett und Robert Schneider beim Baggersee in Satteins. Seinen ungewöhnlichen Rufnamen verdankt der Musikproduzent der Figur des Little Joe aus der Serie „Bonanza“.

Ich treffe Little Konzett an seinem Kindheitsplatz, dem Baggerloch in Satteins, direkt an der A14. Ich habe großes Glück. Der Meister ist in blendender Erzähllaune. Die Geschichten sprudeln nur so aus ihm heraus. „Vor der Eröffnung dieses Teilstücks der Walgauautobahn sind wir Buben noch unerlaubterweise mit dem Fahrrad rauf- und runtergefahren, und dort beim Fußballplatz habe ich meine ersten, funkelnagelneuen Fußballschuhe verloren. Ich wusste nicht, wie ich es der Mama beichten sollte.“

Robert Schneider: Steht in Deinem Reisepass auch Little Konzett?
Little Konzett: Ich weiß es gar nicht (lacht). Eigentlich mag ich meinen bürgerlichen Vornamen überhaupt nicht. Ich war das jüngste von sechs Geschwistern. Schon meine Schwester hat mich Little gerufen, nach Little Joe aus der Fernsehserie Bonanza. Mich nervte das fürchterlich. Irgendwie sprach es sich auch auf dem Pausenhof herum. Als ich mit dreizehn meine erste Band gründete, konnte man schon „Hands and Feets by Little Konzett“ lesen. Habe also nachgegeben. Resigniert, wenn du so willst.

Schneider: Dieser kleine Baggersee war also Dein Lieblingsplatz?
Little Konzett: Hier habe ich meine ersten musikalischen Vorbilder kennengelernt. Siegfried Burtscher von „Mortician“, einer Metal-Band, die damals recht bekannt war. Hier wurde beschlossen, wer aufs Konzert durfte und wer nicht. Er und sein Bruder haben sich tragischerweise das Leben genommen.

Schneider: Warum?
Little Konzett: Weiß nicht. Nach außen hin Clowns, aber tief drin ganz zerbrechlich. Mir hat das damals wahnsinnig zu schaffen gemacht.

Schneider: Die Sommer der Jugendzeit. Wie war das hier? Jeder kannte jeden...
Little Konzett: ...und schaute natürlich argwöhnisch, mit wem die hübsche Kleine auf der roten Zündapp ankam oder heimfuhr. Man lag Handtuch an Handtuch. Natürlich gab es Grüppchenbildungen. Da hinten bei dem kleinen Inselsporn lagen Holger und Siegi. Als der eine dem anderen sein Mädchen ausspannte, musste der vorübergehend die Insel verlassen.

Die Fantastischen Vier haben ihr neues Album bei Little Konzett aufgenommen. (Bild: ftrost)
Die Fantastischen Vier haben ihr neues Album bei Little Konzett aufgenommen.

Schneider: Diese Plätze waren tabu?
Little Konzett: Ja, klar. Es war eine Ehre, wenn man beim Siegi sitzen durfte. Hier habe ich viel getankt im Sinn von Inspiration. Das war die Rock-Metal-Zeit. Wir trugen selbstgebastelte Nietenbänder. Den Siegi musst du dir als eine Mischung aus Alice Cooper und Ozzy Osbourne vorstellen. Wollsocken im Sommer und das Nachthemd der Großmutter, kombiniert mit Lederkluft. Mein Vater sagte nur „So ein Halblustiger!“ Bis ausgerechnet meine Schwester mit dem Siegi ging...

Schneider: Du hast Schlagzeug gelernt.
Little Konzett: Eigentlich wollte ich Gitarrist werden und sparte auf einen Verstärker, aber der war zu leise. Ich dachte, wenn ich eine Handvoll ausgedienter Fernsehlautsprecher in Serie zusammenstecke, müsste das Ding lauter werden. Als ich das Kabel am Amp anschloss, machte es nur Zzzsscht! Und wieder schämte ich mich, es der Mutter zu beichten. Gleichzeitig werkelte ich am Schlagzeug meines Bruders herum, bis der eines Tages sagte: „Fuck! Du spielst ja besser als ich.“ Durch einen reinen Zufall merkte ich erst, dass mir das Schlagzeug viel näher ist als die Gitarre.

Schneider: Wo hast Du geübt?
Little Konzett: Auf dem Dachboden, direkt über dem Schlafzimmer von Papa und Mama. Die müssen Sägemehl im Bett gehabt haben, wenn ich auf mein Doublebass hämmerte. Meine Eltern sagten nur: „Schon recht. Wenn wir ihn spielen hören, stellt er nichts an.“

Schneider: Sollte der Bub nicht etwas „Khörigs“ lernen?
Little Konzett: Ich habe eine Lehre als Steinmetz absolviert und noch etliche Jahre danach an der CNC-Fräse gearbeitet. An den Wochenenden bin ich mit meiner Band auf Tour gegangen.

Schneider: Ein Wendepunkt war die Bekanntschaft mit Marcus Nigsch, damals noch „Marque“...
Little Konzett: Es war in Rankweil, im Alten Kino. Dort hörte ich ihn mit seiner Band zum ersten Mal. Ich bin abgeschnallt und dachte, den muss ich unbedingt kennenlernen.

Schneider: Du wurdest dann sein Studioschlagzeuger.
Little Konzett: Ja, das war eine tolle Zeit. Ist aber auch schon zwanzig Jahre her.

Schneider: Wie kam es zu der Entscheidung, Produzent zu werden und nicht mehr so sehr Musiker in einer Band?
Little Konzett: Ich habe festgestellt, dass es extrem Spaß macht, verschiedene Bands mit ihrem bereits fertigen Material noch einmal auf ein höheres Level zu heben. Darin habe ich meinen wirklichen Sinn entdeckt. Ich bin eine Art Audiofotograf. Es ist wie Korrekturlesen. Dem Ganzen den letzten Schliff geben.

Schneider: Du bist jetzt Inhaber eines Studios von Weltformat. Stimmt es, dass die Fanta 4 ihr neues Album ursprünglich in den legendären Abbey Road Studios (Beatles) aufnehmen wollten?
Little Konzett: Stimmt. Was aber auch stimmt, ist, dass wir einander schon über zwanzig Jahre kennen und oft beruflich miteinander zu tun hatten. Den Ausschlag gaben meine Studio-Live-Sessions, die ich seit zehn Jahren mache.

Zitat Icon

Ich habe festgestellt, dass es extrem Spaß macht, verschiedene Bands mit ihrem bereits fertigen Material noch einmal auf ein höheres Level zu heben.

Little Konzett

Schneider: Was genau sind dieses „Little Big Beat Sessions“?
Little Konzett: Es ist das ursprünglichste Musizieren. Ein paar Musiker kommen ins Studio und spielen vor Publikum. Ich drücke auf „Record“. Mag sein, dass man sich da oder dort verspielt. Aber die Aufnahmen haben Kraft. Sie werden spannender. Und genau diesen Moment fange ich mit gutem Equipment ein. So menschelt die Musik wieder. That’s it.

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