Universal-Wirkstoff

Hilft ein Bananenprotein künftig gegen Corona?

Wissenschaft
03.11.2022 15:56

Mit einem ursprünglich aus Bananen stammenden, abgewandelten Protein könnte man künftig eine Art Universal-Wirkstoff gegen Coronaviren, wie den Erreger SARS-CoV-2 in der Hand haben. Ein H84T-BanLec getauftes Protein hat die Fähigkeit, sich an spezielle Strukturen anzuheften, die etwa auch bei Grippeviren häufig vorkommen, nicht aber bei gesunden Körperzellen. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung präsentierte erst kürzlich vielversprechende Daten aus Tiermodellen.

Coronaviren tragen auf ihrer Oberfläche komplexe Kohlenhydrat-Verbindungen - sogenannte mannosereiche Glykane. Das ist auch beim sogenannten Spike-Protein des Covid-Erregers SARS-CoV-2 der Fall. Lektine sind Proteine, die mit Vorliebe an Kohlenhydraten anbinden. Ein Team um Forscher aus den USA, Hongkong (China), dem u.a. auch Yoo Jin Oh und Peter Hinterdorfer vom Institut für Biophysik der Universität Linz angehörten, nahm nun das Lektin H84T-BanLec unter die Lupe.

Protein von Forschern gezielt verändert
H84T-BanLec stammt aus Bananen und wurde für die Zwecke der Forscher gezielt verändert. Einer der Gründe, warum solche Verbindungen bisher kaum therapeutisch eingesetzt werden, ist, dass sie das Immunsystem des Körpers auf ungünstige Weise stimulieren können: Indem sie die T-Zellen in eine ungerichtete Alarmbereitschaft versetzen, was eine überschießende Antwort des Abwehrsystems und damit unerwünschte Entzündungen hervorrufen kann, wie die Forscher gegenüber der APA erklärten. Das schlossen sie nun durch punktgenaues molekulares Anpassen der Verbindung aus.

Damit sollten vor allem die erwünschte Eigenschaft zum Tragen kommen - nämlich, dass die modifizierten Lektine sich vornehmlich an den Glykanen auf der Virus-Oberfläche anlagern. Sie verkleben diese sozusagen, und verhindern damit, dass zum Beispiel SARS-CoV-2 mit seinem Spike-Protein an den menschlichen Zellen andockt und in der Folge in sie eindringt.

Verabreichung gegen Covid mittels Nasensprays
Die Linzer Forscher verfolgten diesen Vorgang mittels detaillierter Analysen mit hochauflösenden Rasterkraftmikroskopen. So konnten einerseits die Stellen auf dem Spike-Protein identifiziert werden, wo H84T-BanLec andockt, andererseits konnte man zeigen, dass diese Verbindungen sehr stark und vielfältig sind. Gegen Covid-19 könnte dieses Lektin „mithilfe eines Nasensprays verabreicht werden“, so Peter Hinterdorfer.

Das mache es dem Erreger SARS-CoV-2 entsprechend schwierig, sich etwa durch Mutationen vor dem Anlagern der Lektine zu schützen. Es würde dementsprechend zahlreicher Veränderungen des Spike-Proteins brauchen, damit H84T-BanLec seine Funktion nicht mehr erfüllt. Das sei aber „unwahrscheinlich“, so die Linzer Forscher. Sogar als das Team versucht hat, gezielt resistente Viren zu erzeugen, gelang es ihnen nicht, eine Variante herzustellen, die davor geschützt war.

Protein kann sich an viele Erreger anheften
Gerade diese umfassende Anwendbarkeit stimmt das Forscherteam positiv. Denn H84T-BanLec kann sich an alle Erreger anheften, die mannosereiche Glykane ausbilden. So zeigten die Forscher, dass das Lektin auch gegen weitere saisonale und epidemische Coronaviren, wie etwa SARS oder MERS, sowie gegen Influenzaviren ins Feld geführt werden kann. Ebenso andocken kann es an Hepatitis-C-, HIV-, Ebola- und Herpesviren. Damit sei es „eine hervorragende Möglichkeit für den Einsatz bei künftigen saisonalen Epidemien und globalen Pandemien“, so das Team.

Momentan suche man nach Finanzierungsmöglichkeiten, um die Verbindung in der benötigten klinischen Qualität herzustellen. In weiterer Folge will man den Wirkstoff in klinischen Tests über die Nase über einen Spray oder Tropfen verabreichen und zur Behandlung und Vorbeugung gegen diverse Erkrankungen einsetzen. Untersuchen wollen die Forscher auch, ob der Ansatz zur Bekämpfung von Krebszellen vielversprechend ist, da auch sie solche Glykane auf ihren Oberflächen tragen.

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